Vom Kriege
außerordentlich sein würde.
Von der andern Seite haben die Bewegungen der neueren Heere eben wegen der veränderten Verpflegungsart wieder ein aufhaltendes Prinzip bekommen. Müssen die Truppen sich ihren Bedarf zum Teil selbst beschaffen, welches oft vorkommt, so brauchen sie dazu mehr Zeit, als zum bloßen Empfang des auf Brotwagen vorrätigen Brotes nötig gewesen wäre. Außerdem kann man die Truppen bei länger dauernden Zügen nicht in so großen Massen auf einem Fleck lagern lassen, sondern man muß die Divisionen voneinander trennen, um leichter für sie Rat zu schaffen; endlich fehlt es auch selten, daß ein Teil des Heeres, namentlich die Reiterei, in Quartiere verlegt wird. Alles dieses verursacht im ganzen einen merklichen Aufenthalt. Wir finden daher, daß Bonaparte 1806, als er das preußische Heer verfolgte und abschneiden wollte, und Blücher 1815, als er dieselbe Absicht mit dem französischen hatte, beide nur etwa 30 Meilen in 10 Tagen zurückgelegt haben, eine Geschwindigkeit, die auch Friedrich der Große seinen Märschen aus Sachsen nach Schlesien und zurück trotz allem Troß, welchen er dabei mit sich führte, zu geben wußte.
Indessen haben die Beweglichkeit und Handlichkeit, wenn wir uns so ausdrücken dürfen, der großen und kleinen Heeresteile auf dem Kriegsschauplatz durch die Verminderung des Trosses doch merklich gewonnen. Teils hat man bei gleicher Anzahl der Reiterei und des Geschützes weniger Pferde, ist also wegen des Futters nicht so oft in Sorgen, teils ist man in seinen Stellungen weniger befangen, weil man nicht immer auf einen lang nachziehenden Schweif des Trosses Rücksicht zu nehmen braucht.
[302] Märsche, wie sie Friedrich der Große nach der Aufhebung der Belagerung von Olmütz 1758 sie machte mit 4000 Fuhrwerken, zu deren Deckung die halbe Armee in einzelnen Bataillonen und Zügen aufgelöst wurde, dürften jetzt, auch den furchtsamsten Gegner gegenüber, nicht mehr gelingen.
Auf langen Reisemärschen, vom Tajo bis an den Njemen, ist freilich jene Erleichterung des Heeres fühlbarer; denn wenn auch wegen des übrigen Fuhrwerkes das gewöhnliche Maß des Tagesmarsches dasselbe bleibt, so kann doch in dringenden Fällen mit geringeren Opfern davon abgewichen werden.
Überhaupt liegt in der Verminderung des Trosses mehr eine Ersparung von Kräften als eine Beschleunigung der Bewegungen.
Zwölftes Kapitel: Fortsetzung
Wir haben jetzt den zerstörenden Einfluß zu betrachten, welchen die Märsche auf die Streitkraft üben. Er ist so groß, daß man ihn als ein eigenes tätiges Prinzip neben dem Gefecht aufstellen möchte.
Ein einzelner mäßiger Marsch nutzt das Instrument nicht ab, aber eine Reihe von mäßigen tut es schon und eine Reihe von schwierigen natürlich viel mehr.
Auf der Kriegsbühne selbst sind Mangel an Verpflegung und Unterkommen, schlechte, ausgefahrene Wege und die Notwendigkeit beständiger Schlachtfertigkeit die Ursachen der unverhältnismäßigen Kraftanstrengungen, durch welche Menschen, Vieh, Fuhrwerk und Bekleidung zugrunde gerichtet werden.
Man ist gewohnt, zu sagen, daß eine lange Ruhe dem physischen Wohl eines Heeres nicht tauge, daß in demselben mehr Krankheiten entständen, als bei mäßiger Tätigkeit. Allerdings können und werden Krankheiten entstehen, wenn der Soldat in engen Quartieren aufeinandergepackt ist, aber diese werden auch entstehen, wenn dies Marschquartiere sind, und niemals kann Mangel an Luft und Bewegung die Ursache solcher Krankheiten sein, da man beides durch Übungen so leicht geben kann.
Man überlege nur, welchen Unterschied es in dem gestörten und schwankenden Organismus eines Menschen macht, ob er auf offener Landstraße in Kot, Schlamm und Regen unter der Last seines Gepäckes oder im Zimmer erkrankt; selbst aus dem Lager wird er bald nach dem nächsten Ort zu schaffen [303] und nicht ganz ohne ärztliche Hilfe sein, während er auf dem Marsch erst stundenlang am Wege ohne irgendeine Unterstützung liegen bleibt und sich dann meilenweit als Nachzügler fortschleppt. Wieviel leichte Krankheiten werden dadurch zu schweren, wieviel schwere zu tödlichen! Man überlege, wie im Staub und dem brennenden Sonnenstrahl des Sommers selbst ein mäßiger Marsch die furchtbarste Erhitzung verursachen kann, in welcher dann, vom glühendsten Durst gepeinigt, der Soldat zum frischen Quell stürzt, um sich Krankheit und Tod zu holen.
Es kann mit dieser Betrachtung nicht unsere Absicht sein, die Tätigkeit im Kriege
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