Vom Ego zum Selbst: Grundlinien eines spirituellen Menschenbildes
aufzuspüren sind. Wenn es nämlich wahr sein soll, dass wirkliche Erkenntnis nur durch Beobachtung zugänglich wird, wie kann dieser Satz einer Beobachtung zugeführt werden?
Gödel (vgl. Hofstadter, 1985) hat darüber hinaus aufgezeigt, dass wissenschaftliche Theorien schon ihrem Wesen nach begrenzt sind, denn man kann beispielsweise auch in der Mathematik nicht alle Aussagen formal beweisen oder widerlegen. Sein berühmter Unvollständigkeitssatz besagt, dass jedes große formale System entweder widersprüchlich oder unvollständig ist. Wenn wir wieder zur Erläuterung des naturwissenschaftlichen Denkens zurückkehren, dann können Theorien ihre Gültigkeit nur dann nachweisen, wenn sich aus ihren Basissätzen Beobachtungsdaten ableiten lassen.
Wenn dabei das Spektrum der Sinnesorgane nicht mehr ausreicht, müssen empfindliche Geräte dazwischengeschaltet und die Ergebnisse am Computer dargestellt werden. So können Lichtjahre entfernte Sternensysteme ausfindig gemacht und Blicke in die Mikrostruktur der Elementarteilchen geworfen werden. Wenn man an die europäische Organisation für Kernforschung (CERN) in der Schweiz denkt, dann wird schnell klar, dass ein immenser Aufwand an Technik und Rechenleistung erforderlich ist, um mit Hilfe eines kilometerlangen Teilchenbeschleunigers tief in die Struktur der Materie einzudringen und sie durch unzählige Rechenoperationen sichtbar zu machen. Aufgrund des Aufwandes ist das Großforschungsprojekt ein international finanziertes Projekt, an dem sich mindestens zwanzig führende Nationen beteiligen. Natürlich soll hier nicht unerwähnt bleiben, dass diese Forschungen für die Menschheit in vielerlei Hinsicht nutzbringend sind und den technischen Fortschritt beschleunigt haben.
Theorien müssen also immer, neben ihrer Widerspruchsfreiheit, einer empirischen Überprüfung standhalten. Dabei sollte jeder Forscher, an jedem Ort der Welt, bei gleichen Bedingungen zu gleichen Ergebnissen kommen können. Experimente müssen wiederholbar und prognostizierbar sein. Hat man sich, so die implizite Annahme, einmal der objektiven Wahrheit angenähert, sei sie bei gleichen Laborbedingungen jederzeit wieder herstellbar. Das bedeutet auch, dass man den Erkenntnisgegenstand aus seinem Kontext herauslösen und isolieren muss, um die Daten nicht durch persönliche Einflüsse zu verfälschen. Doch schon die Mikrophysik hat die nicht kontrollierbare Interaktion zwischen Beobachter und Messergebnis erkannt und der künstlichen Trennung von Erkenntnissubjekt und Erkenntnisgegenstand eine Absage erteilt, da sie die natürliche Verbundenheit des Menschen mit der Welt nicht ausreichend berücksichtige. Gleichzeitig nimmt man stillschweigend an, dass es ein objektives Universum außerhalb des Geistes gebe, was erforschbar und erkennbar sei, und zwar ebenfalls nur mit rein materiellen Mitteln.
So wird die Materie zum Grundbaustein des Lebendigen, was in letzter Konsequenz nur heißen kann, dass sich alles Geistige auf materielle Ursachen zurückführen lässt. Unser derzeitiger Wissensstand rechtfertigt wohl kaum eine solch weitreichende Schlussfolgerung. Vielleicht ist diese Haltung einem Bedürfnis nach Kontrolle geschuldet, denn kleinste Stoffe können leichter manipuliert, funktionalisiert und umgestaltet werden. Es ist ja noch zu verstehen, wenn in den Naturwissenschaften diese Denkweise vertreten wird, doch je mehr man das Rätsel Mensch entschlüsseln möchte, umso problematischer wird es, wenn man sich nur darauf stützt. Die einseitige Betonung experimenteller Zugänge in den Humanwissenschaften muss zwangsläufig Fragen wie etwa nach dem Sinn von Krankheiten oder dem Weiterleben nach dem Tode ausklammern. Die Gefahr dabei ist, dass man die Lebenswelt aus den Augen verliert, obwohl man sie eigentlich erforschen möchte.
Probleme des Erkennens in der Psychologie
Gerade in der Problemgeschichte der Psychologie ist man sich immer wieder darüber uneinig, ob sie nun im Bereich der Naturwissenschaft oder der Geisteswissenschaft anzusiedeln sei. Die jeweilige Entscheidung führt zu weitreichenden Konsequenzen, ob nämlich eher ein zergliedernd-reduktionistisches oder ein subjektiv-beschreibendes Vorgehen propagiert wird. Für die naturwissenschaftlichen Vertreter galt deshalb die beschreibende Psychologie als wissenschaftlich wenig vertrauenswürdig. Empfinden, Fühlen und Innerlichkeit wurden operationalisiert, in Beobachtungsbegriffe übersetzt und auf ihre physiologischen Bedingungen
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