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Vom Kriege

Vom Kriege

Titel: Vom Kriege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl von Clausewitz
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untergeordnete Teile des Heeres und selten auf das Heer selbst, woraus denn folgt, daß der nächtliche Überfall auch in der Regel nur bei untergeordneten Gefechten und selten bei großen Schlachten vorkommen kann.
    Einen untergeordneten Teil des feindlichen Heeres können wir mit großer Überlegenheit angreifen, folglich umfassend, um ihn entweder ganz aufzuheben oder ihm in einem nachteiligen Gefechte große Verlust beizubringen, vorausgesetzt, daß die übrigen Umstände dazu günstig sind. Eine solche Absicht kann aber niemals ohne große Überraschung gelingen, weil in ein so nachteiliges Gefecht sich kein untergeordneter Teil des feindlichen Heeres einlassen, sondern ausweichen würde. Ein hoher Grad der Überraschung ist [252] aber, mit wenigen Ausnahmen sehr verdeckter Gegenden, nur bei Nacht zu erreichen. Wollen wir also von einer fehlerhaften Aufstellung einer untergeordneten feindlichen Streitkraft einen solchen Vorteil ziehen, so müssen wir uns der Nacht bedienen, wenigstens die vorläufigen Anordnungen zu vollbringen, wenn auch das Gefecht selbst erst gegen Morgen eröffnet werden sollte. So entstehen also alle die kleinen nächtlichen Unternehmungen gegen Vorposten und andere kleine Haufen, deren Pointe immer darin besteht, durch Überlegenheit und Umgehung den Feind unvermutet in ein so nachteiliges Gefecht zu verwickeln, daß er nicht ohne großen Verlust wegkommen kann.
    Je größer das angegriffene Korps ist, um so schwieriger ist das Unternehmen, weil ein stärkeres Korps mehr innere Hilfsmittel hat, sich auch eine Zeitlang nach hinten zu wehren, bis Hilfe kommt.
    Das feindliche Heer selbst kann aus diesem Grunde in gewöhnlichen Fällen gar nicht der Gegenstand eines solchen Angriffs sein, denn obgleich es von außen keine Hilfe zu erwarten hat, so hat es doch in sich selbst Hilfsmittel genug gegen einen Angriff von mehreren Seiten, zumal in unserer Zeit, wo jedermann auf diese so gewöhnliche Form des Angriffs von Hause aus eingerichtet ist. Ob uns der Feind von mehreren Seiten mit Erfolg anfallen könne, hängt gewöhnlich von ganz anderen Bedingungen ab, als davon, daß es unvermutet geschehe; ohne uns hier schon auf diese Bedingungen einzulassen, bleiben wir dabei stehen, daß mit dem Umgehen große Erfolge, aber auch große Gefahren verbunden sind, daß also, abgesehen von individuellen Umständen, nur eine große Überlegenheit, wie eben die ist, welche wir gegen einen untergeordneten Teil des feindlichen Heeres anwenden können, dazu berechtigt.
    Aber das Umfassen und Umgehen eines kleinen feindlichen Korps, und namentlich in der Dunkelheit der Nacht, ist auch schon um deswillen tunlicher, weil, was wir daransetzen, und wie überlegen es auch sein mag, doch wahrscheinlich nur einen untergeordneten Teil unseres Heeres ausmacht und man diesen schon eher auf das Spiel eines großen Wagnisses setzen kann als das Ganze. Außerdem dient gewöhnlich ein größerer Teil oder gar das Ganze diesem vorgewagten Teile zur Stütze und Aufnahme, welches die Gefahr des Unternehmens wieder vermindert.
    Aber nicht bloß die Wagnis, sondern auch die Schwierigkeiten der Ausführung beschränken die nächtlichen Unternehmungen auf kleinere Teile. Da das Überraschen der eigentliche Sinn davon ist, so ist auch das Durchschleichen die Hauptbedingung der Ausführung; dies ist aber leichter mit kleinen, als mit großen Haufen und für die Kolonnen eines ganzen Heeres selten ausführbar. Aus diesem Grunde treffen solche Unternehmungen auch meistens nur einzelne Vorposten und können gegen größere Korps nur angewendet werden, wenn diese ohne genügende Vorposten sind, wie Friedrich der Große bei Hochkirch. Beim Heere selbst wird dieser Fall wieder seltener vorkommen als bei untergeordneten Teilen.
    [253] In der neueren Zeit, wo der Krieg so viel rascher und kräftiger geführt worden ist, hat es allerdings infolgedessen auch öfter vorkommen müssen, daß die Heere einander sehr nahe gelagert und ohne ein starkes Vorpostensystem waren, weil beides sich immer in den Krisen zuträgt, die einer Entscheidung kurz voranzugehen pflegen. Allein in solchen Zeiten ist denn auch die Schlachtfertigkeit beider Teile größer; dagegen war es in früheren Kriegen häufiger Sitte, daß die Armeen ihr Lager, die eine im Angesicht der andern, auch dann nahmen, wenn sie eben nichts vorhatten, als einander im Zaum zu halten, und folglich auf längere Zeit. Wie oft hat Friedrich der Große wochenlang den Österreichern so nahe

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