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Vom Finden der Liebe und anderen Dingen (German Edition)

Vom Finden der Liebe und anderen Dingen (German Edition)

Titel: Vom Finden der Liebe und anderen Dingen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Lampson
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war offensichtlich, dass sie es von Alvin gelernt hatte, weil es sich genauso anfühlte, wie gegen ihn zu verlieren. Ich hatte immer gern mit Alvin gespielt, denn obwohl er ständig gewann, war es immer so, als würden wir beide gemeinsam gewinnen, und so war es auch mit Julia. Nachdem sie alle M&M’s gewonnen hatte, teilten wir sie und aßen sie alle auf. Dann ging ich wieder zu meinem schrecklichen ausgeklappten Schlafsofa, und sie knipste das Licht aus, aber ich glaube, sie war noch immer nicht müde.
    »Ich erinnere mich noch, wie ich auf dem Hotelparkplatz stand und Alvin wegfahren sah«, sagte sie im Dunkeln. »Und wie ich das Gefühl hatte, ihn nie mehr wiederzusehen.«
    »Der kommt schon wieder. So war es auch das letzte Mal, als er ging.«
    »Es heißt, bei Exfreunden kann es sich in zwei Richtungen entwickeln. Entweder es bleibt für immer eng, oder man spricht nie wieder mit ihnen.«
    Ich weiß noch, wie still es in dem Zimmer war. Die Klimaanlage hatte sich abgestellt, und über uns waren keine Flugzeuge, draußen quatschten keine Leute, und auch sonst war nichts. Julias Stimme war leise, fast ein Flüstern, aber sie erfüllte das ganze Zimmer.
    »Als Alvin aus Tennessee wegging, war es, als teilte ich mich in zwei Leben auf«, sagte sie. »In dem einen bin ich mit ihm mit und segle jetzt gerade um die Spitze von Florida rum. Im anderen Leben bin ich nicht mit ihm mit, werde aber immer überlegen, ob ich es nicht doch hätte tun sollen, und dieses Leben lebe ich im Moment. Ich habe darüber nachgedacht, Joe. Wirklich. Aber mit achtzehn kann man nicht einfach alles stehen und liegen lassen und weglaufen.«
    »Ich wäre mit ihm mit«, sagte ich. »Wenn er mich gelassen hätte.«
    »Letztes Jahr war ich ein halbes Semester in Schweden«, sagte Julia. »Im ersten Monat war es da so aufregend wie nirgendwo sonst vorher. Und im zweiten Monat war es, als wäre ich schon mein ganzes Leben dort gewesen. Im dritten Monat bekam ich solches Heimweh, dass ich früher zurückmusste. Ich sage ja nicht, dass es mit Alvin genauso war. Aber manchmal kann er schon ganz schön schwierig sein. Tut mir leid, dass ich ständig von ihm rede.«
    »Schon gut.«
    »Dann rede ich noch ein bisschen weiter. Als ich ihn das erste Mal sah, las er am Strand ein Buch. Er war so in das Buch vertieft, dass er gar nicht merkte, wie ich ihn beobachtete. Dann kam er anscheinend an eine komische Stelle, und er spuckte in das Buch. Dabei war er gar nicht mal sauer. Aber etwas in dem Buch hatte ihn dazu gebracht, und er vergaß, wo er war. Meinst du, ich bin deswegen zu ihm hin und habe ihn angesprochen?«
    »Das sieht ihm jedenfalls ziemlich ähnlich.«
    »Ich glaube, Alvin hat die meiste Zeit seines Lebens in einer Traumwelt gelebt. Aber egal, ab jetzt quassle ich nicht mehr über ihn, versprochen. Gute Nacht, Joe.«
    »Gute Nacht, Julia.«
    Ich fand keine Stellung auf der Matratze, die nicht ziemlich wehgetan hätte, aber das war wohl nicht der Grund, dass ich ewig keinen Schlaf fand. Mir war, als wäre mir an dem Tag mehr passiert als in meinem ganzen Leben davor, und statt zu schlafen, lag ich also einfach bloß da und versuchte, mich an all das zu erinnern. Wie ich mich morgens hinausschlich. Der schreckliche Weg durchs Valley. Wie ich den Brunnen leer trinken wollte und dann Alvin dort sah. Das Taxi. Das Motel. Der kleine Geburtstagskuchen, den der Geschäftsführer dort hatte. Dann Julia. Etwas an der Art, wie sie über meinen Bruder redete, war mir vertraut, das wusste ich, und wie ich so im Dunkeln lag, wurde mir schließlich klar, dass es mich an die Schule erinnerte, als ich noch hingegangen war, wie wir da immer Bücher lesen und darüber sprechen sollten. Ich habe nie versucht, diese Bücher zu lesen, aber ich hörte immer zu, wie die anderen darüber sprachen. Der Lehrer nervte uns Schüler immer damit, dass wir was Wichtiges über die Bücher sagen sollten, und alle bis auf mich lernten es schließlich auch. Und genauso redete Julia über Alvin. In meinem ganzen Leben hatte ich nicht so intensiv über einen Menschen nachgedacht, und ich hatte ein bisschen ein schlechtes Gewissen, dass ich ihr dabei zuhörte, und dass ich dann selbst ein bisschen intensiver über ihn nachdachte. Ich glaube, wenn Julia Alvin richtig geliebt hätte, dann hätte sie wohl nicht so heftig über ihn nachgedacht. Und zu versuchen, ihn zu verstehen, half ihr ganz offensichtlich nicht, denn sie runzelte die Stirn im Schlaf und kräuselte auch die

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