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Vom Himmel das Helle

Vom Himmel das Helle

Titel: Vom Himmel das Helle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele Diechler
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»Denk an ihre Wunden, vor allem die im Gesicht. Sie lässt sich doch nicht von ihrem eigenen Lustknaben derart zurichten.«
    »Wenn Bogdan und sie es darauf abgesehen haben, das Ganze täuschend echt wirken zu lassen, dann schon. Sie beerbt ihren Mann und das nicht zu knapp. Sie könnte sich, nach einer angemessenen Frist natürlich, irgendwohin absetzen. Mit Bogdan.« Almut war clever und gewieft, und sie hatte schon früher nie auf etwas verzichten wollen. Vielleicht wollte sie Bogdan. Um jeden Preis. »Niemand würde sich was dabei denken, wenn sie das Haus mit den schrecklichen Erinnerungen verlässt. Und Bogdan könnte einen anderen Namen annehmen. Müsste er aber nicht. Sie könnten behaupten, sie hätten sich in Argentinien, Venezuela oder sonst wo, wo hübsch die Sonne vom Himmel scheint, getroffen und ineinander verliebt.«
    »Blödsinn«, warf Frank ein. Doch ich redete weiter. »Denk doch mal nach«, bat ich. »Es gibt keine Spuren. Und ohne Spuren keine Beweise. Und ohne Beweise keine Anklage und keine Verurteilung.«
    »Lea, Lea, du bist richtig starker Tobak. Deine Fantasie ist schier grenzenlos.«
    »Dolly Österreichs Geschichte ist wesentlich verworrener. Mehrere Liebhaber, Schüsse, Anklage, Verfahren, die eingestellt wurden. Und als man ihrem Liebhaber endlich was nachweisen konnte, war’s verjährt.«
    »Aber das heißt noch lange nicht, dass jemand das nachlebt …« Frank schwieg einen Augenblick. Überlegte er etwa, ob an meiner These doch etwas dran war? »… heutzutage haben wir andere Methoden zur Verfügung, um ein Verbrechen aufzuklären. Kein vernünftiger Mensch ginge dasselbe Risiko ein wie damals Dolly.«
    »Frank, ich bitte dich lediglich, mir noch etwas Zeit zu lassen und das Haus der Lohmanns noch mal auf den Kopf zu stellen. Besonders den Keller.«
    »Ich krieg doch nie ’nen Durchsuchungsbefehl. Aufgrund welcher Handhabe? Hast du denn was aus der Lohmann rausgequetscht? Irgendwas Brauchbares? Ich wär auch schon mit was Minimalem zufrieden.«
    Ich schluckte und lockerte die Hand, die ich die ganze Zeit über an meinem Hals liegen hatte. »Nein. Aber ich bin dran.«
    »Scheißdreck«, fluchte Frank. »Ich sag’s ja. Der Fall geht mir langsam auf die Eier.«
    »Und die brauchst du gerade ganz dringend für Carmen«, meinte ich spöttisch.
    »Genau, gib’s mir. Wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen.«
    »Frank«, begann ich erneut. Ich spekulierte, ob ich meinem Kollegen etwas über Mark sagen sollte. Schließlich hatte der mir vorab über den Fall Lohmann Auskunft gegeben. Doch ich verwarf den Gedanken so schnell, wie er gekommen war. Was hätte mir meine Offenheit genützt? Frank hätte die Arbeit mit mir eingestellt. Wegen geistiger Umnachtung. Und ich hätte es ihm nicht mal übel genommen. Nein, besser ich schwieg. So schwer es mir auch fiel. »Was gibt’s denn noch?«, meinte Frank unwirsch.
    »Ach nichts«, brach ich ab. »Ich komme morgen bei dir vorbei.«
    »Tu das bevor Platzker bei dir antanzt. Das könnte nämlich wirklich unangenehm werden. Sein Gesicht sieht nach Tango aus, nicht nach harmlosem Walzer.«
    Ich drückte die Aus-Taste, warf das Handy auf den Tisch und ließ den Kopf in meine Hände sinken. »Mark? Was soll ich bloß tun?«, flüsterte ich gegen die Wände, die mir nichts zurückgaben außer einem trostlosen weißen Hintergrund.

Vierunddreißig

    Dass ich am helllichten Tag zu Bett ging, war mir das letzte Mal passiert, als ich eine Darm-Grippe eingefangen hatte. Die hatte mich vor allem ans Bad gefesselt. Genauer gesagt an das Fleckchen Fliesenboden, das sich direkt vor der Kloschüssel befand.
    Diesmal war ich einfach nur müde. So müde, dass ich nackt, denn das Handtuch hatte ich achtlos auf einen Sessel geworfen, auf mein Federbett sank und augenblicklich einnickte. Ich schlief Stunden selig durch und wachte erst auf, als ich das Brummen des Staubsaugers hörte. Einen Moment lang glaubte ich zu träumen, denn mein Vater hatte, zumindest meines Wissens, noch nie einen Staubsauger in Händen gehalten, höchstens beim Kauf desselben an der Kasse. Aber doch niemals zum Zweck des Dreckentfernens. Ich öffnete blinzelnd die Augen und verbuchte den Umstand, dass er sich um die Krümel und Staubflusen am Boden kümmerte, als eine Art Friedensangebot.
    Es war früher Abend. Ich fühlte mich, obwohl ich geschlafen hatte, immer noch unendlich träge und faul. Trotzdem stand ich auf, tappte nackt zum Fenster, kippte es, um frische

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