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Vom Kriege

Vom Kriege

Titel: Vom Kriege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl von Clausewitz
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vorläufig genommenen Stellung.
    Endlich sind die beiden ersten Verteidigungsarten sehr geeignet, einer Vorposten- oder andern Verteidigungslinie, für irgendeinen untergeordneten Zweck aufgestellt (Kordon), oder auch einem zur bloßen Beobachtung aufgestellten Nebenkorps eine viel größere und sicherere Stärke zu gewähren, als es ohne den Fluß haben würde. In allen diesen Fällen kann nur von einem relativen Widerstand die Rede sein, und dieser wird natürlich durch einen solchen Bodeneinschnitt beträchtlich gesteigert. Hierbei muß man indessen nicht bloß an die verhältnismäßig beträchtliche Zeit denken, die der Widerstand im Gefecht selbst dauert, sondern an das viele Bedenken, was jeder Unternehmung dagegen vorhergeht und wodurch sie bei nicht dringenden Veranlassungen unter hundert Malen neunundneunzig Mal unterbleibt.

Neunzehntes Kapitel: Fortsetzung
    Wir haben jetzt noch etwas über die Wirksamkeit zu sagen, welche Ströme und Flüsse in der Landesverteidigung haben, wenn sie auch nicht selbst verteidigt werden.
    Jeder bedeutende Fluß mit seinem Haupttal und seinen Nebentälern bildet ein sehr beträchtliches Bodenhindernis, und wird also dadurch der [437] Verteidigung im allgemeinen vorteilhaft; sein eigentümlicher Einfluß aber läßt sich in seinen Hauptbeziehungen näher angeben.
    Zuerst müssen wir unterscheiden, ob er der Grenze, d. h. der allgemeinen strategischen Front, parallel fließt oder schief oder senkrecht gegen dieselbe. Bei dem Parallellauf müssen wir den Fall unterscheiden, wo ihn das eigene Heer, von dem, wo ihn der Angreifende hinter sich hat, und in beiden Fällen wieder die Entfernung, in welcher sich das Heer von ihm befindet.
    Ein Verteidigungsheer, welches einen bedeutenden Fluß nahe, doch nicht unter einem gewöhnlichen Marsch hinter sich hat, und an diesem Fluß eine hinreichende Menge gesicherter Übergangspunkte, ist unstreitig in einer viel stärkern Lage, als es ohne den Fluß sein würde; denn wenn es durch die Rücksicht auf die Übergangspunkte in allen seinen Bewegungen etwas an Freiheit verliert, so gewinnt es viel mehr durch die Sicherheit seines strategischen Rückens, d. h. hauptsächlich seiner Verbindungslinien. Wohlverstanden, daß wir hierbei die Verteidigung im eigenen Lande denken, denn im feindlichen würden wir, wenn auch die feindliche Armee vor uns steht, doch immer mehr oder weniger den Feind auch hinter uns jenseits des Flusses zu befürchten haben, und dann würde der Fluß durch den Straßenzwang, welchen er verursacht, mehr nachteilig als vorteilhaft auf unsere Lage wirken. Je weiter der Fluß sich hinter dem Heere befindet, um so weniger wird er ihm nützlich werden, und bei gewissen Entfernungen wird sein Einfluß ganz Null sein.
    Muß das eingreifende Heer in seinem Vorrücken einen Fluß hinter sich nehmen, so wird er nur nachteilig auf seine Bewegungen wirken können, denn er schränkt seine Verbindungslinien auf einzelne Übergangspunkte ein. Prinz Heinrich im Jahr 1760 hatte, als er bei Breslau auf dem rechten Oderufer den Russen entgegentrat, durch die auf einen Marsch hinter ihm fließende Oder offenbar einen Stützpunkt; dagegen waren die später über die Oder gegangenen Russen unter Czernitschef in einer sehr unbequemen Lage, eben durch die Gefahr, bei der einzigen Brücke ihren Rückzug zu verlieren.
    Geht aber ein Fluß mehr oder weniger senkrecht durch das Kriegstheater, so ist der Vorteil davon wieder auf der Seite des Verteidigers, denn erstlich gibt es gewöhnlich eine Anzahl guter Aufstellungen durch Anlehnung an den Fluß und Benutzung der einfallenden Transversaltäler als Frontverstärkungen (wie die Elbe im Siebenjährigen Kriege für die Preußen); zweitens wird der Angreifende entweder die eine der beiden Seiten intakt lassen müssen, oder sich teilen; und bei dieser Teilung kann es nicht fehlen, daß der Verteidiger wieder im Vorteil ist, weil er mehr gesicherte Übergänge besitzen wird als der Angreifende. Man darf nur einen Gesamtblick auf den Siebenjährigen Krieg werfen, um sich zu überzeugen, daß die Oder und Elbe Friedrich dem Großen bei der Verteidigung seines Kriegstheaters, nämlich Schlesiens, Sachsens und der Mark, sehr nützlich, [438] und folglich den Österreichern und Russen bei der Eroberung dieser Provinzen sehr hinderlich gewesen sind, obgleich eine eigentliche Verteidigung dieser Flüsse im ganzen Siebenjährigen Kriege nicht einmal vorkommt, und ihr Lauf in den meisten Beziehungen zum Feinde

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