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Von der Liebe, linken Händen und der Angst vor leeren Einkaufskörben

Von der Liebe, linken Händen und der Angst vor leeren Einkaufskörben

Titel: Von der Liebe, linken Händen und der Angst vor leeren Einkaufskörben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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sind übrigens nur noch zu zweit. Ich und ein mir unbekannter Typ. An diesem Punkt frage ich mich, ob man das noch einen kleinen Kreis nennt. Gehen wir an Bord. Ich nehme H. mit und heimlich auch den Großen Larousse des XIX. Jahrhunderts in zwanzig Bänden, der voller unnützer Wörter steckt. Ich glaube, H. ist die Trostgesandte meiner Zwillingsschwester. Wer allerdings dieser Typ ist, weiß ich überhaupt nicht. Also rudern wir. Richtung Land.
    Wir haben das Schiff auf hoher See in die Luft gejagt, das Zeug flog bis in den Himmel, sah recht hübsch aus, muss ich zugeben. Doch ich habe mir jeden lyrischen Kommentar verkniffen, ich ahnte, dass das meinem Bootsgefährten nicht gefallen würde. Ich fühle mich ihm gegenüber gehemmt. Ich frage mich, ob er nicht überhaupt im Tribunal saß. Als Richter vielleicht? In dem Fall sollte ich lieber keinen Blödsinn reden.
    Ziemlich spät sind wir im Hafen von Levallois an Land gegangen, und ich habe versucht, meinen Gefährten des Zufalls zu bewegen, in einer Hafenkneipe ein Glas mit mir zu trinken und die aufgelösten Armeen wieder zu sammeln. Aber da war nichts zu machen, ein absolut unbestechlicher Mensch, er hat mir ganz schönden Marsch geblasen, da am Quai. Hausarrest, sozusagen. Es ist Nacht, und wir sitzen einander gegenüber im Boot. H. kauert zwischen meinen Füßen. Ich habe Heidekrauttee gebrüht von einem Rest, den ich mir von der Lieferung in Edinburgh aufgespart hatte (wenn ich daran denke, was für ein Abenteuer). Ich bin fast sicher, dass ich diesen Typen noch nie gesehen habe, ich verstehe überhaupt nicht, was der da will. Er sieht mich starr an, mich und meinen Faden. Wie wär’s, wenn wir H. zeichnen würden, so zu Beginn dieser kleinen Soirée? Nein, er verlangt, dass ich ihm erzähle, wie die Geschichte mit dem Knäuel ausgeht. Ist der verrückt oder was? Hat er das Urteil nicht gelesen? Ach so, ich verstehe, er will schon, dass ich es abwickle, aber sachlich, sinnvoll , von wegen der Umerziehung. Kein Wort zu viel, Schuster, bleib bei deinen Leisten. Ich verstehe.
    Verrückt, ich merke, dass ich mit euch rede, als wenn ihr noch da wärt, wie zu der Zeit, als wir mit wehenden Haaren auf der Triere der Hoffnung segelten und ihr in die Hände gespuckt habt und wie die Irren gerudert seid. Während ich doch ganz allein diesem unnachgiebigen Typen gegenübersitze, der nicht mal eine Napfschnecke in seinen Tee tun und keine einzige Ente zeichnen will. Keiner dieser Tricks zieht bei ihm. Ihr ahnt, was das für ein Mensch ist. Miteuch habe ich mich viel mehr amüsiert, wenn euch das tröstet. Aber so lautet das Urteil, ich nehme es an, ich bin in der Umerziehung, ich habe zu viel geredet, so steht es im Prozessprotokoll.
    Wir sind hier nicht mehr, um uns zu entspannen, das jedenfalls steht fest.
    Der Typ will die Fortsetzung der Geschichte, er verlangt, dass ich ihr einen Sinn gebe. Er beunruhigt mich irgendwie, er hat exakt den strengen Gesichtsausdruck eines Kerls, der einen Auftrag hat (bloß welchen, mein Gott). Den Ausdruck eines Kerls, der sich einbildet, über Konzepte zu verfügen und sie mir andrehen zu wollen, ihr versteht, was ich meine, und solche Leute kann ich nicht ausstehen. Er ermittelt, er fragt mich, was ich im Sinn gehabt hätte mit euren Ohren? Ob es ein Experiment gewesen sei? Ob es mich amüsiert hätte? Er ist ätzend, dieser Mensch, eisig, er spricht in knappen Sätzen, ohne mehr als das Nötigste zu sagen, er klebt förmlich an seinem Thema, überhaupt nicht mein Stil. Er sagt, ich machte zu viele Noten, was man Mozart vorgeworfen habe, aber ich sei nicht Mozart, und das stimmt. Wenn er die Antworten auf seine Fragen gleich selber gibt, soll er doch allein klarkommen, ich gehe dann mal.Ach so, das darf ich nicht. Ah, sehr gut, wusste ich nicht.
    Wenn ich verpflichtet bin zu bleiben, dann ist das etwas ganz anderes. Ihr, ihr habt gemeutert, ihr seid abgehauen, ich werfe keinen Stein auf euch. Aber ihr seht, wohin eure Meuterei mich gebracht hat, ich bin nun buchstäblich diesem Inquisitor ausgeliefert. Er verlangt eine Abwicklung des Knäuels mit so wenig Noten wie möglich, kein Schlingern, kein Ausufern, kurz gefasst, nüchtern, vernünftig, wir warten nicht mehr auf Samstagmorgen und die Sonne von Austerlitz, lass diesen ganzen Quark beiseite.
    Ist euch was aufgefallen? Jetzt duzt der Typ mich schon, als wenn wir gemeinsam Napfschnecken gehütet hätten, das darf doch nicht wahr sein. Ich vermute, es ist ein

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