Vom Kriege
Heeres fast von selbst, wenigstens ohne große Entwürfe. Wie die Schlachten sonst durch das bloße Kommandowort geleitet wurden, die Märsche aber langer Entwürfe bedurften, so bedürfen jetzt die Schlachtordnungen der letzteren, und für den Marsch genügt fast das bloße Kommandowort.
Bekanntlich unterscheiden sich alle Märsche in senkrechte und parallele. Die letzteren, auch Flankenmärsche genannt, verändern die geometrische Lage der Teile; was in der Aufstellung nebeneinander war, wird auf dem Marsch hintereinander sein und umgekehrt. Ob nun gleich alle innerhalb des rechten Winkels liegenden Grade ebensogut als Richtung des Marsches vorkommen können, [297] so muß doch die Ordnung derselben entschieden von der einen oder der andern Art sein.
Nur der Taktik wäre es möglich, diese geometrische Veränderung vollkommen durchzuführen, und dieser auch nur, wenn sie sich des sogenannten Rottenmarsches bediente, welches für große Massen unmöglich ist. Noch viel weniger kann es die Strategie. Die Teile, welche ihre geometrischen Verhältnisse wechseln, beziehen sich bei der ehemaligen Schlachtordnung nur auf Flügel und Treffen, bei der neueren Schlachtordnung gewöhnlich auf die Glieder der ersten Ordnung: Korps, Divisionen oder auch Brigaden, je nachdem das Ganze eingeteilt ist. Allein auch hierauf haben die aus der neueren Schlachtordnung oben gezogenen Folgerungen Einfluß; da es nicht mehr so nötig ist wie sonst, daß das Ganze zusammen ist, ehe gehandelt werde, so trägt man mehr Sorge, daß dasjenige, was zusammen ist, ein Ganzes sei. Wenn 2 Divisionen so aufgestellt wären, daß die eine hinter der andern als Reserve sich befände, und diese auf zwei Wegen gegen den Feind vorrücken sollte, so würde niemand auf den Gedanken kommen, jede der beiden Divisionen in die beiden Wege zu teilen, sondern man würde unbedenklich jeder Division einen Weg geben, sie also nebeneinander marschieren und jeden der Divisionsgenerale dafür sorgen lassen, im Fall eines Gefechts sich seine Reserve selbst zu bilden. Die Einheit des Befehls ist viel wichtiger als das ursprüngliche geometrische Verhältnis; kommen die Divisionen ohne Gefecht in der bestimmten Stellung an, so können sie ihr voriges Verhältnis wieder einnehmen. Noch weniger wird man, wenn zwei nebeneinanderstehende Divisionen einen Parallelmarsch auf zwei Wegen machen sollen, auf den Gedanken kommen, die hinteren Treffen oder Reserve jeder Division auf dem hinteren Wege ziehen zu lassen, sondern man wird jeder der Divisionen einen der beiden Wege anweisen und also während des Zuges die eine als die Reserve der anderen betrachten. Wenn ein Heer von 4 Divisionen, davon 3 in der Front, die vierte als Reserve aufgestellt wären, gegen den Feind in dieser Ordnung vorrücken soll, so ist es natürlich, jeder der 3 Frontdivisionen einen eigenen Weg anzuweisen und die Reserve der mittelsten folgen zu lassen. Finden sich aber diese drei Wege nicht auf passenden Entfernungen, so würde man unbedenklich auch in zwei Wegen vorrücken können, ohne daß daraus ein merklicher Nachteil entspringen könnte.
Ebenso ist es bei dem umgekehrten Fall der Parallelmärsche.
Ein anderer Punkt ist der Rechts- und Linksabmarsch der Kolonnen. Bei Parallelmärschen ergibt er sich von selbst. Niemand wird rechts abmarschieren, um sich nach der linken Seite hin zu bewegen. Beim Marsch vor- und rückwärts sollte sich die Marschordnung eigentlich nach der Lage des Weges gegen die Linie des künftigen Aufmarsches richten. In der Taktik wird dies auch in vielen Fällen geschehen können, weil ihr Raum kleiner und also die geometrischen Verhältnisse leichter zu übersehen sind. In der Strategie ist dies ganz unmöglich, und wenn wir dennoch hin und wieder aus der [298] Taktik eine gewisse Analogie haben überführen sehen, so war es reine Pedanterie. Obgleich früher die ganze Marschordnung eine rein taktische Sache war, weil das Heer auch im Marsch ein ungeteiltes Ganzes blieb und nur ein Totalgefecht vorstellte, so konnte doch Schwerin z. B., als er den 5. Mai aus der Gegend von Brandeis abmarschierte, nicht wissen, ob ihm sein künftiges Schlachtfeld rechts oder links liegen würde, daher der berühmte Kontremarsch gemacht werden mußte.
Wenn ein Heer der alten Schlachtordnung in 4 Kolonnen gegen den Feind vorrückte, so machten die beiden Kavallerieflügel des ersten und zweiten Treffens die beiden äußern, die Infanterieflügel beider Treffen die beiden mittleren Kolonnen.
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