Vom Nehmen Und Genommenwerden
seine Erektion so steuern, wie er es möchte. Bis zu einem gewissen Grad kann diese zwar willentlich aufgebaut werden. Aber jeder Mann ist sich bewusst, dass die Erektion die Tendenz hat, zu machen, was sie will. So wie sie kommt, kann sie auch jederzeit wieder gehen. Deshalb neigen viele dazu, möglichst schnell einzudringen, starke Bewegungen zu machen oder möglichst schnell zu kommen â solange er eben noch steht. Sobald der Mann aber Vertrauen fasst und akzeptiert, dass seine Erektion einenWellencharakter hat, kann er sich auf einer noch viel tieferen Ebene hingeben. Er weiÃ, dass ihn seine Partnerin aufnehmen respektive dass er jederzeit in sie eindringen kann, mit oder ohne Erektion.
Das stille Lieben ist natürlich nicht mit der sanften Penetration gleichzusetzen. Das würde ja bedeuten, dass der Mann nicht eindringen darf, wenn er eine Erektion hat. Die sanfte Penetration ist einfach die Möglichkeit, sich unabhängig von sexueller Erregung, unabhängig von Lust oder Unlust, unabhängig von der momentanen Gestimmtheit, unabhängig davon, ob er steht oder nicht, kurz: unabhängig von allem sich sexuell zu vereinigen und zu lieben.
Die tiefe Penetration
Der tiefen Penetration kommt beim stillen Lieben eine ganz besondere Bedeutung zu. Sie ist der Weg zu Meditation und Heilung, den Paare im Orgasmisch-Sein beschreiten. Voraussetzung ist auch hier, möglichst lange ineinander zu verweilen, ohne es zu einem genitalen, ejakulativen Orgasmus kommen zu lassen. Achtsamkeit, Präsenz und Heilungsprozesse brauchen ihre Zeit. Das ist nicht ganz einfach, denn im Gegensatz zur sanften Penetration dringt der Mann mit einer harten Erektion in die Tiefe der Vagina der Frau ein.
Meditation und Heilung bezeichnen wir auch als den Yin- und den Yang-Aspekt der tiefen Penetration. Beim Yin-Aspekt ist die bewusste Wahrnehmung ganz auf Präsenz und Absicht gerichtet. Der Yang-Aspekt, der die Yin-Qualitäten voraussetzt, ergänzt sie mit minimalen und zeitlupenmäÃigen Bewegungen, die den Heilungsprozess der Sexualorgane einleiten.
Die Yin-Form der tiefen Penetration: achtsam lieben
Die Voraussetzung für die tiefe Penetration ist eine hohe sexuelle Aufladung bei gleichzeitiger Entspannung. Sexuelle Aufladung zeigt sich beim Mann in einer harten Erektion und bei der Frau in der Bereitschaft, ihn aufzunehmen. Der Mann dringt nun langsam, bewusst und tief in seine Geliebte ein. Wenn sie sich dabei entspannt hingibt, gleicht sich die Tiefe und Weite der Vagina organisch seinem Penis an. Nun verweilen beide möglichst lange in dieser tiefen Verbindung, ohne sich zu bewegen.
Ein bewusster, harter und liebevoller Penis lockt über das Verweilen in der Stille die Lust der Vulva hervor. Die ruhende phallische Kraft des Mannes erweckt aber nicht nur die Hitze der Frau. Ruht sie mit ihrer Aufmerksamkeit in der Vulva, entwickelt sie ein gröÃeres Bewusstsein von deren Innenraum und erfährt ganz neue Empfindungen. Die Scheide wird beim »normalen« Liebemachen nicht behutsam genug und vor allem auch nicht lange genug berührt. Solange die beiden in einer hohen Erregung miteinander liegen, kann nun die Frau dank der tiefen Penetration ihre Achtsamkeit auf die Stellen in ihrer Scheide richten, die ihr sonst wenig oder gar nicht bewusst sind. Erst wenn sie mit jeder Stelle ihrer Vagina in Kontakt ist, hat sie auch eine volle Empfindungsfähigkeit im Innern ihres Körpers. Der Mann kann sich vorstellen, dass er mit seiner Penisspitze ihre verborgensten Geheimnisse hingebungsvoll enthüllt, vergleichbar mit dem Prinzen, der Dornröschen wach küsst. Mit der Zeit wird das Gewebe der Vagina mit Lebendigkeit und Lust auf jede Berührung des Penis antworten: Ein wundersamer Dialog entsteht.
Wird die gewählte Liebesposition unbequem, wechseln sie in Zeitlupe in eine andere Stellung. Jede neue Position ermöglicht es, andere Stellen in der Vagina zu berühren. Dabei geht es nicht um die Bewegung selbst, sondern um eine liebevolle Präsenz und Achtsamkeit. So wird das Lieben für beide zu einer Meditation. Und in der tiefsten Vereinigung, die körperlich möglich ist, können sich dann sogar Penis und Gebärmutter respektive Eichel und Muttermund berühren. Unserer Vorstellung nach sind die Eichel und der Muttermund die Ausgangspunkte der inneren Flöten. Wenn nun Mann und Frau möglichst lange ineinander verweilen, können sie mit der Zeit
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