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Vom Kriege

Vom Kriege

Titel: Vom Kriege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl von Clausewitz
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sich dies nicht schon von selbst verstände.
    Von der andern Seite kann aber jetzt einer, der ausweichen will und kann, nicht wohl zum Gefecht gezwungen werden. Da nun dem Angreifenden an den Vorteilen, welche er mit diesem Ausweichen erhält, oft nicht genügt, [224] und ein wirklicher Sieg ihm dringendes Bedürfnis wird, so werden zuweilen die wenigen Mittel, welche vorhanden sind, auch einen solchen Gegner zum Gefecht zu zwingen, oft mit einer besonderen Kunst gesucht und angewendet.
    Die hauptsächlichsten Wege hierzu sind: erstens das Umstellen des Gegners, um ihm den Rückzug unmöglich oder so schwer zu machen, daß er es vorzieht, das Gefecht anzunehmen, und zweitens das Überraschen desselben. Dieser letztere Weg, welcher früher in der Unbehilflichkeit aller Bewegungen seinen Grund hatte, ist in der neueren Zeit sehr unwirksam geworden. Bei der Biegsamkeit und Beweglichkeit der jetzigen Heere scheut man sich nicht, auch im Angesichte des Feindes seinen Rückzug anzutreten, und nur besonders nachteilige Verhältnisse der Gegend können hier bedeutende Schwierigkeiten hervorbringen.
    Ein Fall der Art möchte der der Schlacht von Neresheim sein, welche der Erzherzog Karl den 11. August 1796 in der rauhen Alb gegen Moreau lieferte, bloß in der Absicht, sich den Rückzug zu erleichtern, wiewohl wir gern gestehen, daß wir das Räsonnement des berühmten Feldherrn und Autors hier nie ganz verstanden haben.
    Die Schlacht von Roßbach liefert ein anderes Beispiel, insofern der Feldherr des verbündeten Heeres wirklich nicht die Absicht gehabt haben sollte, Friedrich den Großen anzugreifen.
    Von Soor sagt der König selbst, daß er die Schlacht nur angenommen habe, weil ihm der Rückzug im Angesicht des Feindes bedenklich geschienen; indessen führt doch der König auch noch andere Gründe für die Schlacht an.
    Im ganzen werden, die eigentlichen nächtlichen Überfälle ausgenommen, solche Fälle immer selten sein, und die, wo ein Gegner durch Umstellung zum Gefecht gezwungen worden ist, sich hauptsächlich nur bei einzelnen Korps, wie das Fincksche bei Maxen, zutragen.
Neuntes Kapitel: Die Hauptschlacht
    Ihre Entscheidung
    Was ist die Hauptschlacht? Ein Kampf der Hauptmacht, aber freilich nicht ein unbedeutender um einen Nebenzweck, nicht ein bloßer Versuch, den man aufgibt, sobald man frühzeitig gewahr wird, daß man seinen Zweck schwer erreichen wird, sondern ein Kampf mit ganzer Anstrengung um einen wirklichen Sieg.
    [225] Auch in einer Hauptschlacht können Nebenzwecke dem Hauptzweck beigemischt sein, und sie wird manchen besonderen Farbenton von den Verhältnissen annehmen, aus denen sie hervorgeht, denn auch eine Hauptschlacht hängt mit einem größeren Ganzen zusammen, von dem sie nur ein Teil ist; allein man muß, weil das Wesen des Krieges Kampf, und die Hauptschlacht der Kampf der Hauptmacht ist, diese immer als den eigentlichen Schwerpunkt des Krieges betrachten, und es ist daher im ganzen ihr unterscheidender Charakter, daß sie mehr als irgendein anderes Gefecht um ihrer selbst willen da ist.
    Dies hat Einfluß auf die Art ihrer Entscheidung, auf die Wirkung des in ihr erhaltenen Sieges, und bestimmt den Wert, welchen ihr die Theorie als Mittel zum Zweck beilegen muß. Wir machen sie daher zum Gegenstand unserer besonderen Betrachtung, und zwar hier, bevor wir noch der besonderen Zwecke gedenken, die mit ihr verbunden sein können, die aber ihren Charakter, sobald sie den Namen einer Hauptschlacht wirklich verdient, nicht wesentlich verändern.
    Ist eine Hauptschlacht hauptsächlich um ihrer selbst willen da, so müssen die Gründe ihrer Entscheidung in ihr selbst liegen, mit anderen Worten: es soll in ihr der Sieg solange gesucht werden, als noch eine Möglichkeit dazu vorhanden ist, und sie soll also nicht wegen einzelner Umstände, sondern einzig und allein aufgegeben werden, wenn die Kräfte als völlig unzureichend erscheinen.
    Wie läßt sich nun dieser Moment näher bezeichnen?
    Wenn, wie eine geraume Zeit in der neueren Kriegskunst, eine gewisse künstliche Ordnung und Zusammenfügung des Heeres die Hauptbedingung ist, unter welcher die Tapferkeit des Heeres sich den Sieg erringen kann, so ist die Zerstörung dieser Ordnung die Entscheidung. Ein geschlagener Flügel, der aus seinen Fugen weicht, entscheidet über den stehenden mit. Wenn, wie zu einer andern Zeit das Wesen der Verteidigung in einem engen Bündnis des Heeres mit dem Boden und seinen Hindernissen besteht, auf dem es ficht,

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