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Vom Mondlicht berührt

Titel: Vom Mondlicht berührt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amy Plum
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eine Idee kommt – nach allem, was hier geschehen ist.«
    »Es war ja auch nicht Jean-Baptistes Idee. Sie kam von Arthur«, sagte ich und setzte mich an den Tisch. Dankbar nahm ich das Taschentuch entgegen, das Jeanne mir reichte, und tupfte damit meine Augenwinkel trocken. »Er hat behauptet, ich sei eine potenzielle Gefahr für die Sicherheit des Hauses.«
    »Ich kann mir gar nicht vorstellen, dass er so etwas überhaupt denkt«, sagte Jeanne unsicher, setzte sich mir gegenüber an den Tisch und schob mir einen Teller voller Madeleines zu, die nach Honig dufteten. Sie schien einen Moment lang in Gedanken versunken und lenkte dann ein: »Arthur und Violette sind ... Wie soll ich es am besten sagen? Sie sind vom alten Schlag. Und nicht nur das, sie gehören auch noch zum Adelsstand. So wie sie früher auf die Bauern herabgesehen haben, sehen sie jetzt auf uns sterbliche Menschen herab. Das heißt ja nicht, dass sie grundsätzlich schlecht sind. Sie sind einfach ... Snobs.«
    Diesen abfälligen Begriff aus Jeannes Mund zu hören, amüsierte mich und ich musste lachen. Sonst kam ihr nie ein schlechtes Wort über die Lippen – über nichts und niemanden. Dass sie Violette und Arthur Snobs nannte, konnte nur eins bedeuten: Sie waren unsterbliche, weltfremde Ignoranten.
    »Aber sie sind hier, um eine wichtige Aufgabe zu erfüllen, Kate. Selbst wenn sie nicht die angenehmste Gesellschaft sind, so haben sie doch ein wahnsinnig umfangreiches Wissen, weil sie schon länger auf dieser Erde weilen als jeder andere hier. Und da sie die Isolation allem anderen vorziehen, vermute ich, werden sie sowieso nicht lange bleiben. Unser Leben wird sich im Handumdrehen wieder normalisieren.«
    Ich nickte und knabberte an einem Keks. Mit Vernunft betrachtet, sollte mein eigener Stolz nicht der Sicherheit der gesamten Gruppe im Weg stehen. Ich verdiente es nicht, an ihren geheimsten Besprechungen teilzunehmen. Ich war kein Revenant. Ich war die Ausnahme der Regel. Wem wollte ich hier eigentlich was vormachen? Ich gehörte nicht dazu.
    Meine Laune wurde von Sekunde zu Sekunde schlechter. »Ich gehe«, sagte ich und warf Jeanne die Arme um den Hals. »Danke. Es tut gut, mit jemandem zu sprechen, der mich versteht. Manchmal hab ich das Gefühl, ich bin in ein Paralleluniversum geraten.«
    »Das bist du ja auch, chérie«, sagte Jeanne, die sich aus meiner Umarmung löste und ihre Schürze zurechtzupfte. »Bleibst du nicht zum Essen?«
    »Nein. Kannst du Vincent ausrichten, dass er mich später anrufen soll?«, fragte ich. Sie sah mich verständnisvoll an und warf mir noch einen Luftkuss hinterher, während ich die Küche verließ.
    Ich durchquerte das Haus und trat durch die Eingangstür in den Hof. Als ich am Brunnen angekommen war, kletterte ich hinein und ging durch das leere Becken zu der Figur. Ein Engel. Ein Mensch. Zwei getrennte Wesen, die aus demselben Stück Marmor geformt waren. Ich fuhr mit dem Finger über den Arm des Engels. Er war so kalt wie der von Vincent, wenn er ruhte.

 
    E s klingelte, als ich mich gerade aufs Bett gesetzt hatte. Wenige Sekunden später klopfte es an meiner Zimmertür.
    »Katya, mein Schatz. Vincent ist auf dem Weg nach oben.«
    »Danke, Mamie«, sagte ich und öffnete dabei die Tür. Meine Großmutter hatte sich ausgehfein gemacht. Sie trug einen knielangen Rock und Schuhe mit sieben Zentimeter hohen Absätzen. Sie hatte kein Gramm Fett am Körper und ihre Kleiderwahl stellte mutig die schönsten Beine zur Schau, die ich bei einer Frau ihres Alters je gesehen hatte.
    »Was ist passiert?«, fragte sie, während sie prüfend meinen Gesichtsausdruck musterte.
    »Ach, nichts«, antwortete ich automatisch. Da sie sich offensichtlich nicht mit dieser Antwort abspeisen lassen wollte, frage ich zurück: »Mamie, gab es mal eine Situation, in der dich jemand sehr deutlich hat spüren lassen, dass du ein Außenseiter bist? Dass du nicht dazugehörst?«
    Mamie verschränkte ihre Arme und blickte an die Decke. »Die Familie deines Großvaters hat sich anfangs so verhalten. Die haben mich deutlich spüren lassen, was sie von Neureichen wie mir halten. Schließlich war seine Familie von jeher mit Prestige und Reichtum gesegnet gewesen.«
    »Aber das hat sich irgendwann geändert?«
    »Ja, als sie gemerkt haben, dass es mich einen feuchten Kehricht interessiert, wie sie über mich denken. Sicher auch einer der Gründe dafür, dass sich dein Großvater in mich verliebt hat. Ich war die einzige Frau, die den Mut

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