Von allen guten Geistern geküsst: Roman (German Edition)

verwenden? Als eigenständige Kräfte oder bewaffnet?«
    Ursula, die Dämonen bewaffnen wollte. Ethan schloss die Augen. Die Folgen wären katastrophal, vor allem, da der Vorrat an Minions unbegrenzt schien. Mein Name ist Legion , hatte Weaver zitiert, und Ethan stellte sich Legionen von Minions vor, die über das Schlachtfeld schwärmten, sich an Schmerz und Verzweiflung nährten, immer stärker wurden, außer Kontrolle gerieten …
    »Nein«, antwortete er.
    Ursula wandte sich dem Dürren zu. »Er gehört euch.«
    »Tja, also da hätten wir verschiedene Möglichkeiten, Ma’am«, begann der Dürre. »Zum Beispiel mit der Zange Zähne ausreißen. Oder Fingernägel. Grillspieß ins Auge ist hässlich, aber sehr wirkungsvoll, vor allem, wenn das andere Auge ihn kommen sieht. Dann gibt’s den Zahnbohrer, wie in Marathon Man , aber die Ausrüstung ist ’n bisschen lästig zu beschaffen. Strom wirkt auch gut.«
    Der Dicke deutete auf die feuchten Wände.
    »Stimmt, hier drin nicht«, gab der Dürre zu. »Also ich persönlich, ich bevorzuge tägliche Prügel mit dem guten, alten Telefonbuch, nichts Übertriebenes, gute Handarbeit, das hat doch was Persönliches, wenn Sie wissen, was ich meine. Und außerdem hinterlässt es keine Spuren.« Er blickte über Ursula hinweg seinen Partner an. »Weißt du, was ich glaube, Quentin? Ich glaube, man muss sich auf’s Ergebnis konzentrieren, nicht auf dramatische Effekte. Tja, das is’ meine Meinung. Ich sage: Telefonbuch.«
    »Waterboarding« , entgegnete Quentin.
    »Na gut«, erwiderte der Dürre.
    »Macht es einfach«, fuhr Ursula sie scharf an.
    Sie verschwanden durch die offene Tür und kamen wieder herein. Der eine trug einen Eimer, der andere ein Stück Tuch.
    Ethan wurde es mulmig, seine Muskeln verkrampften sich.
    »Keiner hält das länger als zwanzig Sekunden aus«, stellte Ursula fest. Sie warf einen Blick auf ihre Uhr. »Ich nehme die Zeit.«
    »Im SERE steht der Rekord bei zweiundfünfzig Sekunden«, entgegnete Ethan.
    » SERE ?«, fragte Ursula.
    »Überlebenstraining in Fort Bragg. Survival, Evasion, Resistance, Escape«, erklärte Ethan in einem Versuch, Zeit zu gewinnen.
    »Ach wirklich? Und wer hält den Rekord?«
    »Ich.« Und nun wusste er endlich auch, warum er ihn hielt. Und warum er in Afghanistan überlebt hatte. Er war ein Guardia .
    »Beeindruckend.« Sie lächelte kalt. »Ich glaube, eine Minute kann ich erübrigen.«
    Sie nickte den Männern zu und ging, und der Dürre kurbelte mit irgendetwas unter dem Holzgestell, auf das Ethan gefesselt war, sodass es kippte und sein Kopf dreißig Zentimeter tiefer hing als die Füße. Quentin legte das Tuch über Ethans Gesicht und bedeckte es vollständig.
    »Ihr wisst, dass das heute ungesetzlich ist«, sagte Ethan mit dumpfer Stimme durch das Tuch. »Neue Regierungsgesetze und so.«
    Er bemerkte, dass er hyperventilierte, und versuchte, sich zu entspannen. Tief im Inneren fand er einen ruhigen Punkt, den er noch nie zuvor empfunden hatte. Sein Atem verlangsamte sich, sogar als er fühlte, dass Quentin den Eimer hob. Ethan schloss die Augen und den Mund unter dem Tuch. Verschloss sich ganz und gar.
    Wasser drang in das Tuch, in seine Nase.
    Und stoppte. Er atmete nicht, und dennoch empfand er keinen Sauerstoffmangel. Es war nichts zu hören außer dem Geräusch des Wassers, das langsam auf das Tuch und auf sein Gesicht gegossen wurde. Es klang sanft, fand Ethan, wie ein Sommerregen. Seine Gedanken strömten davon, tauchten in Erinnerungen an seine Kindheit in Dreamland ein.
    Ethan blinzelte Wasser aus den Augen, als das Tuch von seinem Gesicht gezogen wurde und grelles Licht ihn blendete.
    »Was, zum Teufel, bist du für einer?«, fragte Ursula heftig.
    »Dreiundfünfzig Sekunden?«, fragte Ethan.
    »Eine halbe Stunde. Du hast aufgehört zu atmen. Aber du bist immer noch am Leben.« Ursula sah aus, als würde sie im nächsten Augenblick einen Herzanfall bekommen oder ihm einen Pflock durch das Herz treiben. Dick und Doof stritten sich in der Nähe der Tür leise. Nun ja, der Dürre redete, Quentin stand einfach nur da.
    »Was, zur Hölle, bist du für einer?«, schrie Ursula ihn an.
    Ethan triumphierte innerlich. Er war nicht aufzuhalten. Er spannte die Muskeln gegen die Fesseln und erwartete, dass sie platzten, sodass er …
    Nichts.
    So viel zu übernatürlichen Kräften , dachte er. Das gehörte wohl nicht zum Dasein als Jäger. Aber eine halbe Stunde lang die Luft anzuhalten war schließlich auch nicht