Vom Nehmen Und Genommenwerden
selbst, aber auch zwischen den beiden Partnern im Gleichgewicht befinden, dann erst öffnet sich ein Raum der Stille. Doch dieser Raum ist kein Vakuum, denn wir nehmen weiterhin unsere Gedanken, Emotionen, Gefühle und Empfindungen wahr. Die Gedanken werden auch weiterhin kommen und gehen. Doch wir geben ihnen keine Energie, wir lehnen sie weder ab, noch haften wir ihnen an. Wir haben Gedanken, wir sind aber nicht unsere Gedanken. Wir nehmen sie einfach wohlwollend wahr, bewerten sie nicht, sondern lassen sie vorüberziehen wie Wolken am Himmel. Auch Emotionen und Gefühle werden immer wieder auftauchen. Sie kommen und gehen wie Wellen im Meer. Wir betrachten sie als das, was sie sind: einfach nur Wellen â und so werden sie wieder zum Meer. Aus der Stille heraus öffnen wir die Pforten unserer Wahrnehmung: Wir spüren das Pochen des Herzens, fühlen das Pulsieren der Körperzellen, hören, wie der Atem ein- und ausströmt. Dabei begegnen wir uns selbst und sehen auch den Partner in der Tiefe seines Wesens. Wenn wir lernen, achtsam unsere Reaktionen wahrzunehmen, entsteht das sexuelle Begehren aus der Stille. Aus der natürlichen Anziehung der Genitalien wird das Feuer der Leidenschaft geboren, die transformierende Kraft der Sexualenergie. In diese Kraft hinein können wir uns nun entspannen, um Bewusstsein und Liebe zu erfahren, in diesem Augenblick öffnen wir uns für das JETZT, für die Gegenwart, für das SEIN.
Die radikalste Veränderung gegenüber dem feurigen und dem herzlichen Lieben findet beim stillen Lieben also auf der sexuellen Ebene statt. Wir »machen« nicht mehr Liebe, wir sind die Liebe selbst.
Die Yin-Yang-Beziehung des stillen Liebens
Wenn wir das stille Lieben praktizieren, bringen wir Yin und Yang in der Beziehung ins Gleichgewicht. Dann wird möglich, was sich wohl jeder wünscht: eine reife Liebesbeziehung, in der Mann und Frau sich auch in einer langjährigen Partnerschaft immer wieder sexuell begegnen. In ihr gibt es keine Abhängigkeiten, denn die polaren Kräfte des Maskulinen und Femininen sind in vollkommener Harmonie. Sie ist die Belohnung für die fortwährende Auseinandersetzung mit uns selbst, für unseren Glauben an die Beziehung, für unser Durchhaltevermögen in Krisen. Sich dem anderen zu schenken, aber auch zuzumuten, ist der Kern der Yin-Yang-Beziehung. Beide Partner wissen um ihre Einzigartigkeit und um den Wert ihrer Beziehung, die sie wie einen kostbaren Schatz hüten und bewahren.
In einer Yin-Yang-Beziehung begegnen sich Mann und Frau als gleichwertige Partner. Sie übernehmen die Eigenverantwortung für ihr Leben, wissen, wer sie sind und was sie wollen, als Mensch und als sexuelles Wesen. Wenn beide die Herausforderungen im feurigen Lieben gemeistert haben, treffen sie sich als Geliebte und Geliebter. Die Frau ist eine vulvische Frau, der Mann ein phallischer Mann, und beide haben auch den jeweiligen sexuellen Gegenpol integriert. Ist auch die Integration der Herausforderungen im herzlichen Lieben gelungen, sind sie sich nun wahrhaftige Gegenüber, die einander in liebevoller Achtsamkeit zugewandt sind. Sie übernehmen Verantwortung für ihre Gedanken, Gefühle und Empfindungen und können sich mitteilen.
Die Yin-Yang-Beziehung zeichnet sich also dadurch aus, dass sich Mann und Frau ihrer Liebes- und Beziehungsfähigkeit sicher sind. Sie wollen ihr Leben und ihre Partnerschaft so bewusst wie nur möglich gestalten â ohne Schuldzuweisungen. Keiner ist Opfer, niemand ist Täter, und der andere muss auch nicht errettet werden. Jeder begegnet dem anderen aus der Fülle seines Wesens und stellt sich die Frage: Was kann ich dem Partner schenken? Was ist mein Beitrag zur Beziehung? Was möchte ich mit dem anderen verwirklichen?
In der Yin-Yang-Beziehung geht es immer um das Phänomen der Vereinigung, vor allem im Liebesakt, aber auch im Alltag. Mann und Frau stehen sich als gleichwertige und doch unterschiedliche Partner gegenüber. Jeder öffnet sich der Energie des anderen bereitwillig, sie beschenken sich damit gegenseitig, tauschen sich aus, teilen Intimität und Sexualität und sind gleichzeitig in ihrer inneren Mitte verwurzelt.
Orgasmisch-Sein im stillen Lieben
Das stille Lieben führt durch Achtsamkeit im Liebesakt hin zum reinen Sein, vor allem aber auch zur Heilung von Körper, Seele und Geist. Erst wenn wir beim Lieben ruhig werden,
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