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Vom Kriege

Vom Kriege

Titel: Vom Kriege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl von Clausewitz
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zerbrochene Geschütze und Pulverwagen bleiben stehen, andere können in schlechten Wegen nicht schnell genug fort und werden von feindlicher Reiterei erreicht; in der Nacht verirren sich einzelne Haufen und fallen dem Feinde wehrlos in die Hände, und so gewinnt der Sieg meistens erst Körper, nachdem er schon entschieden ist. Hier würde ein Widerspruch sein, wenn er sich nicht auf folgende Art löste.
    Der Verlust an physischen Streitkräften ist nicht der einzige, den beide Teile im Verlauf des Gefechts erleiden, sondern auch die moralischen werden erschüttert, gebrochen und gehen zugrunde. Es ist nicht bloß der Verlust an Menschen, Pferden und Geschützen, sondern an Ordnung, Mut, Vertrauen, Zusammenhang und Plan, welcher bei der Frage in Betrachtung kommt, ob das Gefecht noch fortgesetzt werden kann oder nicht. Diese moralischen Kräfte sind es vorzugsweise, welche hier entscheiden, und sie waren es allein in allen Fällen, wo der Sieger ebensoviel verloren hatte als der Besiegte.
    Das Verhältnis des physischen Verlustes ist ohnehin im Laufe des Gefechts schwer zu schätzen, aber das Verhältnis des moralischen nicht. Zwei Dinge geben ihn hauptsächlich kund. Das erste ist der Verlust des Bodens, auf dem man gefochten, das andere das Übergewicht der feindlichen Reserven. Je stärker unsere Reserven im Verhältnis zu den feindlichen zusammenschwinden, um so mehr Kräfte haben wir gebraucht, das Gleichgewicht zu erhalten; schon darin tut sich ein fühlbarer Beweis der moralischen Überlegenheit des Gegners kund, der auch selten verfehlt, in dem Gemüt des Feldherrn eine gewisse Bitterkeit und Geringschätzung seiner eigenen Truppen zu erzeugen. Aber die Hauptsache ist, daß alle Truppen, welche schon anhaltend gefochten haben, mehr oder weniger wie eine ausgebrannte Schlacke erscheinen; sie haben sich verschossen, sind zusammengeschmolzen, ihre physische und moralische Kraft ist erschöpft, auch wohl ihr Mut gebrochen. Eine solche Truppe ist also auch, abgesehen von der Verminderung ihrer Zahl, als ein organisches Ganzes betrachtet, bei weitem nicht mehr, was sie vor dem Gefecht war, und so ist es, daß sich der Verlust an moralischen Kräften an dem Maß verbrauchter Reserven wie an einem Zollstock kundtut.
    Verlorener Boden und Mangel an frischen Reserven sind also gewöhnlich die beiden Hauptursachen, welche zum Rückzug bestimmen, womit wir aber andere, welche in dem Zusammenhang der Teile, im Plan des Ganzen usw. liegen können, keineswegs ausschließen oder zu sehr in den Schatten stellen wollen.
    Jedes Gefecht ist also die blutige und zerstörende Abgleichung der Kräfte, der physischen und moralischen. Wer am Schluß die größte Summe von beiden übrig hat, ist der Sieger.
    Im Gefecht war der Verlust der moralischen Kräfte die vorherrschende Ursache der Entscheidung; nachdem diese gegeben, bleibt jener Verlust im [209] Steigen, und er erreicht erst am Schluß des ganzen Aktes seinen Kulminationspunkt; er wird also auch das Mittel, den Gewinn in der Zerstörung der physischen Streitkräfte zu machen, welcher der eigentliche Zweck des Gefechts war. Die verlorene Ordnung und Einheit macht oft selbst den Widerstand einzelner verderblich; der Mut des Ganzen ist gebrochen, die ursprüngliche Spannung über Verlust und Gewinn, in welcher die Gefahr vergessen wurde, ist aufgelöst, und den meisten erscheint die Gefahr nun nicht mehr wie eine Herausforderung des Mutes, sondern wie das Erleiden einer harten Züchtigung. So ist das Instrument im ersten Augenblick des feindlichen Sieges geschwächt und abgestumpft und darum nicht mehr geeignet, Gefahr mit Gefahr zu vergelten.
    Diese Zeit muß der Sieger benutzen, um den eigentlichen Gewinn an der physischen Kraftzerstörung zu machen; nur was er an dieser erreicht, bleibt ihm gewiß, die moralischen Kräfte kehren in dem Gegner nach und nach zurück, die Ordnung wird hergestellt, der Mut wieder gehoben, und es bleibt in der Mehrheit der Fälle nur ein sehr geringer Teil von dem errungenen Übergewicht zurück, oft gar keins, und in einzelnen, obgleich seltenen, Fällen entsteht wohl gar durch Rache und stärkeres Anfachen der Feindschaft eine umgekehrte Wirkung. Dagegen kann, was an Toten, Verwundeten, Gefangenen und eroberten Geschützen gewonnen ist, niemals aus der Rechnung verschwinden.
    Die Verluste in der Schlacht bestehen mehr in Toten und Verwundeten, die nach der Schlacht mehr in verlorenem Geschütz und Gefangenen. Die ersten teilt der Sieger mit dem

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