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Vom Regen in die Traufe

Vom Regen in die Traufe

Titel: Vom Regen in die Traufe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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war ein w e sentlicher Teil der Kriegsf ü hrung, fand Hermanni. Er dachte mit Genugtuung daran, dass im Nebenabteil ein anderer O berst, Ragnar Lundmark, auf dem Laptop tippte, ein Mann, der jetzt in Friedenszeiten sein Butler war. Aber bei der Frage, wie lange Finnland in Frieden leben d ü rfte, hatten Lundmark und in jedem Falle er selbst, Hermanni Heiskari, ein W ö rtchen mitzureden.
    Ragnar Lundmark tippte an diesem Abend keine Ä nd e rungsvorschl ä ge in Hermannis Aufstandsprojekt, sondern entwarf das Inhaltsverzeichnis f ü r einen Picknickkorb, den sie auf ihrer Waldwanderung ben ö tigen w ü rden. Nach einer Stu n de hatte er die Liste der erforderlichen Zutaten fertig, schloss den matt schimmernden Bildschirm und zog sich anschlie ß end die Decke ü ber die Ohren. Er murmelte ein unzusammenh ä n gendes Abendgebet, in dem er sich, schon im Halbschlaf, w ü nschte, dass er mit Hermanni Heiskari, der hinter der Wand schlief, tats ä chlich bis zum n ä chsten Sommer gemeinsam reisen d ü rfte. Er selbst war ein so armer Mann, dass f ü r ihn auf eigene Kosten h ö chstens eine Fahrt von Ta m misaari nach Inkoo infrage kam.
    Geldlosigkeit war ein Zustand, der irgendwie zu Leuten pas s te, die von Geburt an arm waren, wie Hermanni Heiskari und seinesgleichen, Leuten also, die keine Erfahrung mit dem Leben im Reichtum hatten, aber f ü r ehemals Reiche war A r mut eine ungeheure Pr ü fung. Wenn ein Kind mit nur einer Hand zur Welt kam, dann vermochte es sein Los kaum zu beklagen, denn das Fehlen der Hand tat nicht weh, und das Kind hatte nie mit der Existenz zweier H ä nde Erfahrung gemacht, aber ganz anders war es, wenn ein zweih ä ndiger gesunder Mensch im reifen Alter eine Hand einb üß te, dann hatte er Probleme. Er konnte sich partout nicht daran gew ö h nen, mit der Linken zu schreiben, sofern ihm die Rechte abgenommen worden war, und wie sollte er noch Messer und Gabel benutzen!?
    Der Zug ratterte ü ber Parkano nach Norden, vorbei an O u lu und Kemi, und morgens erreichte er Kolari.
     

21
     
    In Kolari nahmen sich die beiden M ä nner ein Taxi, kauften t ü chtig ein und fuhren dann die drei ß ig Kilometer nach Ven e j ä rvi. Das Dorf lag am Ufer eines sch ö nen Sees, an einem prachtvollen Hang, umgeben von der Weite der Ö dmark. Wenn der Taxifahrer nicht dabei gewesen w ä re, h ä tten sie kaum den Weg gefunden, der zu den Unterst ä nden der Wal d gardisten f ü hrte, denn die D ö rfler h ü llten sich dar ü ber in Schweigen. Dem Taxifahrer, den sie kannten, verrieten sie, wie man zum » Leidensquartier « , wie die Unterst ä nde genannt wurden, g e langte. Zwei Kilometer Landstra ß e waren zur ü c k zulegen.
    Ragnar hatte so reichlich Proviant eingekauft, dass sie den Taxifahrer als Tr ä ger gewinnen mussten. Er zog sich Gumm i stiefel an, schwang sich den Rucksack auf den R ü cken, und gemeinsam stapften sie in den Wald. Am Stra ß enrand blieb der verschlossene Mercedes zur ü ck, an seinem Armaturenbrett lief das Taxameter weiter und bescherte dem Fahrer einen t ü cht i gen Verdienst.
    Nach mehreren Hundert Metern sahen sie vor sich ein Schild, eine gro ß e, rote, runde Blechplatte, die an einen ve r trockneten Baum genagelt war und in schwarzen Lettern die Inschrift LEIDENSQUARTIER trug, ein dicker schwa r zer Pfeil darunter zeigte die Richtung an. In einem nahen Sandh ü gel entdeckten sie eine zwei Meter lange und einen Meter breite versandete Grube. An einem Ende war eine mit Plexiglas g e sch ü tzte Bildplatte angebracht, auf der zwei traurig auss e hende Ö dmarktannen zu sehen waren, zwischen ihnen stand ein kurzer Text, demzufolge einer der Waldgardi s ten » v. 1941-45, mehr als vier Jahre, eingesalzen in diesem Grab gel e gen hatte « . Ob er an einer Krankheit oder an einem Unfall gesto r ben war, verriet die Inschrift nicht.
    Der Pfad zu den Unterst ä nden verlief ü ber flache Landr ü cken. Zwischendurch ging man durch Kahlschlaggebiete, in denen sich der Pfad fast verlor, bis die Wanderer schlie ß lich ans Ziel gelangten. Das Versteck war in einen flachen Sandh ü gel inmitten eines dichten W ä ldchens gegraben worden, das an ein weites Reisermoor grenzte. Zwei, drei Unterst ä nde waren erhalten, sie waren ü ber flache Sch ü tzengr ä ben verbunden. Vermutlich hatte es dort Schie ß scharten in die verschiedenen Richtungen gegeben. Als Feuerstelle hatte der blanke Erdb o den gedient, und f ü r den Rauchabzug gab es ein mit Steinen ausg e kleidetes

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