Vom Ende einer Geschichte
erzählt haben.
Lieber Adrian – vielmehr lieber Adrian und liebe Veronica (sei gegrüßt, du Miststück, du darfst diesen Brief auch gerne lesen),
Na, ihr zwei habt euch gesucht und gefunden, und ich wünsch euch viel Spaß. Ich hoffe, ihr lasst euch so aufeinander ein, dass es beiderseits zu bleibenden Schäden führt. Ich hoffe, ihr werdet es noch mal bereuen, dass ich euch je bekannt gemacht hab. Und ich hoffe, wenn ihr euch verkracht, was zwangsläufig passieren wird – ich geb euch ein halbes Jahr, das durch euren gemeinsamen Stolz zu einem ganzen werden könnte, umso besser, dann seid ihr total am Arsch, sag ich – dann seid ihr verbittert fürs ganze Leben, und das vergällt euch alle späteren Beziehungen. Ich hoffe so halbwegs, ihr kriegt ein Kind, ich halte sehr viel von der Rache der Zeit, möge sie die Missetaten der Väter heimsuchen bis ins dritte und vierte Glied. Siehe große Kunst. Aber die Rache muss die Richtigen treffen, d. h. euch zwei (und ihr seid keine große Kunst, ihr seid nur ein müßiges Gekritzel, eine Karikatur). Also wünsch ich euch das nicht. Es wär nicht gerecht, das einem unschuldigen Fötus aufzubürden, dass er eines schönen Tages entdecken muss, dass er die Frucht eurer Lenden ist, wenn ihr mir den poetischen Ausdruck verzeiht. Also stülp nur weiter Gummis über seinen spiddeligen Schwanz, Veronica. Oder hast du es womöglich noch nicht so weit kommen lassen?
Tja, genug der Nettigkeiten. Ich hab nur ein paar klare Worte für jeden von euch.
Adrian: Dass sie eine Schwanztrieze ist, weißt du natürlich schon – aber vermutlich redest du dir ein, sie kämpfe mit ihren Prinzipien, und du als Philosoph wolltest deine grauen Zellen anstrengen und ihr helfen, diese Prinzipien niederzuringen. Wenn sie dir noch nicht gestattet hat, aufs Ganze zu gehen, dann mach einfach Schluss mit ihr, und schon kommt sie mit feuchtemHöschen und einer Packung Gummis angerannt und schmeißt sich dir an den Hals. Aber Schwanztriezen ist auch eine Metapher: Sie will dein innerstes Wesen manipulieren und dir zugleich ihr eigenes vorenthalten. Eine exakte Diagnose überlass ich den Irrenärzten – und die mag von Tag zu Tag anders ausfallen – und erwähne hier nur ihre Unfähigkeit, sich in die Empfindungen und das Gefühlsleben anderer Leute hineinzuversetzen. Selbst ihre eigene Mutter hat mich vor ihr gewarnt. An deiner Stelle würde ich mich mal bei Mama erkundigen – frag sie nach einem vor langer Zeit erlittenen Schaden. Das muss natürlich hinter Veronicas Rücken geschehen, das Mädchen ist ja so was von einem Kontrollfreak. Ach, und ein Snob ist sie auch, wie du sicherlich weißt, und hat sich nur mit dir eingelassen, weil du dich bald mit einem Titel der Universität Cambridge schmücken kannst. Weißt du noch, wie tief du Bruder Jack und seine vornehmen Freunde verachtet hast? In solchen Kreisen willst du dich jetzt bewegen? Aber vergiss nicht: Lass ihr nur etwas Zeit, dann schaut sie genauso auf dich herab wie auf mich.
Veronica: interessant, dieser gemeinsame Brief. Deine Gehässigkeit gepaart mit seinem tugendhaften Getue. Wie schön da ein Talent zum andern passt. Dein gesellschaftlicher Dünkel gegen seinen intellektuellen Dünkel. Aber glaub ja nicht, du könntest Adrian so an der Nase rumführen, wie du (eine Zeit lang) mich an der Nase rumgeführt hast. Ich hab deine Taktik durchschaut – den anderen isolieren, seinen alten Freunden entfremden, von dir abhängig machen etc. pp. Auf kurze Sicht mag das klappen. Aber auf lange Sicht? Fragt sich nur, ob du schwanger werden kannst, bevor er merkt, wie stinklangweilig du bist. Und selbst wenn du die Falle zuschnappen lässt, kannst du dich bis ans Ende deiner Tage auf Korrekturen an deiner Logik freuen, auf Pedanterie am Frühstückstisch und unterdrücktes Gähnen über deine Allüren. Ich kann dir im Moment nichts anhaben, aber die Zeit schon. Die Zeit wird es weisen. Das macht sie immer.
Mit den besten Wünschen zum Fest, und möge der saure Regen auf eure vereinten gesalbten Häupter fallen.
Tony
Whisky trägt, wie ich finde, zur gedanklichen Klarheit bei. Und zur Linderung der Schmerzen. Zusätzlich hat er den Vorteil, dass er betrunken macht oder, in ausreichenden Mengen genossen, sturzbetrunken. Ich las diesen Brief noch mehrere Male. Meine Verfasserschaft und seine Hässlichkeit konnte ich kaum bestreiten. Ich konnte nur geltend machen, dass ich damals, aber eben nicht heute, der Verfasser war. Ja, ich erkannte
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