Vom Umgang mit sturen Eseln und beleidigten Leberwürsten - wie Sie Konflikte kreativ lösen
Markus und Julia aus unserem Beispiel zurück.
Julia ärgert sich darüber, dass ihr Mann Markus den Rasen nicht mäht, obwohl die beiden vereinbart haben, dass er für das Mähen des Rasens zuständig ist. Julia meint, dass alles an ihr hängenbleibt – wie immer – und sie »eh der Haustrottel« sei.
Damit deutet sie zwar ihre Empfindungen an – allerdings nur in Form von Vorwürfen gegen Markus. Markus wird mehr damit beschäftigt sein, Julias Angriffe abzuwehren, als zu versuchen, sie zu verstehen. Ernsthaft besprochen wird das dahinter liegende Thema nicht.
Du bist eigentlich gar nicht gemeint!
Mit unseren Gefühlslagen werden nicht nur die auslösenden Personen konfrontiert. Auch völlig unbeteiligte Personen bekommen davon etwas ab. Haben wir beispielsweise Ärger in der Arbeit, sind wir auch gegenüber unserem Partner und unseren Kindern gereizt und streiten mehr als gewohnt. Andersherum profitieren Unbeteiligte auch von unseren Glücks-und Erfolgsgefühlen. Wir sind dann gut drauf, großzügig, tolerant, fröhlich, unkompliziert und selbstbewusst, nichts kann uns so schnell aus der Ruhe bringen.
Unerfüllte Bedürfnisse erkennen
Wie die beiden sollten also auch wir in solchen Situationen nicht am vordergründigen Streitthema festhalten, das liegt ja jeweils auf der Hand, sondern herausbekommen, welches Thema dahintersteckt. Wir wissen, dass unerfüllte Bedürfnisse zu schlechten Gefühlen führen. Machen wir uns vorab noch einmal klar, welche menschlichen Bedürfnisse es gibt. Hier ein paar Beispiele:
Zugehörigkeit
Akzeptanz, Anerkennung, Wertschätzung
Selbstbestimmung/Freiheit
Sicherheit
Hingabe
Leichtigkeit, Lebensfreude, Humor
Harmonie
Zuverlässigkeit, Verbindlichkeit, Einschätzbarkeit
Ruhe, Entspannung
Herausforderung, Abenteuer
Naturverbundenheit
Ordnung, Struktur
Liebe
Gleichberechtigung, partnerschaftliches Miteinander
Gerechtigkeit
Es geht darum, dass wir das unerfüllte Bedürfnis erkennen. Das ist gar nicht so leicht. Unsere Gedanken zeigen sich deutlich, sie schießen uns in den Kopf und lassen uns nicht mehr los. Unsere Gefühle rumoren in uns, machen uns unruhig oder verursachen körperliche Beschwerden. Im Gegensatz dazu sind unsere Bedürfnisse leise. Sie liegen in der Tiefe verborgen, zeigen sich oft nur indirekt in Form vonVorwürfen, Jammern und Klagen und werden dadurch nicht wirklich als Thema erkannt. Deshalb müssen wir nach ihnen gezielt Ausschau halten.
Situation – Gedanken – Gefühle – Bedürfnisse
Wir müssen auf die Suche gehen nach unserem unerfüllten Bedürfnis
Um unsere Bedürfnisse kennenzulernen, müssen wir in einer Konfliktsituation innehalten und in uns hineinhorchen. Statt uns im Eifer des Gefechts nur mit dem aktuellen Anlass auseinanderzusetzen, sollten wir lieber gezielt nach unseren unerfüllten Bedürfnissen suchen. Hiermit machen wir bereits den ersten Schritt, unsere Gefühle ernst zu nehmen und zu verstehen. Wie wir eben bereits erarbeitet haben, ist dies eine wichtige Voraussetzung für deren Beruhigung (siehe Seite 33 f.).
Lassen Sie uns nun sehen, welche unerfüllten Bedürfnisse sich möglicherweise bei Julia melden.
Welches unerfüllte Bedürfnis hat Julia?
Vielleicht wünscht sie sich, dass Markus ihren Einsatz in Haus und Garten mehr wahrnimmt und anerkennt. Oder sie wünscht sich von Markus, dass er mit ihr die Verantwortung für die Familie und das Haus mit allem Drum und Dran teilt. Vielleicht hat sie auch ein Bedürfnis nach Leichtigkeit,
welches von der Last der Verantwortung erdrückt wird, oder sie wünscht sich mehr Unabhängigkeit, die sie seit ihrer Heirat und noch mehr seit der Geburt ihrer Kinder nicht mehr hat.
Es kann eine ganze Weile dauern, bis Julia ihr unerfülltes Bedürfnis klar benennen kann. Weil es oft viele verschiedene Möglichkeiten gibt, erfordert es die Bereitschaft, sich auf sein inneres Erleben wirklich einzulassen und sich selbst ernst zu nehmen. Aber irgendwo liegt der Kernpunkt, um den es wirklich geht.
Wenn Julia ihr Bedürfnis erkannt hat, wird sie eine deutliche innere Entlastung spüren. Ihre heftigen Emotionen finden zur Ruhe, denn diese werden jetzt ernst genommen und verstanden. Diese beruhigende Wirkung entsteht bereits, wenn sie sich selbst ernst nimmt und besser versteht, um was es ihr im Kern genau geht.
Eine Konfliktlösung muss dadurch nicht immer leichter werden, sie wird nur klarer. Julia kann Markus gegenüber deutlicher benennen, worum es ihr
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