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Vom Kriege

Vom Kriege

Titel: Vom Kriege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl von Clausewitz
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der Festungen, die im Jahr 1672 die Hauptsache ausmachte, war also nicht die Rede, die Verteidigung beschränkte sich sogleich auf die oben gedachte Linie. Der Angreifende hatte aber auch nicht 15000 sondern nur 25000 Mann, und war kein mächtiger König eines benachbarten großen Reichs, sondern der abgeordnete Feldherr eines sehr entfernten, in manchen Rücksichten gebundenen Fürsten. Das Volk war zwar überall, auch in Holland, in zwei Parteien geteilt, aber die republikanische in Holland entschieden vorherrschend und dabei in einer wahrhaft enthusiastischen Spannung. Unter diesen Umständen hätte allerdings der Widerstand im Jahr 1787 wenigstens ein ebenso gutes Resultat liefern sollen als der von 1672. Aber es bestand ein wichtiger Unterschied zum Nachteil des Jahres 1787, es fehlte die Einheit des Befehls. Was 1672 der verständigen, klugen, kräftigen Leitung Wilhelms von Oranien übergeben war, wurde 1787 einer sogenannten Defenskommission anvertraut, die, ob sie gleich aus vier kräftigen Männern bestand, doch nicht imstande war, in das ganze Werk eine solche Einheit der Maßregeln und in die einzelnen Menschen ein solches Vertrauen zu bringen, daß sich nicht das ganze Instrument im Gebrauch unvollkommen und untüchtig gezeigt hätte.
    Wir sind hierbei einen Augenblick verweilt, um der Vorstellung von dieser Verteidigungsmaßregel etwas mehr Bestimmtheit zu geben und zugleich zu zeigen, wie verschieden die Wirkungen sind, je nachdem in der Leitung des Ganzen mehr oder weniger Einheit und Folge ist.
    Obgleich die Einrichtung und Widerstandsart einer solchen Verteidigungslinie ein Gegenstand der Taktik ist, so können wir doch nicht unterlassen, in Beziehung auf die letztere, welche der Strategie schon näher liegt, uns eine Bemerkung zu erlauben, welche uns der Feldzug von 1787 an die Hand gegeben hat. Wir glauben nämlich, daß, so passiv die Verteidigung auf den einzelnen Posten, nach der Natur der Dinge, sein muß, doch eine offensive Gegenwirkung von irgendeinem Punkt der ganzen Linie aus nicht unmöglich und nicht ohne guten Erfolg sein wird, wenn der Gegner, wie 1787 der Fall war, nicht merklich überlegen ist. Denn obgleich ein solcher Ausfall auch nur auf Dämmen geschehen kann, und da er allerdings auch keine große Freiheit der Bewegung und keine sonderliche Stoßkraft haben wird: so wird doch der Angreifende nicht imstande sein, alle die Dämme und Wege, auf denen er nicht selbst vorgeht, zu besetzen, und da dürfte es für den Verteidiger, der das Land kennt und im Besitz der festen Punkte ist, immer noch Mittel geben, um auf diese Weise entweder einen [444] wirklichen Seitenanfall gegen die vorgehenden Angriffskolonnen auszuführen oder ihnen die Verbindung mit ihren Vorräten abzuschneiden. Wenn man aber bedenkt, in welcher unendlich gezwungenen Lage sich der Vorgehende selbst befindet, daß er namentlich von seinen Verbindungen abhängiger ist als in allen andern Fällen: so wird man wohl begreifen, daß jeder Ausfall des Verteidigers, der nur eine entfernte Möglichkeit des Erfolgs für sich hat, schon als Demonstration von einer großen Wirksamkeit sein muß. Wir sind sehr zweifelhaft, ob der vorsichtige und behutsame Herzog von Braunschweig, wenn die Holländer eine einzige solche Demonstration, z. B. von Utrecht aus, gemacht hätten, es gewagt haben würde, sich Amsterdam zu nähern.
Einundzwanzigstes Kapitel: Verteidigung von Wäldern
    Man muß vor allem dichte, unwegsame, wild verwachsene Wälder unterscheiden von kultivierten ausgebreiteten Holzungen, die teils ganz licht sind, teils von einer Unzahl von Wegen durchschnitten werden.
    Die letzteren soll man, sobald von einer Verteidigungslinie die Rede ist, entweder im Rücken nehmen oder sie aufs äußerste vermeiden. Der Verteidiger hat mehr als der Angreifende das Bedürfnis, frei um sich zu sehen, teils, weil er in der Regel der Schwächere ist, teils, weil ihn die natürlichen Vorteile seiner Lage veranlassen, seinen Plan später zu entwickeln als der Angreifende. Wollte er eine Waldgegend vor sich nehmen, so würde er, ein Blinder, mit einem Sehenden, kämpfen. Stellte er sich mitten in den Wald hinein, so wären freilich beide blind, aber diese Gleichheit ist eben gegen sein natürliches Bedürfnis gerichtet.
    Eine solche Waldgegend kann also mit den Gefechten des Verteidigers in gar keine vorteilhafte Beziehung gebracht werden, ausgenommen die, daß er sie in seinen Rücken nimmt und sowohl alles, was hinter ihm vorgeht, dem

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