Vom Finden der Liebe und anderen Dingen (German Edition)
alles bloß, weil ich das College nicht aufgeben und meine ganze Familie verlassen wollte, um mit ihm um die Welt zu segeln.« Julia war ein bisschen rot geworden. Sie hatte alle Eiswürfel aus ihrem Wasser geholt und nahm sich nun meine vor. »Als er mir das erste Mal von seiner Idee erzählte, dachte ich, er macht Witze. Aber er ließ nicht locker. Und letzte Woche sagte er mir dann, jetzt oder nie. Ich fand das echt unfair. Er tat so, als wollte ich ihn verlassen. Aber das Ultimatum war seine Idee, nicht meine. Er ist doch mitten in der Nacht weggefahren. Ich habe keine Ahnung, warum er dir gesagt hat, es sei meine Entscheidung gewesen.«
Als die Bedienung endlich mit unserem Essen kam, stürzte ich mich sofort auf meinen Cheeseburger. Nach ein paar Bissen wurde mir bewusst, dass Julia bloß dasaß und mir zusah.
»Er hat nie erwähnt, wie gut du zuhören kannst«, sagte sie. »Es kommt mir vor, als hätte nur ich die ganze Zeit gelabert.«
»Und was hat er erwähnt?«
»Er hat gesagt, du wärst ihm der Liebste. Und er hat gesagt, du würdest dich nie verändern.«
»Was noch?«
»Ehrlich gesagt, hat er nie groß über seine Familie geredet. Ich weiß, dass er mit Marcus nicht auskommt, aber er wollte nicht darüber sprechen. Erzähl du mir also was.«
»Was denn?«
»Keine Ahnung. Erzähl mir ein Geheimnis von dir. Etwas, was die meisten Leute nicht kennen.«
Ich überlegte eine Weile. »Keine Ahnung, ob das ein Geheimnis ist. Aber klar ist, dass ich es eher nicht erzähle.«
»Leg los. Klingt interessant.«
»Ich kann immer nur Pizza und Cheeseburger essen.«
»Sonst nichts?«
»Und ein paar Nachtische. Bonbons, Kekse, so Sachen.«
»Aber warum denn?«
»Als Kind habe ich es eine Weile versucht. Am Anfang war es eher ein Spiel, doch dann bin ich irgendwie dabei hängen geblieben. Mein Bruder Marcus wollte mich hypnotisieren lassen, damit es weggeht, aber es hat nicht funktioniert. Warum lachst du?«
Das war das erste Mal, dass ich sie zum Lachen brachte. Es war mir auch völlig egal, warum sie lachte. Bei nichts, was ich bis dahin gesagt hatte, hatte sie aufmerksamer zugehört.
»So was Komisches habe ich einfach noch nie gehört«, sagte sie. »Was passiert, wenn du was anderes isst?«
»Es schmeckt schon ganz okay. Es ist praktisch so, als würde ich Lehm essen. Manchmal, wenn es zu sehr gewürzt ist, übergebe ich mich. Manchmal kann ich auch andere Sachen essen, so Nudeln, wenn sie genügend nach Pizza oder Cheeseburger schmecken.«
»Es muss mit Käse sein? Einen normalen Hamburger kannst du nicht essen?«
»Nur im Notfall. Aber es ist nicht dasselbe.«
»Was für eine ungewöhnliche Ernährung. So was habe ich ja noch nie gehört.«
Julia spießte ein Stückchen Thunfisch mit der Gabel auf und hielt es mir hin. »Probier doch mal.«
»Es wird mir nicht schmecken.«
»Ein Mal nur.«
»Warum?«
»Nur mir zuliebe, Joe.«
Ich machte den Mund auf. Nachdem sie mich mit der Gabel gefüttert hatte, legte Julia mir die Hand unters Kinn und drückte sachte meinen Mund zu. Das war das erste Mal, dass sie mich im Gesicht berührte. Mir war, als würde unterm Tisch, wo unsere Knie sich berührten, ein Feuer brennen. Seit ich Julia begegnet war, war alles so aufregend, dass ich es kaum aushielt. Ich war so verwirrt, dass der Thunfisch gar nicht mal schlecht schmeckte, und einen Moment lang dachte ich, ich könnte ihn sogar runterschlucken, aber dann ging es doch nicht. Ich spuckte das Stück Thunfisch auf meinen Teller.
»Fast«, sagte ich.
»Immerhin hast du’s versucht.«
»Fast hätte ich’s geschafft«, sagte ich. »So nah dran war ich schon lange nicht mehr.«
»Irgendwann versuchen wir’s wieder. Hast du gewusst, dass man Lakritz auch als Strohhalm nehmen kann? Da, sieh mal.« Julia holte eine Lakritzstange aus der Handtasche und zeigte es mir. Den Rest unseres Abendessens tranken wir durch Lakritzstangen, und bei jedem Schluck musste sie lächeln. Sie kriegte nicht genug davon, und ich auch nicht, und ich wäre auch ganz gern die ganze Nacht in dem Diner geblieben, aber dann fiel Julia ein, dass wir den Hund im Wagen gelassen hatten, also bezahlten wir und gingen.
»Ich brauche eine Bleibe«, sagte sie.
»Ich auch«, sagte ich.
»Ich dachte, du wohnst hier.«
»Ich habe bei Marcus gewohnt, aber er hat gesagt, wenn ich heute Abend nicht nach Hause komme, bin ich offiziell rausgeschmissen. Vielleicht ändert er ja seine Meinung, aber nicht, wenn ich ihn wecke.«
Das hätte
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