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Vom Schisser zum Glückspilz in sechsundzwanzig Tagen

Vom Schisser zum Glückspilz in sechsundzwanzig Tagen

Titel: Vom Schisser zum Glückspilz in sechsundzwanzig Tagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maori Kunigo
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ich mich nicht verlaufen habe. Aber dann tauchen immer wieder mitten
im Gebüsch die kniehohen Muschelwegweiser auf, und ich stapfe beruhigt weiter.
Einmal durchquere ich sogar ein Maisfeld, der Weg führt einfach mittendurch.
Eigentlich habe ich mit mehr Problemen gerechnet, aber ich komme erstaunlich
gut voran.
    Irgendwann um halb neun herum,
kurz vorm Weiler Rapote, holt Marcos mich schließlich ein. Gemeinsam laufen wir
bis zum typisch galicischen Dörfchen A Pena. Ältere Häuser, einige längst
verlassen, langweilige Neubauten, Höfe und Ställe, hórreos — traditionelle
längliche Kornspeicher auf steinernen Pfeilern-, eine Kirche, und dazwischen
lauter verwinkelte Gassen. Ein offensichtlich geschäftstüchtiger Kneipier hat
mit knallig roter Farbe »BAR« auf den asphaltierten Weg gepinselt. Marcos und
ich sind uns sofort einig, dass das hier unsere heutige Café-con-Leche-Town
ist, und hinterlassen Chris einen Zettel mit dem Hinweis: »Hey Chris, we are
in the bar! M + M«. Anschließend folgen wir den roten Pfeilen zur
Bar oben an der Schnellstraße, um uns ein Mini-Frühstück zu gönnen. Kurze Zeit
später trifft Evelyn ein und bestellt sich eine stattliche Portion huevos
con bacon , Eier mit Speck. Nach wenigen Minuten des Wartens wird die Kleine
ungeduldig, aber Marcos weist auf die junge Frau hin, die sich in der
einsehbaren Küche einen abmüht. Vielleicht schneidet die ja gerade ein Tier in
Scheiben? Jedenfalls bekommt unsere Polin nach einer respektablen Wartezeit
endlich ihr Frühstück: Spiegeleier und, daneben sauber und ordentlich
aufgereiht, drei knusprige Speckstreifen. »In Polen gibt es auch so etwas, aber
wir matschen das alles zusammen«, klärt Evelyn uns fröhlich auf und lässt es
sich schmecken. Ich starre meinen mickrigen Marmeladen- tostada an und
beschließe, ab morgen nur noch polnisch zu frühstücken. Chris scheint heute
nicht mehr aufzutauchen, also beschließen Marcos und ich weiterzugehen. Just in
diesem Moment taucht die pummelige Japanerin von gestern mit unserer Botschaft
in der Hand auf und fragt Marcos, ob er Chris sei. Ach herrje, ist die Frau
stumpf. Kann ihr mal jemand einen Eimer Wasser über den Kopf kippen? Kein
Wunder, dass Chris nicht auftaucht. Wenn die Frau sich nicht sicher ist, wieso
lässt sie die Nachricht nicht einfach liegen und übermittelt den Inhalt verbal?
Nun steht sie mit dem Zettel in der Hand vor Marcos und kommt sich furchtbar
doof vor. Dass sie das ist, brauche ich ihr dann auch nicht mehr zu sagen.
    Anschließend läuft mir Marcos
erwartungsgemäß mit Leichtigkeit davon. Aber ich lasse mich zu nichts hinreißen
und schreite mit eiserner Disziplin meine Kilometer ab. Das liest sich
schlimmer als es in Wirklichkeit ist: Traumhafte, weitläufige Felder und ein
Wahnsinnswetter sorgen dafür, dass ich kaum Schmerzen geschweige denn Müdigkeit
verspüre. Immer wieder erhasche ich einen Blick auf das Nebelmeer, das sich in
einer Senke in der Ferne gebildet hat. Und was mir noch auffällt: Obwohl ich
permanent an Feldern vorbeilaufe, habe ich keine Probleme mit meinen Allergien.
Eine Weile geht es nur über Asphalt, und da ich weit und breit niemanden sehe,
den ich stören könnte, benutze ich meine Stöcke eben ohne Gummikappen. Dafür
verändere ich die Stocktechnik und stoße nicht mehr in den Boden, schließlich
würde das auf Dauer meine Handgelenke zerlegen. Etwa zwanzig Kilometer habe ich
bereits zurückgelegt, als ich an einer Schnellstraße in einer Bar einkehre. Vor
dem Lokal sitzt ein bärtiger Bursche, der mit einem völlig überladenen Esel
unterwegs ist. Das arme Tier kann sich kaum noch auf den Beinen halten. Wofür
das gut sein soll? Ich weiß es nicht. Offensichtlich benutzt er das Tier als
Transportmittel; wieder so ein Moment, in dem ich gerne fließend Spanisch
sprechen können möchte. Am liebsten würde ich ihn fragen, wieso er das Tier
leiden lässt. Ob es einen triftigen Grund gebe, eine Notwendigkeit, die keinen
anderen Ausweg kennt. Ich weiß schon, dass ein Esel in der Lage ist, schwere
Lasten zu tragen. Aber ich binde doch kein vollgepacktes Tier bei dreißig Grad
im Schatten in die pralle Sonne. Außerdem kann mir keiner erzählen, dass
heutzutage noch irgendeiner mit einem Esel durch die Gegend wandern muss. Und
dass Esel so etwas gerne tun, ist mal absoluter Bullshit, der aus jedem
Tierquäler dezent rausgeprügelt gehört. Die zwei Pilger, die bei ihm sitzen,
finden den Bärtigen wahnsinnig interessant. Während sich

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