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Vom Kriege

Vom Kriege

Titel: Vom Kriege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl von Clausewitz
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abgestohlen werden, und nur eins machte, daß man diesen beständigen Diebstahl ungestraft begehen durfte, nämlich, daß der Feind in eben diesem Banne lag.
    Als man daher in der letzten Hälfte des 18. Jahrhunderts auf die Idee kam, daß Reiterei wohl ebensogut die Flügel schützen könne, wenn sie hinter der Armee, als in ihrer Verlängerung stände, daß sie überdem wohl noch zu manchem andern gebraucht werden könne, als sich mit der feindlichen allein zu duellieren, da hatte man schon deswegen einen großen Schritt vorwärts getan, weil nun die Armee in ihrer Hauptausdehnung, welches immer die Breite ihrer Aufstellung ist, aus lauter homogenen Gliedern bestand, so daß man sie in eine beliebige Anzahl Stücke zerlegen konnte und lauter Stücke erhielt, die sich untereinander und dem Ganzen ähnlich waren. Damit nun hörte sie auf, ein einziges Stück zu sein und wurde ein viel gegliedertes Ganze, folglich biegsam und gelenkig. Die Teile konnten vom Ganzen ohne Umstände getrennt und wieder an dasselbe angereiht werden, es blieb immer dieselbe Schlachtordnung. - So entstanden die Korps von allen Waffen, d. h. so wurden sie möglich, denn das Bedürfnis dazu war wohl viel früher gefühlt worden.
    Daß dies alles von der Schlacht ausgeht, ist sehr natürlich. Die Schlacht war sonst der ganze Krieg und wird immer das Hauptstück desselben bleiben; außerdem aber gehört die Schlachtordnung überhaupt mehr der Taktik als der Strategie an, und wir haben durch diese Herleitung nur zeigen wollen, wie schon die Taktik durch die Anordnung des Ganzen in kleinere Ganze der Strategie vorgearbeitet hat.
    Je größer die Heere geworden, je mehr sie auf weiten Räumen verteilt sind, je mannigfaltiger die Wirksamkeiten der einzelnen Teile ineinander greifen, um so mehr Raum gewann die Strategie, und so hat denn auch die Schlachtordnung in dem Sinn unserer Definition mit der Strategie in eine Art Wechselwirkung treten müssen, die sich hauptsächlich an den Endpunkten zeigt, wo Taktik und Strategie sich berühren, nämlich in den Momenten, wo die allgemeine Verteilung der Streitkräfte in die besonderen Anordnungen des Gefechtes übergeht.
    Wir wenden uns nun zu den drei Punkten der Einteilung, Waffenverbindung und Aufstellung unter dem strategischen Gesichtspunkt.
    [272] Einteilung
    In strategischer Hinsicht sollte man niemals fragen, wie stark eine Division oder ein Korps sein, sondern wieviel Korps oder Divisionen eine Armee haben müsse. Es gibt nichts Ungeschickteres als eine Armee, die in drei Teile geteilt ist, es sei denn eine, die gar nur in zwei geteilt wäre, wobei der Oberfeldherr fast neutralisiert sein muß.
    Die Stärke der großen und kleinen Korps, sei es aus Gründen der Elementartaktik oder der höheren, zu bestimmen, läßt der Willkür ein unglaublich weites Feld, und der Himmel weiß, welche Räsonnements schon mit diesem Spielraum gespielt haben. Dagegen ist das Bedürfnis einer gewissen Anzahl Teile für ein selbständiges Ganze eine ebenso klare als bestimmte Sache, und dieser Gedanke gibt daher für die größeren Abteilungen echt strategische Bestimmungsgründe ihrer Anzahl, folglich ihrer Stärke, während die kleinen, wie Kompagnien, Bataillone usw., der Taktik überlassen bleiben.
    Das kleinste isoliert stehende Ganze läßt sich kaum denken, ohne daß man drei Teile an ihm unterscheide, damit ein Teil vorgeschoben und einer zurückgestellt wirken kann; daß vier noch bequemer sind, ergibt sich schon, wenn man bedenkt, daß der mittelste Teil als die Hauptmacht doch stärker sein muß als jeder der beiden andern; so kann man vorschreiten bis zu acht, welches uns die passendste Zahl für eine Armee scheint, wenn man als konstantes Bedürfnis annimmt einen Teil zur Avantgarde, drei bei der Hauptmacht, nämlich als rechter Flügel, Mitte und linker Flügel, zwei zum Rückhalt, einen zum Entsenden rechts und einen zum Entsenden links. Ohne pedantisch auf diese Zahlen und Figuren einen großen Wert zu legen, glauben wir allerdings, daß sie die gewöhnlichste immer wiederkehrende strategische Aufstellung ausdrücken und deswegen eine bequeme Einteilung abgeben.
    Freilich scheint es die Armeeführung (und die Führung jedes Ganzen) ungemein zu erleichtern, nicht mehr als drei oder vier Männern zu befehlen, allein diese Bequemlichkeit büßt der Feldherr auf eine doppelte Art sehr teuer. Erstlich geht von der Schnelligkeit, Kraft und Präzision des Befehls um so mehr verloren, je länger die

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