Vom Nehmen Und Genommenwerden
unterschiedlich verlaufen. Während die Erregungskurve des Mannes sehr steil ist, baut sich diejenige der Frau langsam und in Wellen auf. Gibt der Mann nun seiner Lust nach Ejakulation nach, ist die Frau sexuell meist noch gar nicht aufgeladen. Durch das Ejakulieren ist das Liebesspiel hier jedoch bereits zu Ende. Die Meisterschaft des Mannes über seine Ejakulation ist also nicht nur für ihn, sondern auch für das Paar von zentraler Bedeutung: So genieÃen beide ein intensives und langes Liebesspiel.
Beim Talorgasmus wird das Energiefeld (die feinstoffliche »Aura«, die den Körper umhüllt) enorm ausgedehnt. Dann genügt schon ein bloÃer Blick oder Gedanke, um neue pulsierende, belebende, orgasmische Wellen auszulösen, die durch den ganzen Körper strömen. In solchen Momenten müssen wir den Partner nicht einmal physisch berühren. Es genügt, einfach den Moment miteinander zu teilen, um Wellen von orgiastischen Empfindungen zu erleben. Dies sind die Augenblicke, in denen der sonst paradox anmutende Satz »Die höchste Form der Sexualität ist der Verzicht auf Sexualität« auf einmal klar wird. Das wäre der tiefere Sinn der Askese, die â in Wirklichkeit â nicht ein Verzicht auf sinnlich-sexuelle Freuden, sondern die Suche nach einem grenzensprengenden Ausdruck von Freude und Ekstase ist.
Im Tantra unterscheiden wir zwei Wege, um diesen ekstatischen Zustand des Orgasmisch-Seins zu erfahren: eine Yin- und eine Yang-Form.
Die Yin-Form: Eintauchen in Energiewellen
In der Yin-Form ereignet sich der Talorgasmus als eine spontane Reaktion. Wenn wir uns über eine längere Zeit still lieben, wenn wir energetisch hoch aufgeladen und gleichzeitig tief entspannt sind, wird uns der Zustand des orgasmischen Seins manchmal spontan zuteil. Während viele Frauen dieses Verströmen und Einssein recht gut kennen â denn es entspricht ja ihren femininen Qualitäten (flieÃen, geschehen lassen, sich ausdehnen) â, ist es für die meisten Männer eine ganz neue Erfahrung, denn sie sind eher vertraut mit dem genitalen Orgasmus, der ein zwar intensives, aber kurzes und eingeschränktes Vergnügen darstellt. Nur nach der Ejakulation selbst erleben sie manchmal so etwas wie eine Ahnung davon, was »Orgasmisch-Sein« bedeutet.
Die Yang-Form: Das Reiten des Tigers
Wir sind aber nicht auf das spontan auftretende Energiephänomen der Yin-Form angewiesen. Die Kunst des Tantra lehrt uns, Sexualität und Meditation miteinander zu verbinden. Dazu nutzen wir die Yang-Form , die Praxis des Tigerreitens. Der Tiger steht für die Leidenschaft der Sexualenergie, die wir nicht kontrollieren, wohl aber bewusst lenken können.
Die bisherigen Ãbungen haben uns gut darauf vorbereitet, unseren Körper auch in einer hohen sexuellen Aufladung entspannt und durchlässig sein zu lassen. Und der innere Zeuge achtet nicht nur auf alle unsere Empfindungen, Gefühle und Gedanken, sondern auch auf die des Partners. Nun ist es Zeit, den Tiger zu reiten: In der höchsten sexuellen Aufladung spannen wir den Beckenboden an und lenken die leidenschaftliche Energie mit dem Einatem in die innere Flöte. Wir halten den Atem so lange wie möglich an und richten unsere Aufmerksamkeit voll und ganz auf das Dritte Auge, jenen Punkt mitten auf der Stirn. Mit dem Ausatmen strömt die Energie in unseren Energiekörper hinein und öffnet dadurch den Raum für die Stille, das orgasmische Sein.
Für den Mann ist dies natürlich noch anspruchsvoller, weil er kurz vor seinem Höhepunkt, am Punkt ohne Wiederkehr, seine Energie zügeln muss. Aber dadurch vermeidet er nicht nur seine Ejakulation, sondern nach jedem Tigerreiten verringert sich bei ihm der Drang zu ejakulieren, und so können sich beide wieder ganz auf das meditative Lieben ausrichten.
Auch für die Frau ist es wichtig, die Energie durch das Tigerreiten zu lenken, denn es unterstützt sie, in noch ekstatischere Zustände zu gelangen.
Das orgasmische Sein liegt in der Natur der sexuellen Energie. Ãber das Tigerreiten haben wir nun ein Mittel, um die Leidenschaft der Sexualität jederzeit in Liebe und Stille zu wandeln. Dann machen wir nicht mehr Liebe â wird sind Liebe.
Die Schlüssel des stillen Liebens
Meditatives Liebesspiel und erotische Meditation
Das stille Lieben in Meditation zu überführen und die Meditation in stilles
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