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Vom Kriege

Vom Kriege

Titel: Vom Kriege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl von Clausewitz
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Wert desselben reklamiert und vor dem Abweg gewarnt zu haben, den eine bloß formelle Wahrheit veranlassen könnte.
    Aber wie werden wir es nur beweisen, daß die Vernichtung der feindlichen Streitkräfte in den meisten und wichtigsten Fällen die Hauptsache ist? Wie werden wir nur der äußerst feinen Vorstellung begegnen, welche [205] sich die Möglichkeit denkt, durch eine besonders künstliche Form mit einer geringen unmittelbaren Vernichtung feindlicher Streitkräfte eine größere mittelbar zu erreichen, oder vermittelst kleiner, aber besonders geschickt angebrachter Schläge eine solche Lähmung der feindlichen Kräfte, eine solche Lenkung des feindlichen Willens hervorzubringen, daß dieses Verfahren als eine große Abkürzung des Weges zu betrachten wäre? Allerdings ist ein Gefecht auf einem Punkte mehr wert als auf einem andern, allerdings gibt es eine kunstvolle Ordnung der Gefechte untereinander auch in der Strategie, und diese ist sogar nichts als diese Kunst; das zu verneinen, ist nicht unsere Absicht; aber wir behaupten, daß die unmittelbare Vernichtung der feindlichen Streitkräfte überall das Vorherrschende ist. Diese vorherrschende Wichtigkeit und nichts anderes wollen wir dem Vernichtungsprinzip hier erkämpfen.
    Indessen müssen wir daran erinnern, daß wir uns in der Strategie und nicht in der Taktik befinden, daß wir also nicht von den Mitteln sprechen, welche jene haben mag, mit wenig Kraftaufwand viel feindliche Streitkräfte zu vernichten, sondern, daß wir unter unmittelbarer Vernichtung die taktischen Erfolge verstehen, und daß also unsere Behauptung ist, daß nur große taktische Erfolge zu großen strategischen führen können, oder, wie wir es schon einmal bestimmter ausgedrückt haben, daß die taktischen Erfolge von vorherrschender Wichtigkeit in der Kriegführung sind.
    Der Beweis dieser Behauptung scheint uns ziemlich einfach; er liegt in der Zeit, welche jede zusammengesetzte (kunstvolle) Kombination erfordert. Ob ein einfacher Stoß oder ein mehr zusammengesetzter, kunstvoller größere Wirkungen hervorbringt, mag unzweifelhaft für den letzteren entschieden werden, solange der Gegner als ein leidender Gegenstand gedacht wird. Allein jeder zusammengesetzte Stoß erfordert mehr Zeit, und diese Zeit muß ihm gegönnt werden, ohne daß durch einen Gegenstoß auf einen der Teile das Ganze in den Vorbereitungen zu seiner Wirkung gestört werde. Entscheidet sich nun der Gegner zu einem einfacheren Stoß, der in kurzer Zeit ausgeführt ist, so gewinnt er den Vorsprung und stört die Wirkung des großen Plans. Man muß also bei dem Werte eines zusammengesetzten Stoßes alle Gefahr in Betrachtung bringen, welche man während seiner Vorbereitung läuft und kann ihn nur anwenden, wenn man von dem Gegner nicht fürchten darf, durch einen kürzeren gestört zu werden; sooft dies der Fall ist, muß man selbst den kürzeren wählen und in diesem Sinne soweit hinuntersteigen, als es der Charakter, die Verhältnisse des Gegners und andere Umstände nötig machen. Verlassen wir die schwachen Eindrücke abstrakter Begriffe und steigen ins wirkliche Leben hinab, so wird ein rascher, mutiger, entschlossener Gegner uns nicht Zeit zu weitaussehenden künstlichen Zusammensetzungen lassen, und gerade gegen einen solchen würden wir der Kunst am meisten bedürfen. Hiermit, scheint es uns, ist das Vorherrschen der einfachen und unmittelbaren Erfolge vor den zusammengesetzten schon gegeben.
    [206] Unsere Meinung ist also nicht, daß der einfache Stoß der beste sei, sondern daß man nicht weiter ausholen dürfe, als der Spielraum erlaubt, und daß dies immer mehr zum unmittelbaren Kampf hinführen wird, je kriegerischer der Gegner ist. Also weit entfernt, den Gegner überbieten zu dürfen nach der Richtung zusammengesetzter Pläne hin, muß man vielmehr suchen, ihm nach der entgegengesetzten Richtung hin immer voran zu sein.
    Wenn man die letzten Fundamentalsteine dieser Gegensätze untersucht, so wird man finden, daß es in dem einen die Klugheit, in dem andern der Mut ist. Nun ist es sehr verführerisch, zu glauben, daß ein mäßiger Mut, mit einer großen Klugheit gepaart, mehr Wirkung hervorbringen werde, als eine mäßige Klugheit mit einem großen Mut. Wenn man sich aber diese Elemente nicht in unlogischen Mißverhältnissen denkt, so hat man auch kein Recht, der Klugheit diesen Vorteil über den Mut einzuräumen in einem Felde, welches Gefahr heißt, und welches als die eigentliche Domäne des

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