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Vom Kriege

Vom Kriege

Titel: Vom Kriege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl von Clausewitz
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so daß Heer und Stellung nur eins sind, so ist die Eroberung eines wesentlichen Punktes dieser Stellung die Entscheidung. Man sagt: der Schlüssel der Stellung ist verlorengegangen, sie kann also nicht weiterverteidigt, die Schlacht nicht fortgeschlagen werden. In beiden Fällen erscheinen die geschlagenen Heere ungefähr wie gesprungene Saiten eines Instruments, die ihren Dienst versagen.
    Sowohl jenes geometrische als dieses geographische Prinzip, welche die Tendenz hatten, die kämpfenden Heere in eine Kristallisationsspannung zu versetzen, die es nicht gestattete, die vorhandenen Kräfte bis auf den letzten Mann zu verwenden, haben von ihrem Einfluß wenigstens so viel verloren, daß sie nicht mehr vorherrschen. Auch jetzt wird das Heer in einer bestimmten Ordnung in den Kampf geführt, aber sie ist nicht mehr entscheidend; auch jetzt werden die Hindernisse des Bodens noch zur Verstärkung des Widerstandes benutzt, aber sie sind nicht mehr der einzige Anhalt.
    [226] Wir haben es versucht, im zweiten Kapitel dieses Buches einen Gesamtblick auf die Natur der heutigen Schlacht zu werfen. Nach dem Bilde, welches wir uns davon gemacht haben, ist die Schlachtordnung nur ein Zurechtstellen der Kräfte zum bequemen Gebrauch, und der Verlauf ein gegenseitiges langsames Verzehren dieser Kräfte aneinander, um zu sehen, wer seinen Gegner früher erschöpft haben wird.
    Der Entschluß, das Gefecht aufzugeben, entspringt also in der Hauptschlacht mehr als in irgendeinem andern Gefechte aus dem Verhältnis der übrigbleibenden frischen Reserven; denn nur diese haben noch alle moralischen Kräfte, und die von dem Zerstörungselement bereits ausgeglühten Schlacken zusammengeschossener und - geworfener Bataillone können nicht auf gleiche Linie damit gestellt werden. Auch der verlorene Boden ist ein Maßstab verlorener moralischer Kräfte, wie wir anderswo gesagt haben; er kommt also mit in Betrachtung, doch mehr als ein Zeichen eines gemachten Verlustes, denn als der Verlust selbst, und immer bleibt die Zahl der frischen Reserven das Hauptaugenmerk beider Feldherren.
    Gewöhnlich nimmt eine Schlacht ihre Richtung schon von vornherein, wiewohl auf eine wenig merkliche Art. Oft ist sogar diese Richtung schon durch die Anordnungen, welche zu ihr getroffen sind, auf eine sehr entschiedene Weise gegeben, und dann ist es Mangel an Einsicht desjenigen Feldherrn, welcher die Schlacht unter so schlimmen Bedingungen eröffnet, ohne sich derselben bewußt zu werden. Allein wo dieser Fall auch nicht stattfindet, ist es in der Natur der Dinge, daß der Verlauf der Schlachten mehr ein langsames Umschlagen des Gleichgewichts ist, welches bald, aber, wie gesagt, anfangs nicht merklich eintritt und dann mit jedem neuen Zeitmoment stärker und sichtlicher wird, als ein oszillierendes Hin- und Herschwanken, wie man, durch die unwahren Schlachtbeschreibungen verführt, es sich gewöhnlich denkt.
    Mag es aber auch sein, daß das Gleichgewicht eine lange Zeit wenig gestört ist, oder daß es selbst, nachdem es nach einer Seite hin verloren, zurückkehrt, um nun nach der anderen Seite hin verloren zu gehen, so ist doch gewiß, daß in den meisten Fällen der besiegte Feldherr dies lange schon vor dem Abzug gewahr wird, und daß die Fälle, wo irgendeine Einzelheit unvermutet stark auf den Hergang des Ganzen einwirkt, meistens nur in der Beschönigung ihr Dasein haben, womit jeder seine verlorene Schlacht erzählt.
    Wir können uns hier nur an das Urteil unbefangener Männer von Erfahrung wenden, welche uns gewiß ihre Zustimmung geben und uns bei dem Teil unserer Leser vertreten werden, die den Krieg nicht aus eigener Erfahrung kennen. Die Notwendigkeit dieses Herganges aus der Natur der Sache zu entwickeln, würde uns zu sehr in das Gebiet der Taktik hineinführen, wohin dieser Gegenstand gehört, mit dessen Resultat wir es hier nur zu tun haben.
    [227] Wenn wir sagen: der besiegte Feldherr sieht den schlimmen Ausgang gewöhnlich schon geraume Zeit vorher, ehe er sich zum Aufgeben der Schlacht entschließt, so lassen wir auch Fälle entgegengesetzter Art zu, und würden ja sonst einen in sich widersprechenden Satz behaupten. Wäre mit jeder entschiedenen Richtung einer Schlacht diese als verloren zu betrachten, so müßten auch keine Kräfte zu ihrer Wendung mehr aufgeboten werden, und folglich würde diese entschiedene Richtung dem Augenblick des Abzugs nicht geraume Zeit vorhergehen können. Allerdings gibt es Fälle, wo eine Schlacht schon eine

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