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Vom Schisser zum Glückspilz in sechsundzwanzig Tagen

Vom Schisser zum Glückspilz in sechsundzwanzig Tagen

Titel: Vom Schisser zum Glückspilz in sechsundzwanzig Tagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maori Kunigo
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da mir die kühle galicische
Nachtluft um die Nase weht, denke ich mir: Ach, scheiß auf die Mücken, die
machen auch nur ihren Job. Merkwürdiger Gedanke.
    Die Herberge ist wirklich
wunderschön gestaltet und wirkt durch die orangefarbene Straßenbeleuchtung wie
eine detaillierte Rekonstruktion für ein Freilichtmuseum. Bei der Illumination
des hórreo haben sich die Macher eines bewährten Prinzips bedient:
Bodenstrahler erzeugen bei steinernen Bauwerken einfach den besten Effekt.
Meistens zumindest. Aus den zahlreichen offenen Fenstern höre ich einige Pilger
schnarchen. Zwei kleine Hunde trippeln aus der Richtung der Bar direkt auf mich
zu. Das passt mir eigentlich überhaupt nicht, denn wie bereits erwähnt mag ich
keine Hunde. Seit frühester Kindheit trage ich eine latente Angst vor ihnen mit
mir herum, und dabei spielt es überhaupt keine Rolle, ob es sich um
wolfsähnliche Kampfhunde oder um kleine, putzige Wollknäule handelt. Diese
beiden jedenfalls haben wohl überhaupt nicht mit mir gerechnet, denn die
knuffigen Mischlinge — einer schwarz, einer weiß — starren mich ebenso verdutzt
an wie ich sie. Scheinbar ist der schwarze der Entschlussfreudigere von beiden,
denn er sucht nach wenigen Sekunden Bedenkzeit das Weite. Der Weiße fühlt sich
ein wenig allein gelassen und ist etwas verunsichert. Zunächst blickt er seinem
feigen Freund hinterher, anschließend mich an. Vorsichtig setzt er ein
»Knurrrr« an. Ich glotze ihn an und rühre mich nicht vom Fleck. Jetzt wird er
ein wenig forscher und bellt einmal kräftig. Keine Reaktion meinerseits, nur
Schnaufen und Husten aus den Schlafräumen um uns herum. Irgendwann wird’s dann
auch einem Hund langweilig. Der Kleine wendet sich von mir ab und trippelt
einige Meter in die Richtung, in die sein Kamerad verschwunden ist. Dann bleibt
er stehen, dreht sich skeptisch um und blickt mich an. Nach wenigen Sekunden
trippelt er einige Meter weiter, dreht sich sicherheitshalber noch einmal um
und glotzt mich schon wieder an. Für einen streunenden Hund ist er aber
ziemlich menschlich. Schließlich verschwindet er um die Ecke, und ich frage
mich, was es mit meiner Hundeabneigung auf sich hat. Da ich eine ausgeprägte
Lärmphobie habe, behagen mir bellende Hunde nicht. Logisch. Katzen können miauen
wie sie wollen, besonders laut wird es nur, wenn sie sich gegenseitig bepöbeln
und anfauchen. Als kleines Kind wurde ich von einem riesigen, hässlichen Köter
urplötzlich furchtbar laut angebellt. Ich habe mich extrem erschrocken, und ich
erinnere mich noch genau, wie der Hundehalter und seine Uschi mich ausgelacht
haben. Seitdem gehe ich Hunden grundsätzlich aus dem Weg, ich habe eine
regelrechte Abneigung gegen sie entwickelt. Jetzt fällt mir noch etwas ein, was
mir meine Eltern vor Ewigkeiten einmal erzählt haben. Als ich noch ein Baby
war, wohnte über unserer damaligen Wohnung in Gelsenkirchen ein Hundehalter.
Dessen Haustier soll wirklich schlimm gewesen sein, denn es bellte und bellte
wie ein Verrückter. Jetzt soll mir hier keiner kommen mit »Hunde sind immer
lieb, und wenn sie doof sind, dann nur wegen falscher Erziehung«. Tut mir leid,
aber wenn ein Hund falsch erzogen wurde und sich zu einem Bastard entwickelt
hat, dann ist der Hund eben doof. Saddam Hussein wurde bestimmt auch irgendwie
falsch erzogen. Auf jeden Fall mussten mein Bruder und ich als Kleinkinder wohl
das permanente Bellen dieses Saddam-Hundes ertragen. Zumindest bei mir scheint
es nicht spurlos vorbeigegangen zu sein, so dass ich heute Hunden möglichst aus
dem Weg gehe. Nur bei extrem lieben Hunden, etwa von Freunden, kann ich mich
überwinden. Nebenbei bemerkt bringen mich diese besonders militanten
Hundehalter zur Weißglut. Von denen können sich dann alle, die nicht gleich mit
Hunden ins Bett gehen, anhören, was für abgrundtief schlechte Menschen sie doch
seien. Ja, als ob Hundeliebe die Moralvorstellungen eines Menschen definiert.
Lächerlich. Aber dann schön Auto fahren, Zigaretten rauchen, baden, grillen,
was weiß ich. Mit Hunden ist es im Grunde wie mit Menschen: Manche mag man, manche
nicht. Ich projiziere wohl meine Verachtung gegenüber doofen Hunden auf alle — oder
noch schlimmer, die Abneigung gegenüber doofen Hundehaltern. Ergo macht der
Satz »Ich mag Hunde« ebenso wenig Sinn wie die Aussage »Ich hasse Hunde«. Ich
mag einige wenige Hunde, und die vielen doofen eben nicht. Wieder einmal eine
Notiz an mich. Am besten, ich leg’ mich wieder hin.
     
    Ich wache

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