Vom Internet ins Ehebett (German Edition)
lassen Sie ihn fallen wie eine heiße Kartoffel. Ohne Grund. Ohne Erklärung.«
Ich fuhr auf. »Ohne Grund?«, wiederholte ich mit unverkennbarem Spott. »Ich hatte sehr wohl einen Grund. Und das weißt du genau. Also spiel jetzt hier nicht den …« Mir fiel kein passender Ausdruck ein, wie ich ihn nennen könnte. Ich wusste, ich war ungerecht, doch ich wusste nicht, was hätte ich anderes sagen sollen. Es war reiner Selbstschutz.
Greg umfasste meine beiden Handgelenke, hob meine Arme und hielt sie an die Wand gedrückt fest. »Sag mir, dass du nichts für mich empfindest. Sag mir, dass du dich bei unserem Zusammensein in Wien nicht in mich verliebt hast. Und ich lass dich los, und ich lass dich gehen.«
Er stand ganz dicht vor mir, er beugte sich zu mir herunter. Und wir blickten uns in die Augen. Ich konnte seinen Atem spüren. Oh Gott, wie roch dieser Mann gut. Ich hätte in diesem Augenblick in seinen Augen versinken können. Ich wünschte mir nichts sehnlicher, als dass er mich in dieArme nahm. Er war es, nach dem ich mich all die Wochen gesehnt hatte. Ich hatte es die ganze Zeit gewusst, aber mir nicht eingestehen wollen. Und ich würde es mir auch jetzt nicht eingestehen. Doch ich würde ihn auch nicht belügen. Also stand ich da und schwieg und wagte kaum zu atmen, und er stand da und wartete und sagte kein Wort.
Ein Windstoß verkündete, dass die Tür geöffnet worden war: »Frau Doktor, Tim und Sebastian haben angerufen. Ich wollte Sie nicht stören und habe den beiden gesagt, dass Sie gerade in einer Besprechung sind. Ihre Söhne werden Sie in Kürze hier abholen, ich hoffe, das ist Ihnen recht. Wenn Sie von mir nichts mehr brauchen, dann gehe ich jetzt.«
Ich blickte an Gregs Schulter vorbei und erkannte nichts als Neugierde in Schwester Mathildes Ausdruck. Greg Neuhof und ich boten auch ein sensationell komisches Bild. Wie wir da standen: Ich noch immer an die Wand gelehnt. Er, der meine beiden Arme über meinem Kopf festhielt.
Ich wollte nicht, dass Mathilde dachte, sie hätte uns in einer verfänglichen Situation erwischt. »Aha«, sagte ich daher laut, »vielen Dank, Herr Neuhof. So misst man also die positive Raumenergie.«
Greg ließ mich mit einem Schlag los und verstand sofort. »Ja genau«, er räusperte sich, »ja genau, Frau Dr. Steinberg, so ist es.«
Ich blinzelte ihm zu und wandte mich dann an meine Assistentin: »Danke, ich brauche nichts mehr, Schwester Mathilde. Ein schönes Wochenende!«
Meine Assistentin schloss kopfschüttelnd die Tür von außen. Sie hielt Feng Shui sicherlich für eine ganz seltsame Wissenschaft.
Ich wandte mich wieder Greg zu. Die Unterbrechung hatte eines bewirkt: Die Anspannung, die zwischen uns geherrscht hatte, war verflogen. Nun standen wir uns gegenüber, und Greg blickte peinlich betreten zu Boden. »Ich hätte dich nicht so drängen sollen. Entschuldige bitte, Rosi.«
Und dann sagte ich etwas, das aus meinem tiefsten Inneren kam und das ich nie im Leben vorhatte zu sagen: »Küsst du mich endlich, du Holzkopf?«
Ich war selbst überrascht, vor allem über meine Ausdrucksweise. Greg schien weniger überrascht, er riss mich in seine Arme und küsste mich, dass mir Hören und Sehen verging.
»Ich eigne mich nicht als Geliebte eines verheirateten Mannes«, sagte ich, als wir uns widerstrebend losließen.
Greg nickte: »So hätte ich dich auch nicht eingeschätzt. Und es war mir auch leichter, dein Verhalten zu verstehen, als ich erfuhr, dass der Gedanke, ich sei ein verheirateter Mann, dich davon abhielt, mich zurückzurufen.«
»Ja natürlich, was hätte mich denn sonst abhalten sollen?« Mein ruppiger Tonfall kehrte zurück. »Denkst du, nach vier so wunderschönen Tagen sei es mir leicht gefallen, dich zu vergessen?«
»Ja, das hatte ich zuerst tatsächlich angenommen«, seine Stimme klang bitter, »doch als ich die Erklärung hörte, war mir einiges klar. Und ich schöpfte wieder Hoffnung. Im ersten Impuls hatte ich den Auftrag ablehnen wollen, als dein Kollege Spörer an mich mit der Bitte herantrat, mir eure Praxis anzusehen. Aber dann kam dein kleiner Gruß. Ich konnte es kaum glauben, nach so vielen Wochen ein Zeichen von dir zu bekommen. Ich hatte längst die Hoffnung aufgegeben. Und natürlich nahm ich daraufhin den Auftrag an. Ich wusste, das ist eine gute Gelegenheit, dass wir beide auch wieder persönlich in Kontakt kommen. Ganz unverbindlich. Und ohne dass es den Anschein hat, als würde ich dir nachlaufen. Weißt du, dir
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