Vom Umgang mit sturen Eseln und beleidigten Leberwürsten - wie Sie Konflikte kreativ lösen
geht. Markus wird sich leichter tun, sie zu verstehen. Er kann nun gezielter auf Julias Bedürfnis reagieren und prüfen, ob, wo und wie er Julia entgegenkommen kann.
Wenn wir unser unerfülltes Bedürfnis klar benennen können, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass es erfüllt wird, deutlich an. Doch Vorsicht: Es bedeutet nicht, dass es deswegen immer erfüllt wird. Aber es entsteht Klarheit für alle Beteiligten, woran man ist.
Übung
Betrachten Sie einen Ihrer Konflikte. Welches Ihrer Bedürfnisse ist gerade unerfüllt und zeigt sich in diesem Beispiel?
Halten wir fest: Unsere negativen Gedanken und Gefühle können uns Warnsignale sein, dass irgendetwas nicht bzw. nicht mehr stimmt. Sie melden sich laut und heftig wie Sirenen, bis wir uns dem Thema zuwenden und uns die Ursache, also unser unerfülltes Bedürfnis, bewusst machen. Später wird es auch darum gehen, die unerfüllten Bedürfnisse unseres Konfliktpartners herauszuhören.
Tipps:
Schärfen Sie Ihre Aufmerksamkeit im Streitgespräch. Nehmen Sie bei sich und anderen verdeckte Themen, die sich in Form von Vorwürfen oder Andeutungen zeigen, zur Kenntnis. Hinterfragen Sie sich selbst: Warum sage/denke ich das so? Was will ich wirklich ausdrücken? Worum geht es mir »eigentlich« oder »noch«? Versuchen Sie also im ersten Schritt, sich selbst besser zu verstehen.
Das individuelle Konfliktverhalten
Kennen Sie das? Da wollten Sie jemanden lediglich auf einen kleinen Fehler aufmerksam machen und der andere überrascht Sie mit seiner Reaktion. Vielleicht beginnt er sofort zu streiten, antwortet mit einem »dummen« Kommentar oder macht sich über Ihr Anliegen lustig. Sie wundern sich über diese unbekannte Seite Ihres Mitmenschen. So hätten Sie ihn bislang nicht eingeschätzt. Doch nicht nur andere, auch wir selbst reagieren in Konflikten immer wieder »unberechenbar«.
Fakt ist: Jeder Mensch geht mit Konflikten anders um, und jeder Mensch ist in unterschiedlicher Weise »konfliktfreudig« und auch »konfliktfähig«. Das hat mit verschiedenen Aspekten unserer Persönlichkeit und unserer Erfahrung mit Konflikten zu tun. Unsere Konfliktbewältigung hängt von verschiedenen Faktoren ab:
Persönlichkeit: Je nach Temperament streiten wir laut oder leise, reagieren aufbrausend oder ziehen uns zurück, wollen Konflikte aktiv klären oder hoffen, dass sie sich von selbst auflösen.
Erziehung: Wie haben wir als Kind gelernt, mit Konflikten umzugehen? Welches Verhalten haben uns unsere Eltern vorgelebt?
Was davon prägt heute noch unser Konfliktmuster?
Schuldgefühle: Suchen wir Schuld bei uns selbst (kommt selten vor) oder beim anderen (kommt häufig vor)?
Schwere des Konfliktes: Wie bedeutsam ist ein Konflikt für uns? Es gibt kleine, eher oberflächliche Konflikte, die uns zwar ärgern und Nerven kosten, die uns aber nicht sonderlich tief im Herzen treffen. Sie sind einfach zu lösen. Anders bei schweren, anhaltenden Konflikten, die eine Einstellungsänderung erfordern (siehe Seite 125 ff.).
Wenn Konfliktmuster aufeinanderprallen
Die Art und Weise, wie wir unsere Konflikte aufnehmen und bewältigen, ist demnach individuell sehr verschieden. Wie wir beispielsweise damit umgehen, wenn uns ein Thema oder eine Person angreift und unter der Gürtellinie trifft. Und dann ist da auch noch die Frage, wie wir aus einem Konflikt wieder herausfinden und einen Schlusspunkt setzen. Das alles beschreibt unser persönliches Konfliktmuster. Je genauer wir unser Muster kennen, desto gezielter können wir es beeinflussen und steuern und uns damit in unserer Konfliktfähigkeit weiterentwickeln. Wir sind dann nicht länger »Opfer« unserer Emotionen und reagieren unüberlegt so, wie wir es immer schon getan haben. Manche kritische Konfliktsituation, die aus unserem Muster bislang immer wieder entsteht, muss sich dann nicht länger wiederholen.
In einem Konfliktfall treffen die verschiedenen Muster der Beteiligten aufeinander, und es entsteht jeweils eine ganz eigene Dynamik. Die beiden Muster laufen nicht losgelöst nebeneinander ab, sondern beeinflussen sich gegenseitig. Der konkrete Konfliktverlauf wird dadurch schwer einschätzbar. Das führt dazu, dass wir mit manchen Menschen leichter streiten können als mit anderen. Manche Konfliktmuster von anderen können wir besser nachvollziehen und akzeptieren. Andere wiederum lehnen wir ab, halten sie für absurd und wehren uns dagegen.
Um Sie beim Erkennen Ihres eigenen Konfliktmusters zu unterstützen, finden Sie
Weitere Kostenlose Bücher