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Vom Regen in die Traufe

Vom Regen in die Traufe

Titel: Vom Regen in die Traufe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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tippte Herma n nis Gedanken und Ä u ß erungen ein.
    » In Finnland begehen j ä hrlich tausendf ü nfhundert Me n schen Selbstmord. Das sind siebenhundert arme Teufel mehr als zu normalen Zeiten, und gerade sie tun es wegen der A r beitslosigkeit « , rechnete Hermanni vor, und Ragnar tippte » 700 pro Jahr « ein.
    » Am Schnaps starben fr ü her zweihundert Finnen, heute aber laut Prognosen schon fast f ü nfhundert, und die meisten von ihnen sind Arbeitslose « , fuhr Hermanni fort, wobei er sich auf Angaben aus der Presse berief. Indirekt starben j ä hrlich noch viel mehr Leute an den Folgen des Suffs, beispielsweise an Leberzirrhose, Herzerkrankungen, Schl ä gereien, Unf ä llen und dergleichen.
    Psychiatriepatienten, die in ambulante Behandlung abg e schoben worden waren, Menschen, die aufgrund ihres Elends kriminell geworden waren und im Gef ä ngnis und anschli e ß end auf dem Friedhof landeten …, zum Beispiel gab es fr ü her in Finnland j ä hrlich hundert F ä lle von Mord oder Totschlag, in Zeiten der Massenarbeitslosigkeit waren es hundertsiebzig F ä lle! Und all die ausgebrannten Alleinerziehenden oder jene bedauernswerten Menschen, die unter der Last ihrer Arbeit den Verstand verloren hatten …, insgesamt eine gesch ä tzte Zahl von f ü nftausend, die zu den oben genannten Verlusten hinz u gerechnet werden mussten.
    Ber ü cksichtigt werden musste auch die Verringerung des Durchschnittsalters aufgrund von Krankheiten, von nicht ausreichender oder mangelhafter Ern ä hrung oder direktem Hunger. Der zahlenm äß ige Bev ö lkerungsschwund belief sich nach Ragnars und Hermannis vorsichtiger Sch ä tzung auf j ä hrlich zehntausend Personen.
    Schlie ß lich addierten sie auch noch die im Frust der Arbeit s losigkeit verbrachten Jahre und rechneten sie in Sterblichkeit s zahlen um, dahingehend n ä mlich, dass sie mindestens siebzig Prozent jener Zeit als nicht gelebt betrachteten. Wenn sie das verbleibende durchschnittliche Alter auf f ü nfzehn veranschla g ten, erhielten sie eine j ä hrliche Sterblichkeitsziffer von vierzeh n tausend. So kam in Zeiten der Massenarbeitsl o sigkeit rein rechnerisch ein j ä hrlicher Bev ö lkerungsschwund von knapp drei ß igtausend zustande.
    Das war nat ü rlich beileibe noch nicht alles, was sich an neg a tiven Auswirkungen der Arbeitslosigkeit nennen lie ß , aber auf jeden Fall hatten sie so ein einigerma ß en verl ä ssliches Ende r gebnis erhalten. Sie konnten konstatieren, dass die Arbeitslosi g keit in verschiedenster Form j ä hrlich zum Tod von drei ß igta u send Menschen f ü hrte. Angesichts dessen, dass im ganzen Zweiten Weltkrieg hunderttausend Finnen gefallen waren, lautete das Fazit, dass der Winter- und auch der Fortsetzung s krieg ein Kinderspiel gewesen waren, verglichen mit dem heut i gen Ma ß an Vernichtung durch die Arbeitslosigkeit. Und da sollten die Arbeitslosen keinen Grund haben, sich zu erheben? Wer das behauptete, missachtete aufs Grausamste all jene B ü rger, die ins Abseits gedr ä ngt worden waren. Ein Guerill a krieg, und selbst ein blutiger, hatte mit all seinen zu erwarte n den Verlusten weit mehr Berechtigung als das Fortb e stehen der jetzigen schrecklichen Situation.
    Der Taxifahrer rief vom Rande des Kahlschlaggebietes he r ü ber, dass das Lagerfeuer brannte und auch der Kaffee bald kochte. Ragnar schloss den Laptop, und die beiden M ä nner verlie ß en tief in Gedanken das Leidensquartier. Die Erkenn t nis, dass j ä hrlich drei ß igtausend Finnen geopfert wurden, hatte sie sehr ersch ü ttert. Ihre Stimmung hellte sich erst auf, als sie sich ü ber den von Ragnar eingekauften Proviant he r machten.
    Sie breiteten ein Tuch ü ber einen Kiefernstubben und pac k ten aus: ger ä ucherter Lachs, gesalzene kleine und gro ß e Mar ä nen, kalte Fleischb ä llchen vom Ren, warmger ä uchertes Rentie r fleisch und gegrillter Schinken, G ä nseleberpastete, Elchp a té , eingelegte Zwiebeln, Rote Bete in Essig, gekochte Eier, Zwiebel-Pilz-Salat, Roggenbrot, Kn ä cke und Baguette, Butter, Schmel z k ä se, Rahmk ä se und Brie sowie Apfelscheiben, Wei n trauben und Pfirsiche. Au ß er Kaffee und Mineralwasser gab es auch ein paar Flaschen Chablis, die Ragnar vorsorglich am Abreisetag in Helsinki gekauft hatte.
    Es blieb eine einfache Mahlzeit, denn sie hatten ja keine S o ß en und keine warmen Speisen, aber Ragnar wies auf die a u ß ergew ö hnlichen Bedingungen hin, unter denen man nun mal kein komplettes B ü fett

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