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Vom Kriege

Vom Kriege

Titel: Vom Kriege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl von Clausewitz
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Bewegung bilden, von welchem das Ganze abhängt, und auf diesen Schwerpunkt des Gegners muß der gesammelte Stoß aller Kräfte gerichtet sein.
    Das Kleine hängt stets vom Großen ab, das Unwichtige von dem Wichtigen, das Zufällige von dem Wesentlichen. Dies muß unsern Blick leiten.
    Alexander, Gustav Adolf, Karl XII., Friedrich der Große hatten ihren Schwerpunkt in ihrem Heer, wäre dies zertrümmert worden, so würden sie ihre Rolle schlecht ausgespielt haben; bei Staaten, die durch innere Parteiungen zerrissen sind, liegt er meistens in der Hauptstadt; bei kleinen [595] Staaten, die sich an mächtige stützen, liegt er im Heer dieser Bundesgenossen; bei Bündnissen liegt er in der Einheit des Interesses; bei Volksbewaffnung in der Person der Hauptführer und in der öffentlichen Meinung. Gegen diese Dinge muß der Stoß gerichtet sein. Hat der Gegner dadurch das Gleichgewicht verloren, so muß ihm keine Zeit gelassen werden, es wieder zu gewinnen; der Stoß muß immer in dieser Richtung fortgesetzt werden, oder mit andern Worten, der Sieger muß ihn immer ganz und das Ganze nicht gegen einen Teil des Gegners richten. Nicht, indem man mit gemütlicher Ruhe und Übermacht eine feindliche Provinz erobert und den mehr gesicherten Besitz dieser kleinen Eroberung großen Erfolgen vorzieht, sondern indem man den Kern der feindlichen Macht immer wieder aufsucht, das Ganze daransetzt, um das Ganze zu gewinnen, wird man den Gegner wirklich zu Boden werfen.
    Was aber such das Hauptverhältnis des Gegners sein mag, wogegen unsere Wirksamkeit zu richten ist, so bleibt doch die Besiegung und Zerstörung seiner Streitkraft der sicherste Anfang und in allen Fällen ein sehr wesentliches Stück.
    Wir glauben daher, daß nach der Masse der Erfahrungen folgende Umstände die Niederwerfung des Gegners hauptsächlich ausmachen:
    1. Zertrümmerung seines Heeres, wenn es einigermaßen eine Potenz bildet.
    2. Einnahme der feindlichen Hauptstadt, wenn sie nicht bloß der Mittelpunkt der Staatsgewalten, sondern auch der Sitz politischer Körper und Parteiungen ist.
    3. Ein wirksamer Stoß gegen den hauptsächlichsten Bundesgenossen, wenn dieser an sich bedeutender ist als der Gegner.
    Wir haben uns bis jetzt den Gegner im Kriege immer als Einheit gedacht, welches für die allgemeinsten Beziehungen zulässig war. Aber nachdem wir gesagt haben, daß die Niederwerfung des Gegners in der Überwindung seines im Schwerpunkt vereinigten Widerstandes liegt, müssen wir diese Voraussetzung verlassen und den Fall unterscheiden, wo wir es mit mehr als einem Gegner zu tun haben.
    Wenn sich zwei oder mehrere Staaten gegen einen dritten verbinden, so bildet das, politisch genommen, nur einen Krieg; indessen hat auch diese politische Einheit ihre Grade.
    Die Frage ist: ob jeder Staat ein selbständiges Interesse und eine selbständige Kraft, dasselbe zu verfolgen, besitzt, oder ob sich die Interessen und die Kräfte der übrigen nur an das Interesse und die Kraft des einen unter ihnen anlehnen? Je mehr dies letztere der Fall ist, um so leichter lassen sich die verschiedenen Gegner für uns als ein einziger betrachten, um so eher können wir unsere Hauptunternehmung zu einem Hauptstoß vereinfachen; und solange dies irgend möglich ist, bleibt es das durchgreifendste Mittel zum Erfolg.
    [596] Wir würden also den Grundsatz aufstellen, daß, solange wir imstande sind, die übrigen Gegner in einem zu besiegen, die Niederwerfung dieses einen das Ziel des Krieges sein muß, weil wir in diesem einen den gemeinschaftlichen Schwerpunkt des ganzen Krieges treffen.
    Es gibt sehr wenig Fälle, wo diese Vorstellungsart nicht zulässig, wo diese Reduktion mehrerer Schwerpunkte auf einen ohne Realität wäre. Wo dies aber nicht ist, bleibt freilich nichts übrig, als den Krieg wie zwei oder mehrere zu betrachten, wovon jeder sein eigenes Ziel hat. Da dieser Fall die Selbständigkeit mehrerer Feinde, folglich die große Überlegenheit aller voraussetzt, so wird darin von Niederwerfung des Gegners überhaupt nicht die Rede sein können.
    Wir wenden uns nun bestimmter zu der Frage, wann ein solches Ziel möglich und ratsam ist.
    Zuerst muß unsere Streitkraft hinreichend sein:
    1. Einen entscheidenden Sieg über die feindliche zu erhalten.
    2. Den Kraftaufwand zu machen, welcher nötig ist, wenn wir den Sieg bis auf den Punkt verfolgen, wo die Herstellung des Gleichgewichts nicht mehr denkbar ist.
    Sodann müssen wir nach unserer politischen Lage sicher sein, durch

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