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Von der Erde zum Mond

Von der Erde zum Mond

Titel: Von der Erde zum Mond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Hundert, tausend, erwiderte der Unbekannte empört. Oder vielmehr nein, ein einziges! Wollten Sie auf Ihrem Vorhaben beharren, so müßten Sie …
    »Wie unklug! mir so dafür zu begegnen, daß ich von meinem Freund Barbicane ein cylindrokonisches Geschoß begehrte, um nicht unterwegs mich umdrehen zu müssen, wie die Eichhörnchen!«
    – Aber, Unglückseliger, der fürchterliche Gegenstoß würde Sie in Stücke zersetzen!
    »Mein lieber Widersacher! Sie legen den Finger auf die wahre und einzige Schwierigkeit; doch habe ich eine zu gute Meinung von dem industriellen Genie der Amerikaner, um zu glauben, sie könnten dieselbe nicht lösen!«
    – Aber die Hitze, welche beim Durchschneiden der Luftschichten durch die Schnelligkeit des Projectils entwickelt wird.
    »O! Seine Wände sind so dick, und ich werde ja rasch über die Atmosphäre hinauskommen!«
    – Aber Lebensmittel? Wasser?
    »Ich habe ausgerechnet, daß ich für die Dauer eines Jahres mitnehmen kann, und meine Fahrt wird vier Tage dauern!«
    – Aber Luft zum Athmen unterwegs?
    »Ich werde solche auf chemischem Wege erzeugen.«
    – Aber wenn Sie je auf den Mond kommen, werden Sie dort zu Boden fallen.
    »Ein Fall auf die Erde würde sechsmal schneller sein, weil auf der Oberfläche des Mondes die Schwerkraft sechsmal geringer ist.«
    – Doch würde Sie noch hinreichend sein, um Sie wie Glas zu zerschmettern.
    »Und wer würde mich hindern, meinen Fall vermittelst angemessen angebrachter und rechtzeitig angezündeter Raketen langsamer zu machen?«
    – Aber endlich, vorausgesetzt, daß alle diese Schwierigkeiten gelöst, alle Hindernisse beseitigt seien, daß Alles noch Ungewisse zu Ihren Gunsten ausfiele; angenommen, daß Sie wohlbehalten auf dem Mond ankämen, wie würden Sie wieder zurückkommen?
    »Ich würde gar nicht wieder kommen.«
    Bei dieser durch ihre Einfachheit an das Erhabene reichenden Antwort blieb die Versammlung stumm, aber dies Schweigen war beredter, als enthusiastisches Geschrei. Der Unbekannte benützte dasselbe, um zum letzten Male seine Einsprache zu erheben.
    – Sie würden unfehlbar sich umbringen, rief er aus, und Ihr unsinniger Tod würde nicht einmal der Wissenschaft nützen!
    »Fahren Sie nur fort, edelmüthiger Unbekannter, denn wahrhaftig, Sie prophezeihen recht angenehm!«
    – Ah! das ist zu viel, rief der Gegner Michel Ardan’s, und ich weiß nicht, weshalb ich eine so wenig ernsthafte Unterredung fortsetzen soll. Führen Sie nur nach Belieben Ihr tolles Vorhaben aus. Ihnen hat man darüber nichts vorzuwerfen.
    »O! Geniren Sie sich nicht!«
    – Nein, ein Anderer wird für Ihr Thun verantwortlich sein!
    »Und wer denn, wenn’s beliebt?« fragte Michel Ardan in gebieterischem Ton.
    – Der Ignorant, welcher diesen so unmöglichen, rein lächerlichen Versuch veranstaltet hat.
    Das war ein directer Angriff. Barbicane hatte seit dem Dazwischentreten des Unbekannten sich mit äußerster Anstrengung zurückgehalten, um, wie manche Kessel »seinen Rauch zu verzehren«; aber als er sich so beleidigend angegriffen sah, stand er eilig auf und schritt auf seinen Gegner zu, der ihm trotzig in’s Gesicht sah, – als er plötzlich von ihm getrennt ward.
    Das Gerüst wurde auf einmal von hundert kräftigen Armen emporgehoben, und der Präsident des Gun-Clubs mußte mit Michel Ardan die Ehre eines Triumphzugs theilen. Es war zwar ein schwerer Schild, aber die Träger lösten sich einander unablässig ab, und jeder stritt sich darum, rang und kämpfte, um mit seinen Schultern zu dieser Huldigung beizutragen.
    Inzwischen hatte der Unbekannte den Tumult nicht benützt, um seinen Platz zu verlassen. Er hätte es auch in der dicht gedrängten Menge nicht vermocht. Für jeden Fall blieb er in der vordersten Reihe, mit gekreuzten Armen, die Augen fest auf Barbicane gerichtet.
    Dieser verlor ihn auch nicht aus dem Gesicht, und die Blicke beider Männer blieben wie gezückte Degen gegen einander gerichtet.
    Während dieses Triumphzugs blieb das Geschrei der unermeßlichen Menge fortwährend auf seinem Höhepunkt. Michel Ardan ließ sich’s mit augenscheinlichem Behagen gefallen; sein Antlitz strahlte. Manchmal schien das Gerüst in ein Schwanken zu gerathen gleich dem Stampfen und Schlingen eines Schiffes auf den Wogen. Aber die beiden Helden des Meetings verstanden sich auf die See; sie wankten nicht, und ihr Fahrzeug langte ohne Fährlichkeit im Hafen von Tampa-Town an.
    Es gelang Michel Ardan, sich dem äußersten Gedränge seiner

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