Vom Himmel hoch
Zweck dienten, die Ineffizienz
der Betriebsleitung durch den kaufmännischen Leiter nachzuweisen.
Große Jäger pfiff durch die Zähne, sodass einer der im
Nebenraum beschäftigten Beamten des Erkennungsdienstes seinen Kopf durch die
Tür steckte und fragte: »Ist was?«
»Ihr solltet euch unbedingt dieses Notebooks annehmen.
Vielleicht sind dort noch Daten enthalten, deren Bedeutung ich im schnellen
Überblick nicht richtig einschätzen kann«, gab er den beiden einen Tipp. Und
plötzlich stieß er auf eine einzelne Datei, die er nicht lesen konnte. Sie war
durch ein Passwort gesichert.
»Wenn der Roth davon Kenntnis gehabt hätte«, murmelte
er zu sich selbst, »bin ich mir nicht sicher, ob er uns gegenüber immer noch so
wohlwollend über den Toten gesprochen hätte.«
Und wenn er um diese Datensammlung gewusst hat? Dann
wäre es ein denkbares Motiv, dass Roth etwas unternahm, um seine
Existenzgrundlage, ja seine gesamte Zukunft, nicht zu verlieren. Bei diesem
Material hätte Dürkopp bestimmt umgehend handeln wollen. Und wer wäre
kurzfristig als Nachfolger verfügbar gewesen? Harald Banzer!
Große Jäger sah flüchtig weitere Papierstapel durch,
bis er ein weiteres Mal überrascht innehielt. Inmitten eines Bergs von
Zeitschriften fand er die Angebote mehrerer Immobilienmakler, die dem »sehr
geehrten Herrn Banzer« ihre ausgesprochen attraktiven Angebote repräsentativen
Wohnraums in Nordfriesland offerierten.
Banzer hatte sich heimlich aufgemacht, sich fest in
dieser Region zu etablieren, seinen Lebensmittelpunkt hierher zu verlegen.
Dann wäre es in nicht allzu ferner Zukunft zu einer
handfesten Auseinandersetzung um den Chefposten gekommen. Ein erfahrener
Manager wie Roth hätte sein Revier sicher nicht kampflos aufgegeben, sondern
sich mit Gegenargumenten heftig zur Wehr gesetzt.
Oder hatte er womöglich schon zurückgeschlagen? In
einer anderen Weise, als es unter dem Stichwort »Unternehmensführungslehre« an
der betriebswirtschaftlichen Fakultät gelehrt wird?
Wenn ich schon einmal hier bin, überlegte Große Jäger,
könnte ich die Gelegenheit nutzen und mich in der Szene, sofern man das
gastronomische Angebot des Ortes so bezeichnen kann, umsehen, ob Banzer dort
bekannt war. Möglicherweise war er jemandem zu nahe gekommen, hatte wem auf die
Füße getreten oder eventuell in fremden Gewässern gefischt.
So war er losgezogen, hatte die überschaubare Anzahl
der Gaststätten des Ortes abgeklappert, aber nirgendwo eine brauchbare
Information erhalten.
Große Jäger hatte beschlossen, seine Ermittlungen an
diesem Tag abzubrechen. So war er in der letzten Kneipe, die er aufgesucht
hatte, hängen geblieben.
Er hielt ein Bierglas in der Hand und stritt sich mit
einem anderen Gast. Der Mann versuchte den Oberkommissar gerade über die
Spielstärke des Hamburger Sportvereins in dieser Saison aufzuklären und fügte
ohne Absatz in seine Rede die Erklärung ein, welche grundlegenden Fehler der
Bundestrainer in der Mannschaftsaufstellung der letzten Spiele der Nationalelf
begangen hatte.
Große Jäger ließ seine Hand auf die Schulter des
anderen fallen und fragte unschuldig: »Und was hältst du von den
Aufstiegschancen von Westfalia Kinderhaus in diesem Jahr?«
Der wortgewaltige Fußballkenner glotzte blöde. »Von
wem?«
Große Jäger wiederholte den Vereinsnamen.
»Nie gehört«, grunzte der Mann.
»Siehste«, stellte der Oberkommissar fest, »und so
etwas will ein Fachmann sein.«
Dann bemerkte er Mommsen, der grinsend am Eingang
stand und dem Dialog schweigend gefolgt war.
»Hei, Harm«, begrüßte er ihn leutselig und berichtete
Mommsen von den Ergebnissen seiner Ermittlungen. »Ich bin nicht sehr weit
gekommen«, erklärte Große Jäger. »Alle in der Stadt haben von dem Ereignis
heute Morgen gehört. Nur Banzer kennt keiner. Es ist nicht so, dass die Leute
nicht reden wollen. Aber niemand kann sich an ihn erinnern. Klar, da taucht
gelegentlich mal ein Fremder in den Kneipen auf, diskutiert mit den
Einheimischen. Nur Namen werden dabei nicht ausgetauscht. In der Kneipe heißt
jeder ›du‹. Es lässt sich nicht rekonstruieren, ob Banzer durch das Bredstedter
Nachtleben gestreift ist.«
Mommsen winkte den Wirt heran. »Kennen Sie Carsten
Fröhlich?«
Der Gastronom sah ihn spöttisch an. »War die Frage
ernst gemeint?«
»Ich stelle nur Fragen mit ernstem Hintergrund«,
stellte Mommsen klar.
In den Augen des Wirtes blitzte es vergnüglich. »Jeder
in Bredstedt, der irgendwann einmal
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