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Vom Nehmen Und Genommenwerden

Titel: Vom Nehmen Und Genommenwerden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter A. Schroeter , Doris Christinger
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2 – Die Umarmung
    Eine Umarmung sollte das Herz ebenso füllen wie die Arme. Doch gerade hier zeigt sich, dass es für viele gar nicht so leicht ist, Nähe zuzulassen. Normalerweise dauert nämlich eine Umarmung nur 4-5 Sekunden, dann bricht einer den Körperkontakt ab.
    Eine Umarmung, die absichtlich länger ausgedehnt wird, kann umgekehrt eine besondere Intimität und Nähe herstellen: Sie drückt aus, wie wir zueinander stehen. Das Thema Nähe und Distanz wird ganz konkret spürbar.
    Denn die Art, wie zwei Menschen sich umarmen, spiegelt ihre Dynamik als Paar wider. Partner mit emotionaler Verschmelzung stehen häufig in einer »A-Form« und stützen einander buchstäblich ab. Verliert einer der beiden das Gleichgewicht, dann muss der andere gezwungenermaßen gegensteuern und Halt geben. Partner, die zu ihrer eigenen Mitte gefunden haben, stehen auch körperlich im eigenen Zentrum und geraten nicht so leicht ins Wanken. Geschieht es doch einmal, fällt es dem einen Partner leichter, wieder die Balance herzustellen, weil der andere zentriert genug ist, um die anfängliche Störung nicht noch zu verstärken. Er ruht einfach weiter in sich. Der andere erwartet nicht, dass der stabile Partner das fehlende Gleichgewicht behebt. Er weiß, dass er sein Zentrum selbst finden muss.
    Umarmung ist dann ein Schlüssel des Herzens, wenn wir uns bis zur völligen inneren Entspannung umarmen. Doch ab einer gewissen Tiefe der Entspannung regt sich mit großer Wahrscheinlichkeit ein Gefühl von Unwohlsein, Ungeduld oder Unsicherheit, weil wir an die Grenzen unserer Fähigkeit zur Selbstregulation stoßen. Durch bewusstes Atmen und Entspannen lösen wir diese Gefühle von Unwohlsein auf und finden zu einem neuen Gleichgewicht, das noch mehr Tiefe und Vertrauen schenkt.
    Umsetzung: Wenn wir bis zum Punkt der Entspannung gehen wollen, wird eine Umarmung mindestens zehn Minuten dauern. Dann erst senkt sich das Niveau der Anspannung, und die Unsicherheiten lösen sich langsam auf. Jeder steht im eigenen Lot, ist mit seinem Zentrum verbunden. Becken, Brust und Kopf sind im gegenseitigen Kontakt. So steht jeder für sich und doch beide in einer gemeinsamen, intimen Umarmung. Wenn wir den Partner halten, ohne ihn zu stützen oder zu tragen, können beide einfach ihr Sein genießen. Denn durch die Umarmung finden wir auch zurück zu uns selbst. So ist es ein Geschenk, für sich zu stehen und gleichberechtigt einfach miteinander zu sein.
    Schlüssel 3 – Essenzielle Gespräche
    Das, was wir unter essenziellen Gesprächen verstehen, lehnt sich an die von Michael Lukas Moeller, dem verstorbenen Frankfurter Psychoanalytiker und Paartherapeuten, entwickelte Methode der Zwiegespräche an. Die Gespräche nennen wir deshalb essenziell, weil sie uns nicht nur der eigenen Essenz näherbringen, sondern auch der Essenz des Partners und der Essenz als Paar. Das hört sich zunächst vielleicht wenig ansprechend an, doch sind diese Gespräche höchst aufregend, denn es geht um den Austausch über das eigene erotische Erleben, um Lust und Begehren. Solche Gespräche setzen einiges an Fantasie frei und steigern die Intensität des Liebesaktes. Die essenziellen Gespräche sind eine gute Methode, sich auszutauschen und sich einander im Innersten zu zeigen, ohne in Schuldzuweisungen zu verfallen oder alles persönlich zu nehmen. Sie sind ein wirkungsvolles Ritual, das ein Paar in jeder Phase der Beziehung, in guten wie in schwierigen Zeiten, nutzen kann, um die Einfühlung in den anderen zu vertiefen und sich selbst besser kennenzulernen. Chancen in der Beziehung können besser erkannt und umgesetzt werden, Konflikte lassen sich leichter beilegen und festgefahrene Rollenmuster entlarven. Dank dieser Gespräche kann der Teufelskreis der erotischen Abstumpfung durchbrochen werden. Denn Spracharmut hungert mit der Zeit den größten Teil der Erotik aus. Die meisten von uns sind durch erotische Worte berührbar und lassen sich durch sie verführen. Der Austausch kann Details und Varianten der Vorlieben zur Sprache bringen und natürlich auch das erotische Zusammensein intensivieren, indem wir uns fragen: Was bewegt mich erotisch im Moment am stärksten? Wenn wir den Geliebten genauso leidenschaftlich und hingebungsvoll beim Wort nehmen, wie wir ihn in die Arme nehmen, ist Sprache das Aphrodisiakum

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