Vom Finden der Liebe und anderen Dingen (German Edition)
auch gelogen sein können. Selbst wenn ich Marcus weckte, würde er mich wahrscheinlich nur ein bisschen anschreien und ein paar neue Regeln aufstellen, und danach würde alles so weitergehen wie bisher. Aber ich wollte bei Julia bleiben, also war es mir ziemlich egal, ob das, was ich sagte, auch stimmte.
»Ich glaube, im White Palms Motel nehmen sie uns nicht noch mal«, sagte Julia.
»Wir finden ein anderes Zimmer. Kein Problem.« Ich sagte einfach irgendwas, was mir gerade in den Sinn kam. »In Los Angeles gibt’s wahrscheinlich Millionen Motels.«
»Ist das nicht zu seltsam?«, fragte Julia. »Hast du schon mal ein Zimmer mit jemandem geteilt, den du eben erst kennengelernt hast?«
»Ich hab noch nicht mal in einem Motel übernachtet.«
»Es ist billiger, als zwei Zimmer zu nehmen. Also ist es irgendwie auch verantwortungsvoller. Klinge ich albern, Joe? Würdest du es mir sagen, wenn du es fändest?«
»Warum fragst du mich das?«
»Ich fühle mich den ganzen Tag schon so durchgeknallt. Irgendwie hab ich keine Ahnung, was ich als Nächstes mache. Aber mir ist, als würde ich dich schon länger als nur zwei Stunden kennen. Und ich habe Angst, allein zu sein.«
»Wir teilen es uns«, sagte ich.
»Wir teilen es genau halbe-halbe. Ich finde, das ist eine richtig gute Idee.«
Im ersten Motel, wo wir es versuchten, wollten sie keine Hunde, aber im zweiten konnte Julia die Frau am Empfang dazu überreden, von Hotelangestellter zu Hotelangestellter. Während sie noch überlegte, leckte der Hund ihr die Hand, und das hat dann wohl den Ausschlag gegeben. Wahrscheinlich ist das meine Lieblingserinnerung an Max, und meistens stelle ich ihn mir so vor, wenn ich an ihn denke.
Das Motelzimmer war kleiner als das andere, das ich gesehen hatte. Es war gerade genügend Platz für ein normales Bett, ein Schlafsofa und einen Fernseher. Ich weiß noch, dass die eiskalte Luft, die aus den Lüftungsklappen in der Wand strömte, roch, als käme sie irgendwo aus einem Keller. Ich füllte den Eiseimer mit Wasser und stellte ihn dem Hund hin, dazu noch eine Dose Futter. Ich war so nervös, dass ich nichts sagen konnte, aber zum Glück gab’s ja den Fernseher, also lagen wir eine Stunde auf dem Bett und sahen uns einen Film an, in dem Leute versuchten, von einem Berg runterzukommen, auf dem es von Gespenstern wimmelte. Julia ging mit dem Film richtig mit, und ein paarmal setzte er ihr so zu, dass sie aufsprang und den Fernseher ausmachte. Aber den Film nicht zu sehen, ertrug sie auch nicht, also machte sie ihn immer gleich wieder an. Als er zu Ende war, klappten wir das Sofa auf, worauf ein ziemlich klumpiges Bett zum Vorschein kam; ich legte mich probeweise drauf. Die Matratze war richtig dünn, und darunter waren so scharfe Metallteile, die sich mir voll in den Rücken gruben. Auf dem unausgeklappten Sofa hätte ich wahrscheinlich besser geschlafen, aber das war mir egal. Ich konnte es noch immer nicht fassen, dass ich die ganze Nacht mit Julia in einem Zimmer sein würde, und da war mir alles andere ziemlich gleich.
Während ich die Matratze ausprobierte, ging Julia mit ihrem Koffer ins Bad, um sich bettfertig zu machen. Ein paar Minuten später kam sie in einem riesigen blauen T-Shirt und unglaublichen weißen Shorts raus. Sie blieb ein paar Minuten in der Tür stehen und sah mir zu, wie ich versuchte, es mir bequem zu machen. Ich glaube, da war ich schon unter der Decke, hatte aber noch alle Kleider an, weil ich zu nervös war, um auch nur die Socken auszuziehen.
»Können wir das Licht im Badezimmer anlassen?«, sagte sie. »Ich kann nicht schlafen, wenn es völlig dunkel ist.«
»Von mir aus.«
Julia blieb noch ein bisschen in der Tür stehen.
»Ich hab dir heute beim Essen zugesehen«, sagte sie. »Es hat dir geschmeckt. Es hat mich so froh gemacht, wie dir der Cheeseburger geschmeckt hat.« Sie tätschelte noch einmal den Hund, sagte: »Gute Nacht, Max«, legte sich ins Bett und zog sich die Decke unters Kinn. Aber ich glaube, sie wollte eigentlich noch gar nicht schlafen, denn sie machte nicht mal die Augen zu. Nach ungefähr einer Minute fragte sie mich: »Hast du schon mal mit Alvin Poker gespielt?«
»Es ist das einzige Kartenspiel, das ich kann.«
»Er hat es mir beigebracht.«
»Mir auch.«
Sie knipste das Licht an, dann ging ich zu ihr und setzte mich auf die Bettkante. Wir spielten ungefähr eine Stunde lang Poker und nahmen dazu die M&M’s, die Julia hatte, als Chips. Sie gewann jedes Spiel, und es
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