Vom Kriege
auf eine mehr oder weniger geringe Zahl von Zugängen beschränkt ist, die auf ziemlich schmalen Dämmen liegen und gewöhnlich noch rechts und links einen Wassergraben haben, also eine unendlich lange ängstliche Straßenenge bilden;
2. daß jede Verteidigungsanstalt auf einem solchen Damm außerordentlich leicht bis zum Unüberwindlichen verstärkt werden kann;
3. daß aber der Verteidiger, eben weil er so eingeschränkt ist, auch, was den einzelnen Punkt betrifft, bei der passivsten Verteidigung stehenbleibt, und folglich sein ganzes Heil von dem passiven Widerstand erwarten muß;
4. daß von einer einzelnen Verteidigungslinie, die wie eine einfache Barriere das Land schließt, nicht die Rede ist, sondern daß, weil man überall dasselbe Hindernis des Zugangs zum Schutz seiner Flanken hat, man auch unaufhörlich neue Posten anlegen und ein verlorengegangenes Stück der ersten Verteidigungslinie auf diese Weise durch ein neues ersetzen kann. Man möchte sagen, die Zahl der Kombinationen sei hier wie auf dem Schachbrett unerschöpflich;
5. Weil aber dieser ganze Zustand eines Landes nur bei der Voraussetzung einer sehr großen Kultur und Bevölkerung denkbar ist, so folgt von [442] selbst, daß die Zahl der Durchgänge und folglich die Zahl der Posten, welche sie schließen, im Verhältnis zu andern strategischen Aufstellungen, sehr groß sein wird; woraus dann wieder folgt, daß eine solche Verteidigungslinie nicht lang sein darf.
Die holländische hauptsächlichste Linie geht von Naarden am Zuidersee, größtenteils hinter der Vechte bis Gorkum an der Waal, d. h. eigentlich an den Biesbosch und hat eine Ausdehnung von etwa 8 Meilen. Zur Verteidigung dieser Linie ist 1672 und 1787 eine Macht von 25000 bis 30000 Mann verwendet worden. Könnte man mit Sicherheit auf einen unüberwindlichen Widerstand rechnen, so wäre das Resultat allerdings ein sehr großes, wenigstens für die dahinterliegende Provinz Holland. Im Jahre 1672 widerstand die Linie wirklich einer beträchtlichen Übermacht unter großen Feldherren, nämlich anfangs Condé und nachher Luxemburg, die wohl 40000 bis 50000 dagegen hätten führen können, und die doch mit Gewalt nichts unternehmen, sondern den Winter abwarten wollten, der aber nicht strenge genug war. Dagegen war im Jahre 1787 der Widerstand in dieser ersten Linie völlig nichtig, und selbst der in einer viel kürzern zwischen dem Zuidersee und Haarlemer Meer, obgleich etwas ernstlicher, wurde durch die bloße Wirkung einer sehr künstlichen, auf die Lokalität genau berechneten taktischen Disposition des Herzogs von Braunschweig an einem Tage überwunden, obgleich die Streitkraft der Preußen, welche wirklich gegen diese Linien anrückte, den Verteidigern wenig oder gar nicht überlegen war.
Der verschiedene Erfolg in den beiden Verteidigungen lag in der Verschiedenheit des Oberbefehls. Im Jahr 1672 wurden die Holländer von Ludwig XIV. in ihren Friedenseinrichtungen überfallen, in denen, was die Landmacht betraf, bekanntlich kein sehr kriegerischer Geist lebte. Daher war der größte Teil der Festungen mit allen Ausrüstungsgegenständen schlecht versorgt, mit schwachen Besatzungen gemieteter Truppen besetzt, entweder von treulosen Ausländern oder von unfähigen Eingeborenen als Kommandanten verteidigt. Daher fielen die von den Holländern am Rhein besetzten brandenburgischen Festungen, sowie alle ihre eigenen der obigen Verteidigungslinie östlich gelegenen Plätze, mit Ausnahme von Gröningen den Franzosen sehr bald und meistens ohne wahre Verteidigung in die Hände. Und in der Eroberung dieser großen Zahl von Festungen bestand dann die Haupttätigkeit der 150000 Mann starken französischen Armee.
Als aber, durch die im August 1672 eingetretene Ermordung der Gebrüder De Witt, der Prinz von Oranien an die Spitze der Gewalt kam und Einheit in die Verteidigungsmaßregeln brachte: da war es eben noch Zeit, die obige Verteidigungslinie zu schließen, und nun griffen alle Maßregeln so gut ineinander, daß weder Condé noch Luxemburg, der nach dem Abmarsch der beiden Armeen unter Turenne und unter Ludwig XIV. [443] die in Holland zurückgebliebene anführte, etwas gegen die einzelnen Posten zu unternehmen wagten.
Im Jahr 1787 waren die Verhältnisse ganz anders. Es war nicht die Republik der vereinigten sieben Provinzen, sondern eigentlich nur die Provinz Holland, welche den eigentlichen Feind des Angreifenden ausmachte und den Hauptwiderstand tun sollte. Von der Eroberung aller
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