Vom Himmel hoch
etwas mit alkoholischen Getränken zu tun
hatte … ach, was erzähle ich, der schon einmal in die Nähe einer Flüssigkeit
geraten ist, die Promille beinhaltet, trifft zwangsläufig auf Fröhlich.«
»War Fröhlich gestern hier?«
Der Wirt spülte routiniert einige Gläser aus. »Sicher.
Der hat mit ein paar anderen Gästen für anregende Unterhaltung gesorgt.«
»Und guten Umsatz«, ergänzte Große Jäger.
»Davon lebe ich. Und ihr? Womit verdient ihr euer
Geld?«
»Wir stellen dumme Fragen«, erwiderte der Oberkommissar.
»Habe ich es mir doch gedacht«, grummelte der Mann.
»Wie gut geht es mir. Hier erzählen die Leute alles freiwillig. Ich muss sie
gar nicht zum Reden animieren.«
Große Jäger entfuhr ein vorsichtiger Rülpser, dann
antwortete er: »Wenn wir die Leute aufs Revier vorladen, fangen die meisten
ebenfalls an zu plaudern. Wir sind aber so liberal, dass wir uns auch damit
zufrieden geben, wenn wir vor Ort vernünftige Antworten erhalten.«
Der Wirt war nicht einzuschüchtern. »Was soll das
Klappern mit dem Dampfkessel? Hier hat sich doch niemand zu einem
Schweigegelübde verpflichtet. Wie ich schon sagte, der Dicke war gestern hier.
Kurz vor Ausbruch des Gewitters ist er gegangen. Der muss noch ordentlich etwas
vom Regen abbekommen haben. Das hat ihn vermutlich nicht gestört. So wie der
abgefüllt war, hat der sicher nichts davon mitbekommen.«
Nun mischte sich der Fußballexperte ein, mit dem Große
Jäger vor Mommsens Erscheinen gefachsimpelt hatte.
»Ich bin gestern kurz nach Carsten gegangen. An der
Ecke Wester- und Nordseestraße hab ich ihn gesehen, wie er sich mit einer Hand
an der Hauswand abstützte und wie ein Hund gegen die Mauer pisste. Dann ist er
weiter Richtung Marktplatz geschwankt. Wie gut, dass auf den Straßen nichts
mehr los war. Der ist mit dem Gehweg nicht ausgekommen, sondern hat zusätzlich
auch noch die Fahrbahn in Anspruch genommen.«
Die beiden Beamten warfen sich einen kurzen Blick zu.
Wenn der dicke Fröhlich wirklich so betrunken gewesen war, wie sein Zechkumpan
es darstellte, dann konnte man ihn fast aus dem Kreis der weiter zu
verfolgenden Verdächtigen ausschließen. Er würde unter diesen Umständen weder
in der Lage gewesen sein, beim rätselhaften Aufschlag Banzers auf dem
Marktplatz maßgeblich mitgewirkt zu haben, noch dürfte er in diesem Zustand den
Lkw gestohlen haben.
Mit hoher Wahrscheinlichkeit war Fröhlich für beide
Fälle nicht ihr Mann.
Mommsen sah den Oberkommissar kritisch an. »Ist das
dein erstes Bier heute?«, wollte er wissen.
Große Jäger schüttelte seinen Kopf und grinste dabei.
»Willst du nicht mit mir nach Husum zurückfahren und
dein Auto stehen lassen? Ich muss nur zuvor der Dobermann Bericht erstatten.«
»Danke, ich fahre per Anhalter nach Hause«, winkte der
Oberkommissar ab und bestellte mit schon etwas schwerer Zunge die nächste
Runde.
*
Frauke Dobermann saß an einem der hinteren Tische und
lächelte Mommsen vertraulich zu, als er suchend das Restaurant betrat.
Sie hatte schon gegessen und stöberte wechselweise in
ihrem Organizer und den handschriftlichen Unterlagen, die sie beiseite legte,
als Mommsen sich zu ihr setzte.
Während der junge Beamte eine Kleinigkeit zum
Abendessen zu sich nahm, führten sie eine Unterhaltung über Belangloses.
Sie wollte wissen, wie lange er schon bei der Kripo
war, woher er stammte, was er bisher gemacht hatte. Sie rückte ein wenig näher
an Mommsen heran und stellte mit konspirativ klingender Stimme ihre Fragen.
Mommsen begann seinen Bericht und erläuterte ihr in
kurzen Worten das Ergebnis seiner bisherigen Ermittlungen. Dabei ließ er
allerdings seine Begegnung mit Große Jäger unerwähnt.
Sie war erfahren genug, um zu registrieren, dass
Mommsen in seiner Erzählung für den Bruchteil einer Sekunde unkonzentriert
wurde, als sich unter dem Tisch ihrer beider Knie berührten.
Mommsen wich mit einem »Entschuldigung!« aus und
spürte kurz darauf wieder die Wärme ihres Beines an seinem.
Diese zweite Begegnung konnte kein Zufall sein. Um die
Vertraulichkeit ihrer Unterredung zu wahren, hatte Mommsen es als
selbstverständlich empfunden, dass sie ein wenig zusammengerückt waren. Nach
seiner Einschätzung konnte aber niemand in dem ohnehin nur spärlich besetzten
Restaurant ihrer Unterredung folgen.
Er hätte seine Sitzposition verändern müssen, um dem
Oberschenkel der Hauptkommissarin zu entgehen. Oberhalb der Tischplatte sprach
sie ohne jede Auffälligkeit weiter
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