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Von Alkohol bis Zucker - 12 Substanzen die die Welt veränderten

Von Alkohol bis Zucker - 12 Substanzen die die Welt veränderten

Titel: Von Alkohol bis Zucker - 12 Substanzen die die Welt veränderten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Mähr
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Die gestrichelten Linien bedeuten, dass sich das Atom am Ende des Gestrichels unter der Papierebene befindet; dick gemalte keilförmige Bindungen heißen, das Atom an ihrem Ende liegt über der Papierebene, ragt also vorne raus; man will damit andeuten, dass es sich um ein räumliches Gebilde handelt, das in der flachen Ebene des Papiers nicht realistisch dargestellt werden kann. Rechts oben gibt es einen Keil, an dessen Ende nichts steht, ein Druckfehler? Nein, nur eine weitere Chemikermarotte, um die Menschen zu verwirren: Dort steht eine Methylgruppe (-CH 3 ), die man einfach weggelassen hat. Bleibt die komische Struktur ganz rechts oben (im »Nordosten«) des Moleküls: die drei parallelen Striche – das ist eben die Ethinylgruppe , die schon im Namen vorkommt, ausgeschrieben -C≡C-H, mit einer Dreifachbindung zwischen zwei Kohlenstoffatomen; der linke Bindungsstrich ist wieder gestrichelt, die Gruppe ragt also nach hinten … jetzt hör ich auch schon auf mit diesem vertrackten Molekül, die Frage bleibt: Wer macht so etwas blödsinnig Kompliziertes? Antwort: die Natur selber; an dem Vierringgebilde hat sie geradezu einen Narren gefressen und verwendet es für vielseitige Zwecke, die auf den ersten Blick wenig miteinander zu tun haben. Schon im 18. Jahrhundert fand man in Gallensteinen eine feste Substanz, die den Namen Cholesterin erhielt – von griech. chole = »Galle« und griech. stereós = »fest«. Ähnliche Stoffe hießen danach Steroide . Sie zeigen den Aufbau mit vier Ringen, was allerdings erst am Beginn des 20. Jahrhunderts aufgeklärt wurde, vor allem von Adolf Windaus und Heinrich Wieland (beide Chemienobelpreisträger). Steroide regeln die Fortpflanzung, in Form des erwähnten Cholesterins sind sie Bestandteil der Zellmembran (Cholesterin ist eine der häufigsten Substanzen im menschlichen Organismus, sehr viel enthält das Gehirn!); aber auch die für die Fettverdauung wichtigen Gallensäuren zeigen Steroidstruktur – und schließlich, nicht unwichtig für unser Thema, kommen sie auch in Pflanzen vor: als Seifenstoffe, Herzmittel und Krötengifte. Sogar das Häutungshormon der Insekten, das Ecdyson , ist ein Steroid. Unterscheiden tun sie sich alle durch die Gruppen, die an den Ringatomen angehängt werden können, manche klein, manche ausgedehnte Seitenketten. Kleine Veränderungen machen einen großen Unterschied. Zur Demonstration das männliche Sexualhormon Testosteron und ein weibliches, das Estradiol.

    Erinnert ein wenig an die Rätselecke in der Zeitung: »… im unteren Bild hat unser Zeichner sechs Änderungen versteckt. Finden Sie die Unterschiede!« – Es kommt also sehr darauf an, welche Gruppen in welche Richtung von dem Gerüst abstehen, wo etwa Doppelbindungen vorhanden sind … Unser Mitgefühl gehört den Armen, die das ganze Zeug für eine Prüfung in pharmazeutischer Chemie lernen müssen. Wir wollen uns damit nicht aufhalten.
    Das Ethinylestradiol, von dem wir ausgegangen sind, wird in der Pille normalerweise von weiteren Hormonen begleitet – über die Funktionsweise ließen sich viele Seiten mit der Fortpflanzungsbiologie des Menschen füllen (was in anderen Büchern auch geschehen ist); ich erspare mir das hier mit der Zusammenfassung, dass die Pille dem weiblichen Organismus vorgaukelt, schon schwanger zu sein, weshalb er keine Maßnahmen ergreift, eine weitere Eizelle aus dem Eierstock in den Eileiter auszustoßen (Ovulation) . Die Pille ist aus diesem Grund als »Ovulationshemmer« bekannt. Das funktioniert außerordentlich gut. Man misst die Wirksamkeit von Verhütungsmethoden mit dem vom amerikanischen Biologen Raymund Pearl entwickelten »Pearl-Index«. Er gibt an, wie viele sexuell aktive Frauen, die eine bestimmte Verhütungsmethode anwenden, innerhalb eines Jahres trotzdem schwanger werden. Ein Index von zum Beispiel 10 heißt, dass von 100 Frauen 10 schwanger werden. Bei der Pille liegt der Index zwischen 0,1 und 0,9 – da frau nicht ein »bisschen« schwanger werden kann, also auch nicht 0,1 oder 0,9 Mal, heißt das umgerechnet, dass eine ungewollte Schwangerschaft bei 1000 Frauen vorkommt, wenn die Methode gut funktioniert – oder eine auf 111 Frauen, wenn es nicht so gut funktioniert. Bei wirklich hundertprozentiger Wirksamkeit wäre der Pearl-Index exakt null, das ist aber nicht erreichbar. Die richtige Einschätzung der Pille ergibt sich erst, wenn man sie mit anderen Methoden vergleicht. Die Berechnung der fruchtbaren Tage nach Knaus-Ogino zeigt

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