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Vom Himmel in Die Traufe

Titel: Vom Himmel in Die Traufe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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das Seil hatte er sich über die Schulter geworfen, seine Haltung war gebeugt. Da trabte ein einfacher Mann aus den tiefen Wäldern, ein bitterarmer Kerl, und im Schlitten saß eine reiche Frau, eine Multimillionärin. Lena bekam Mitleid mit ihrem Zugpferd. So standen die Dinge nun mal in dieser Welt, der Arme zog und der Reiche ließ sich ziehen. Immer.
    Auch Hermanni vorn in den Seilen dachte über sein Los nach. Hier zog er, ein freier und lediger Mann, die herrschaftliche Dame wie ein Sklave, ein ungehobelter, nichtswürdiger Bursche, elend und mittellos. Wenn es in Finnland zum Aufstand käme, würde er, Hermanni, allerdings gewiss nicht als Pferd schuften, sondern würde mit dem Sturmgewehr den herrschaftlichen Industriesanierern den Marsch blasen. Schon seit Jahren sann Hermanni auf Rache und probte in Gedanken den Aufstand. Er hatte viele seiner Gedanken zu Papier gebracht, in aller Heimlichkeit und Stille. Und er wusste, dass er nicht allein, sondern Mitglied einer trostlosen Armee von fast einer halben Million Arbeitslosen war.
    Bei diesen bitteren Gedanken blieb Hermanni stehen und drehte sich zu seiner Fuhre um. Sein verhärtetes Gemüt schmolz. Auf dem Angelhocker in der Gondel des Heißluftballons saß eine schöne Frau, die Schmerzen hatte, diese aber tapfer zu verbergen versuchte. Eine Frau, die auf eigene Kosten und bei Sturmwind eine abenteuerliche Fahrt antrat, um den Katastrophenfonds des Roten Kreuzes zu unterstützen.
    »Eigenartig, dass die kleinen Vögel singen, obwohl der See noch vereist ist. Frieren sie nicht?«
    »Im Wald, wo sie nisten, ist’s warm.«
    Als Hermanni die Insel Petäjäsaari erreichte, wechselte er die Position und stellte sich hinter den Schlitten, um ihn zu schieben. Falls sie auf dünnes Eis gerieten, bestünde, wenn er zog, die Gefahr, dass er einbrach. Beim Schieben könnte er sich und auch noch den Schlitten retten. Sie gelangten jedoch heil ans Ziel. Hermanni heizte die Hütte, machte Essen und verabreichte der Patientin die restlichen Schmerztabletten, die er aus der Hütte von Kahkusaari mitgebracht hatte.
    Bevor Lena Lundmark einschlief, flüsterte sie Hermanni ein Versprechen zu. Sollte sie diesen Ausflug überleben, würde sie ihren Helfer so fürstlich belohnen, wie er es sich gar nicht vorstellen könnte.
    »Ach, was heißt hier Helfer, ich hab ja lieber eine Frau bei mir, als dass ich hier auf dem See allein bin.«
    Am nächsten Morgen zog Hermanni den Korbschlitten in eine neue Richtung, diesmal nach Westen. Er beabsichtigte, bis Mittag die Suovasaari-Inseln zu erreichen, denn er erinnerte sich, dass es dort trockenes Brennholz und eine überdachte Kochstelle gab. Die Entfernung betrug etwa fünf Kilometer, und das passte. Und von den Klippen aus könnte er versuchen zu angeln.
    Hermanni erzählte, wie die Suovasaaret, die »Schoberinseln«, ihren Namen bekommen hatten. Die Lappländer pflegten früher auf den Uferwiesen Heu zu machen, und da keine Scheune vorhanden war, schoberten sie es auf, um es dann im Winter mit dem Rentiergespann abzuholen und als Futter für ihre Kühe zu verwenden. Einmal hatte wieder ein alter Lappe auf einer der Inseln, eben auf dieser, einen Schober errichtet, und der war so groß und stattlich ausgefallen, dass sich im Frühling ein Seeadlerpärchen darauf niedergelassen hatte, um zu nisten. Die Vögel hatten sich oben auf der Spitze ein gewaltiges Reisigschloss gebaut, und das Weibchen brütete gerade, als der Alte mit seinen Rentieren kam, um das Heu abzuholen.
    »Der Kerl musste ganz schnell Reißaus nehmen, weil die Adler nämlich die Rentiere angriffen, kann man sich ja denken, brütende Seeadler! Das Gespann galoppierte, ohne anzuhalten, bis zum Ukonkivi, und da musste der Alte den Göttern erst viele Opfer bringen, ehe er die Weiterfahrt nach Hause riskierte.«
    »Was wurde aus dem Heu?«
    »Kein Mensch wagte es dort wegzuholen. Es blieb liegen, und im Herbst kam ein Bär, kroch in den Schober hinein und baute sich seine Höhle. Im nächsten Frühjahr war unten eine Bärenhöhle, und oben auf der Spitze ein Seeadlernest.«
    »Und das Heu eignete sich dann vermutlich nicht mehr für die Kühe?«
    »Welche Kuh frisst schon altes Heu, das von Adlern bekackt und vom Bären zerwühlt worden ist …, ein enormer Schaden für einen armen Lappländer.«

5
    Auf den Suovasaari-Inseln stand zu Lenas Enttäuschung kein einziger Heuschober mehr. Aber es gab eine Kochstelle und Brennholz, und dorthin zog Hermanni seine Fracht, trug

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