Vom Mondlicht berührt
Band. Aber ein Niemand hätte Georgias Herz auch nicht erobern können. Glanz und Gloria waren die Mindestvorausetzungen, um Georgias Freund zu werden.
Georgia und ich befanden uns auf dem Heimweg von unserer extrem kurzen ersten Schulwoche im neuen Jahr. Wir liefen gerade am Café Sainte-Lucie vorbei, als ich hörte, wie jemand meinen Namen rief. In der Tür zum Café stand Vincent und winkte uns zu sich. »Ich hatte gehofft, dass ihr hier vorbeikommt«, sagte er. Er nahm mich an der Hand und führte uns durch das vollbesetzte Lokal zu einem Tisch in der Ecke, an dem ausschließlich Revenants saßen.
»Hallo«, sagte ich und begrüßte sowohl Ambrose als auch Jules mit Wangenküssen, während Vincent zwei Stühle vom Nachbartisch organisierte, die er zwischen seinen und Violettes Stuhl stellte.
»Georgia, darf ich dir Violette und Arthur vorstellen?« Ich deutete mit einer Geste auf die beiden Neuankömmlinge. »Das ist meine Schwester Georgia.«
Arthur nickte, stand auf und setzte sich erst, nachdem Georgia Platz genommen hatte.
»Lasst mich mal raten«, sagte Georgia, die unverhohlen beeindruckt war von Arthurs Galanterie. »Ohne diese göttlichattraktive Maske würdest du sicher aussehen wie der Cryptkeeper persönlich. Aus welchem Jahrhundert stammst du? Sicher aus der Zeit vor Napoleon, oder? Warst du mit Louis XIV. befreundet?«
Violette schnappte laut nach Luft und legte Arthur schützend eine Hand auf die Schulter. Ihrer Entrüstung stand allerdings sein amüsierter Gesichtsausdruck entgegen.
Ambrose brach in lautes Gelächter aus. »Geh noch ein paar Hundert Jahre zurück, Georgia. Dann liegst du irgendwann richtig.«
Georgia pfiff anerkennend durch die Zähne. »Heutzutage muss man sich schon in Altersheimen herumtreiben, um noch wahre Kavaliere zu treffen. Freut mich, dich kennenzulernen, Arthur.«
Violettes elfenbeinfarbenes Gesicht lief puterrot an. »Ist dies eine fehlerhafte Annahme oder ist tatsächlich jeder Pariser Mitbürger von unserer Existenz unterrichtet?«
Daraufhin schenkte Vincent ihr sein charmantestes Lächeln und sagte: »Georgia wurde die zweifelhafte Ehre zuteil, auf die harte Tour von uns zu erfahren. Sie war die Freundin von Lucien.«
Wieder atmete Violette scharf ein. »Dann seid Ihr die Sterbliche, der es strengstens untersagt ist, das Haus zu betreten.«
»Die einzig Wahre«, sagte Georgia und entkräftete Violettes Kommentar mit einem Lachen. »Allerdings war ich schon immer der Meinung, dass eine Gesellschaft, die mich nicht mit offenen Armen empfängt, meine Anwesenheit auch nicht verdient.«
Violette saß da und starrte Georgia verständnislos an, als hätten ihre Worte keine Bedeutung.
»Übersetzung: Wenn JB mich nicht sehen will, will ich ihn auch nicht sehen. Es gibt genügend andere Leute, mit denen ich lieber meine Zeit verbringe als mit Möchtegernadligen, die Stöcke im Hintern haben.« Georgia hatte das so sachlich gesagt, dass es gar nicht so harsch klang, wie es gemeint war. Meine Schwester, Meisterin der Diplomatie. Oh Gott. Jetzt geht’s los. Ich legte meine Hand auf Georgias Arm, doch sie platzierte nur ihre Hand darüber und starrte Violette herausfordernd an.
Als Violette bewusst wurde, was Georgia da gerade gesagt hatte, stand sie abrupt auf. So leise, dass nur wir am Tisch sie verstehen konnten, spie sie erbost hervor: »Wisst Ihr eigentlich, was wir für Euch tun. Ihr undankbare Menschenperson?«
Georgia betrachtete nachdenklich ihre Fingernägel. »Äh, soviel ich weiß, rennt ihr rum und rettet Menschenleben, um euch keinen übernatürlichen Fall von Delirium tremens zuzuziehen. Ich meine, wer will schon gern Entzugserscheinungen haben?«
Es dauerte eine Sekunde, dann brach am Tisch großes Gelächter aus. Nur Violette schnappte sich ihren Mantel von der Stuhllehne und schritt würdevoll aus dem Café. Arthur versuchte vergeblich, seine Erheiterung zu verbergen, stand auf, verneigte sich kurz und verließ ebenfalls das Café, um Violette zu folgen.
»Der Punkt geht an dich«, murmelte Jules anerkennend. »Violette schadet es sicher nicht, auch mal einen draufzubekommen. Aber erwarte bloß nicht, dass ihr jetzt beste Freundinnen werdet.«
Georgia lächelte ihn verschwörerisch an. »Aristokraten waren noch nie mein Stil.«
»Und, was gibt’s bei euch Neues?«, fragte ich, in der Hoffnung, dass ein Themawechsel Georgia mal zum Schweigen bringen würde. Bei meinem nächsten Treffen mit Violette hatte ich einiges wiedergutzumachen.
»Wir
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