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Vom Kriege

Vom Kriege

Titel: Vom Kriege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl von Clausewitz
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eigentümlichen Absicht dem moralischen Eindruck überall vorzubeugen, denn um das mit Wirksamkeit zu tun, müßte er seinen Plan vollständig bekanntmachen, was, wie sich versteht, seinem Hauptinteresse zu sehr entgegenlaufen würde.
    Um auf die besondere Wichtigkeit dieses Siegesbegriffs aufmerksam zu machen, wollen wir nur an die Schlacht von Soor erinnern, deren Trophäen nicht bedeutend waren (einige 1000 Gefangene und 20 Kanonen), und wo Friedrich der Große den Sieg dadurch verkündete, daß er noch fünf Tage auf dem Schlachtfelde stehen blieb, obgleich sein Rückzug nach Schlesien schon beschlossen und in seiner ganzen Lage gegründet war. Er glaubte mit dem moralischen Gewicht dieses Sieges sich dem Frieden zu nähern, wie er selbst sagt; ob nun gleich noch ein paar andere siegreiche Erfolge nötig waren, nämlich das Gefecht bei Katholisch-Hennersdorf in der Lausitz und die Schlacht bei Kesselsdorf, ehe dieser Friede eintrat, so kann man doch nicht sagen, daß die moralische Wirkung der Schlacht von Soor Null gewesen sei.
    Ist es vorzüglich die moralische Kraft, welche durch den Sieg erschüttert worden ist, und steigt dadurch die Zahl der Trophäen zu einer ungewöhnlichen Höhe, so wird das verlorene Gefecht eine Niederlage, die also nicht jedem Siege gegenübersteht. Da bei einer solchen Niederlage die moralische Kraft des Überwundenen in einem viel höheren Grade aufgelöst ist, so ent- [213] steht oft eine völlige Unfähigkeit zum Widerstand, und das ganze Handeln besteht in Ausweichen, d. h. in Flucht.
    Jena und Belle-Alliance sind Niederlagen, Borodino aber nicht.
    Ob man gleich ohne Pedanterie hier kein einzelnes Merkmal als Grenze angeben kann, weil die Dinge nur dem Grade nach verschieden sind, so ist doch die Festhaltung der Begriffe als Mittelpunkt für die Deutlichkeit theoretischer Vorstellungen wesentlich, und es ist ein Mangel unserer Terminologie, daß wir im Falle der Niederlage den ihr entsprechenden Sieg und im Fall eines einfachen Sieges das ihm entsprechende Unterliegen des Gegners nicht mit einem Worte zu bezeichnen wissen.
Fünftes Kapitel: Über die Bedeutung des Gefechts
    Nachdem wir im vorigen Kapitel das Gefecht in seiner absoluten Gestalt betrachtet haben, gleichsam als das verkleinerte Bild des ganzen Krieges, wenden wir uns zu den Verhältnissen, in denen es als Teil eines größeren Ganzen mit den anderen Teilen steht. Zuerst fragen wir nach der näheren Bedeutung, welche ein Gefecht haben kann.
    Da der Krieg nichts ist als gegenseitige Vernichtung, so scheint das Natürlichste in der Vorstellung und vielleicht auch in der Realität zu sein, daß sich alle Kräfte jeder Partei in einem großen Volumen vereinigen und alle Erfolge in einem großen Stoß dieser Massen. - Diese Vorstellung hat gewiß viel Wahres, und es scheint im ganzen sehr heilsam zu sein, wenn man an ihr festhält und deswegen die kleinen Gefechte anfangs nur wie notwendigen Abgang, gleichsam wie Hobelspäne, ansieht. Indessen ist doch die Sache niemals so einfach abzutun.
    Daß die Vervielfältigung der Gefechte aus der Teilung der Streitkräfte entsteht, ergibt sich von selbst, und die näheren Zwecke der einzelnen Gefechte werden daher bei der Teilung der Streitkräfte zur Sprache kommen. Aber diese Zwecke, und mit ihnen die ganze Masse der Gefechte, lassen sich überhaupt in gewisse Klassen bringen, und es wird zur Klarheit unserer Betrachtungen beitragen, diese jetzt kennenzulernen.
    Vernichtung der feindlichen Streitkräfte ist freilich der Zweck aller Gefechte, allein es können sich daran auch andere Zwecke knüpfen, und diese auch sogar vorherrschend werden; wir müssen also den Fall unterscheiden, wo die Vernichtung der feindlichen Streitkraft die Hauptsache, und den, wo sie [214] mehr das Mittel ist. Außer der Vernichtung der feindlichen Streitkraft können der Besitz eines Ortes und der Besitz eines Gegenstandes noch die allgemeinen Bestimmungen sein, die ein Gefecht haben kann, und zwar entweder eine davon allein, oder mehrere zusammen, in welchem Fall doch gewöhnlich eine die Hauptbestimmung bleibt. Die beiden Hauptformen des Krieges: Angriff und Verteidigung, von denen wir bald reden werden, modifizieren nun die erste dieser Bestimmungen nicht, allerdings aber die beiden andern, und es würde also ein Tableau, welches wir uns davon machen wollten, so aussehen:
    Offensives Gefecht                 Defensives Gefecht
1. Vernichtung der feindlichen Streitkräfte.
1.

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