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Vom Mondlicht berührt

Titel: Vom Mondlicht berührt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amy Plum
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–, »hätte ich genauso gut tot sein können.«
    »Es ist eine sonderbare Entscheidung für ein so reizendes, lebhaftes Mädchen, seine freie Zeit mit Untoten verbringen zu wollen.«
    Manchmal klang sie wirklich wie eine betagte Dame. »Ich fühle mich hier akzeptiert«, antwortete ich schlicht.
    Sie hob eine ihrer makellos geformten Augenbrauen, nickte und nahm meine Hand, um sie zu drücken. Eine solidarische Geste. Mädchensolidarität in einem Haus voller Männer.
    »Sind alle versammelt?« Jean-Baptiste schritt zu seinem Platz vorm Feuer und sah sich unter den Anwesenden um. »Gut«, sagte er.
    Jemand berührte meine Schulter und ich drehte mich um. Es war Vincent, der sich hinter meinen Sessel gestellt hatte. Er zwinkerte mir zu und schenkte dann Jean-Baptiste seine volle Aufmerksamkeit.
    »Wie wir alle wissen, hat es seit Luciens Tod keinerlei Aktivität mehr vonseiten der Numa gegeben. Es scheint, als wären sie verschwunden. Doch warum? Worauf warten sie?«
    »Darf ich?«, fragte Gaspard, hob einen leicht zitternden Zeigefinger und wandte sich an uns. »Sie waren nie sehr diszipliniert. Obwohl Lucien ihr Anführer war, konnte auch er gelegentliche Alleingänge nicht unterbinden. Dennoch glauben wir, dass die Numa einen neuen Anführer haben. Einen Anführer, der sie vollständig unter Kontrolle hat. Anders lässt sich ihr derzeitiges Verhalten nicht erklären. Und Violette hat diese Vermutung bestätigt.« Er machte mit der Hand eine Geste in ihre Richtung, als würde er ein Mikro an sie weiterreichen.
    »›Bestätigt‹ erscheint mir ein wenig übertrieben«, widersprach Violette. »Jedoch sind mir entsprechende Gerüchte zu Ohren gekommen. Meine Informanten erwähnten einen Numa aus Übersee. Aus Amerika, um genau zu sein. Er scheint eine Rolle als internationaler Anführer anzustreben.«
    Die Anwesenden reagierten mit überraschtem Raunen. Ambrose meldete sich zu Wort: »So etwas habe ich ja noch nie gehört. Wir Revenants haben ein internationales Konsortium, aber die Numa? Das kann ich mir nicht vorstellen. Es liegt nicht in ihrer Natur, mit irgendwem zusammenzuarbeiten.«
    Violette nickte zustimmend. »Ich gebe gern zu, dass dies – sofern es wahr ist – einem Präzedenzfall gleichkommt. Dennoch wurde mir zugetragen, dass es sich bei dem betreffenden Numa um einen Mann handelt, der zu Lebzeiten äußerst angesehen und einflussreich war. Menschen von Rang haben ihm ihr Vermögen anvertraut und er hat sie alle düpiert. Viele trieb er in den Ruin, so manchen in den Freitod.«
    »Wie ist er selbst gestorben?«, fragte ich.
    »Im Gefängnis ermordet«, antwortete sie kurz.
    »Was heißt das nun für uns?«, wollte Jules wissen. Er sah ernst aus, was für ihn sehr ungewöhnlich war.
    Jean-Baptiste betrat das imaginäre Podium. »Violette hat ihre Informanten und wir hoffen, dass sie ihr weiterhin Auskunft geben. Wir können derweil unsere Anverwandten in aller Welt kontaktieren, um herauszufinden, ob sie neue Erkenntnisse sammeln konnten.
    Gleichzeitig sollten wir unsere Sicherheitsvorkehrungen ausweiten, indem wir zum Beispiel die Überwachung verstärken. Wie ich bereits mit ein paar von euch besprochen habe, hebe ich das Verbot auf, in die Offensive ...« Ich spürte die plötzliche Anspannung von Vincent, der immer noch hinter mir stand. Jean-Baptistes Blick huschte in seine Richtung, der Rest des Satzes versandete unausgesprochen auf seinen Lippen, während sich ein unbehagliches Schweigen über den Raum senkte.
    »Darf ich an diesem Punkt etwas äußern?«, tönte eine melodische Stimme quer durch den Saal. Alle Köpfe drehten sich ihrem Urheber zu. Es war das erste Mal, dass ich Arthur sprechen hörte. Sonst fand man ihn üblicherweise tief in Gedanken versunken in irgendeiner Ecke sitzen, wo er etwas in ein Notizbuch schrieb. Die anderen Anwesenden schienen ebenso erstaunt über diese plötzliche Wortmeldung wie ich.
    Arthur warf Violette einen schnellen Blick zu, die unübersehbar die Zähne zusammenbiss und ihn zornig anstarrte. Also gut, dachte ich, das hat eindeutig mit dem hitzigen Gespräch zu tun, das ich bei meiner Ankunft unterbrochen habe.
    »Auch auf die Gefahr hin, auf etwas zu verweisen, das eigentlich offensichtlich ist, aber wir besprechen hier gerade heikelste strategische Schritte, während eine Person anwesend ist, die nicht unserer Gattung angehört.«
    Wie bitte? Mein Gesicht verlor jede Farbe, als ich die verstohlenen Blicke in meine Richtung bemerkte. Ich starrte zu

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