Von der Liebe verschlungen
sich wieder auf der Bank nieder, die Hände am Samtpolster festgeklammert, und ich lachte.
Ich hatte gehört, dass vor langer Zeit die Pferde so gutartig und harmlos wie Pinkies gewesen waren, große Beutetiere, denen man außer Stehenbleiben und Galopp noch andere Gangarten beibringen konnte. Doch jetzt wuchs jeder Bludmensch mit dem Wissen auf, dass Kutschen mit einem heftigen Ruck anfuhren. Es gab sogar Handgriffe, die in die Wände eingebaut waren, für diejenigen, die zusätzlichen Halt brauchten. Verusha hatte recht, Casper hatte in der Tat noch eine Menge zu lernen.
»Die Fahrt durch die Stadt wird kurvenreich, deshalb solltest du dich vielleicht festhalten.« Ich zeigte auf den Handgriff. »Aber sobald wir auf der Straße zum Palast sind, wird es eine ganze Weile ziemlich langweilig. Die Fahrt wird mehrere Stunden dauern, und wir könnten durch andere Kutschen oder verschiedene Missgeschicke aufgehalten werden.«
»Missgeschicke?«
Ich machte eine wegwerfende Handbewegung und neigte mich mit der Kutsche, als wir um eine Kurve fuhren. »Gebrochene Achsen, steckenbleibende Räder, durchgehende Pferde, zufällige Begegnungen mit Bären. Das Übliche.«
Mit einem ärgerlichen Schnaufen zog er sein edles Jackett aus und faltete es, sodass das leuchtende Goldfutter darin sichtbar wurde, das beinahe denselben Farbton hatte wie sein Haar. Ich wollte ihm gerade den Haken an der Wand zeigen, als er das Jackett sauber daran aufhängte und sich dann in den Sitz fallen ließ, sodass seine Weste Falten warf.
»Ich bekomme das schon noch in den Griff«, sagte er verdrießlich und richtete sich wieder auf, um den Vorhang zurückzuziehen und hinauszuschauen.
»Du bist schlecht gelaunt.«
»Und?«
»Bludmänner sind das normalerweise nicht.«
Er starrte mich an, und ich lächelte mit großer Ruhe, ließ mich von der Kutsche schaukeln und strahlte die allgemeine selbstzufriedene Anmut und Gelassenheit eines gesättigten Raubwesens aus.
Ich erwartete seine übliche Reaktion, mit kecker Antwort und Grübchengrinsen. Doch stattdessen stützte er die Ellbogen auf die Knie und vergrub sein Gesicht in den Händen. »Ich mache mir Sorgen um Keen. So als würde ich sie vorbeihuschen sehen, wenn ich nur zum richtigen Zeitpunkt aus dem Fenster starre. Oder als würde sie als blinder Passagier auf dem Dach der Kutsche mitfahren.«
»Die Lakaien würden sie fesseln und als Imbiss betrachten«, brummte ich.
»Genau darum geht es. Ihr Überlebensinstinkt ist fantastisch. In unserer Welt kam sie ganz gut zurecht, und sogar in London kam sie noch über die Runden. Aber in Moskovia …« Er holte tief Luft.
»… kann man sich nirgendwo verstecken«, beendete ich den Satz für ihn.
»Ich habe ihr nie erklären können, dass ich nicht wusste, was der Bludwein mit mir macht, bis es zu spät war. Ich hatte solche Angst, sie zu enttäuschen. Es war schon schlimm genug, dass sie mich für einen betrunkenen Frauenhelden hielt, und vielleicht war ich das ja auch. Aber wenigstens bot ich ihr Sicherheit. Und sie verdient eine Erklärung. Sie verdient es, dass ich ihr sage, dass es mir leidtut.«
Ich verschränkte die Arme und sah ihm in die Augen. Er suchte nach Vergebung, doch da war er bei mir an der falschen Adresse. »Bereue niemals.«
Er setzte sich auf und sah mich an, halb zornig, halb neugierig. »Bereust du denn nie etwas?«, fragte er.
Ich betrachtete ihn. Er saß vornübergebeugt und fuhr sich mit dunklen Händen durchs Haar mit einer für einen Bludmann sehr untypischen Melancholie. Es war Zeit, mit seinen Lektionen zu beginnen. »Das ist der Kern der Sache, Casper. Ich bedaure, dass sie lieber weggerannt ist, als auf die Stimme der Vernunft zu hören, und ich bedaure, dass sie nicht zurückgekommen ist, damit du Ruhe finden kannst. Aber das ist alles, was ich bedaure. Du kannst dich dafür entschuldigen, wie die Dinge gelaufen sind. Du kannst dich dafür entschuldigen, wie sie sich fühlt. Aber du solltest dich niemals für das entschuldigen, was du bist. Im Kern, in deinem tiefsten Herzen, bist du eine Bestie. Gefühle werden nicht ändern, was ist. Widersprich nicht dem, was du bist.«
Er lachte reumütig auf, ließ sich auf die Seite fallen und rollte sich auf den Rücken, sodass er auf der langen Sitzbank lag und sein Haar über den Rand herabhing. Aber er sah mich nicht an. Sein Blick ging in weite Ferne, während er mit sich selbst rang.
Schließlich atmete er hörbar aus.
»Widersprech ich mir selbst? Nun gut, so
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