Von allen guten Geistern geküsst: Roman (German Edition)
geringsten Widerstandes zu gehen. Deswegen hast du Weaver mit hereingebracht: dickes Gewehr, dicker Helikopter – als wenn wir das nötig hätten, noch mehr verdammtes Metall –, alles, um es dir leichter zu machen, weil dein Leben so verdammt hart war. Deswegen trinkst du auch, damit du das Leben nicht mehr fühlst. Nur noch Selbstmitleid. Der einsame Überlebende.« Ihre Stimme wurde rau. »Na ja, besser, der Überlebende zu sein als tot.«
Sie brach ab, und Ethan bemerkte, dass sie nach Atem rang.
»He, he, beruhige dich«, mahnte er.
Glenda schüttelte den Kopf. »Gus ist jetzt der einzige Erfahrene in der Guardia . Dabei schwindet sein Gehör immer mehr, und er wird alt. Erstaunlich, dass er überhaupt noch jeden Morgen den Park abgehen und jeden Abend die Drachenbahn laufen lassen kann. Du hast eine unerfahrene Mannschaft, die du noch nicht wirklich versucht hast zusammenzuschweißen, und du hast keine Ahnung, wie man die Unberührbaren einfängt, weil du nicht darüber nachdenken willst, weil es unangenehm ist.«
Ethan schob das Glas beiseite. Sie hatte unrecht, aber er war dankbar dafür, dass er sie, nachdem sie praktisch gestorben war, überhaupt wiederhatte, auch wenn sie ihn beschimpfte.
Sie erhob sich und stützte sich dabei mit den Händen auf die Tischplatte. »Na ja, jetzt liegt alles bei dir, du kannst tun, was immer du willst, und wenn es nicht funktioniert, dann kannst du natürlich einfach einen kippen und nicht mehr daran denken. Die Welt um dich herum wird die Hölle werden, aber du sitzt sicher in deiner Flasche.«
Ethan hob die hölzerne Urne in die Höhe. Sie war noch immer warm, und er fühlte Turas vibrierende Gegenwart darin. »Hey, wir haben sie gekriegt, das haben wir richtig gemacht. Und Selvans haben wir auch gekriegt.« Mit einem dumpfen Schlag stellte er die Urne auf den Tisch. »Und Fufluns wird niemanden umbringen, nicht wahr?«
»Schon allein die Tatsache, dass er frei ist, bringt uns in Gefahr. Mit jedem Unberührbaren, der aus seiner Urne freikommt, wird Kharos ' Macht größer. Sie stärken ihn. Und wenn Fufluns die Chance dazu hat, lässt er Tura wieder heraus. Wenn alle Fünf frei sind, können sie ihre eigene Form annehmen und müssen niemanden mehr besetzen, und dann gewinnen sie ihre volle Macht zurück. Das dürfen wir nicht zulassen.«
»Siehst du, das hast du mir nie gesagt«, meinte Ethan und hob sein Glas wieder an die Lippen.
»Du hast mir nur nicht zugehört.« Glenda atmete tief und zitternd ein, und Ethan fühlte sich schuldbewusst.
Sie ging zu dem Schrank über dem Kühlschrank hinüber, holte ein kleines Holzkästchen hervor, öffnete den Deckel und nahm einen Bund mit einem eisernen Schlüssel in der Form eines Pfeils und einem kleineren Schlüssel aus Stahl heraus. Sie reichte ihn Ethan mit den Worten: »Der kleine Schlüssel ist der von Hanks Wohnwagen. Ich habe ihn für dich vorbereitet, falls du dich irgendwann entscheidest, wieder wie ein Mensch leben zu wollen.« Sie beugte sich vor, gab ihm einen Kuss auf die Stirn und legte ihm eine zittrige Hand auf die Schulter. »Danke, dass du mein Leben gerettet hast. Jetzt sieh zu, dass du nüchtern wirst, und rette die Welt.«
Sie ging durch den schmalen Gang davon und verschwand in ihrem Schlafraum, und Ethan blieb allein auf der Bank zurück, die Flasche, die Urne und die Schlüssel vor sich auf dem Tisch.
Rette die Welt.
Tja, nicht in dieser Nacht.
Er trank sein Glas leer und ging dann in den Wald hinaus, um seinen Schlafsack zu holen. Als er zurückkam, lauschte er an Glendas Tür. Sie schnarchte. Sie lebte.
Er entrollte den Schlafsack in dem engen Gang vor ihrer Tür und streckte sich darauf aus. Er konnte zwar in dieser Nacht nicht die Welt retten, aber er konnte seine Mutter beschützen.
Ethan erwachte noch vor der Morgendämmerung. Er hatte nicht gut geschlafen, wieder einmal davon geträumt, wie er angeschossen wurde, den brennenden Schmerz in der Brust gefühlt, die Schreie seines Anführers gehört, und er brauchte einige Sekunden, um sich zu orientieren. Fast hätte er Turas Urne umgestoßen, die neben ihm stand, als er sich aufsetzte und nach seiner Pistole griff.
Die Schmerzen in seiner Brust würden ihn noch umbringen. Er schob eine Hand unter Weste und Hemd bis zu der Narbe, wo ihn die Kugel getroffen hatte, und fühlte einen harten Knoten. Was war das jetzt wieder? Er schälte sich aus der Weste und zog das Hemd aus. Er konnte den Knoten sehen, direkt unter der narbigen Haut,
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