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Von der Liebe verschlungen

Von der Liebe verschlungen

Titel: Von der Liebe verschlungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delilah S. Dawson
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meiner noch verbleibenden Locken, die mir nun gerade noch über die Schultern fielen. Es war eine Tragödie. Meine Finger spielten mit den malträtierten Locken, und ich sah Keen finster an und stellte mir ihren Kopf auf einem Tablett vor, direkt neben dem von Casper.
    »Sieh mal, feine Dame. Es ist ganz einfach. Willst du leben oder sterben? Irgendjemand will, dass du ins Gras beißt, und du kommst mir nicht wie die Art Schlampe vor, die dem nachkommen würde. Also, lass uns voranmachen, bevor die Läden schließen und deinesgleichen die Straßen bevölkert, eh? Kurze Haare sind nicht so übel. Man bekommt nicht so leicht Läuse.«
    Ich schauderte. Gemeines Volk und ihr Schmutz waren bisher nie von Bedeutung gewesen. Bewegte sich da etwas in ihrem stumpfen, schlammbraunen Haar, oder war das nur meine Einbildung?
    Sie machte einen Schritt auf mich zu, die Schere in der Hand. Ich schlug ihre Hand weg, und schnell wie eine Schlange schlug sie mir mit ihrer freien Hand auf den Arm. Ich kippte schlaff auf die Seite. Noch nie zuvor im Leben war ich geschlagen worden. Sofort nutzte das kleine Biest meinen Schockzustand aus und schubste mich auf Caspers Stuhl. Ich versuchte aufzustehen, aber sie hielt mich fest, indem sie sich mit dem Fuß auf meine Röcke stellte.
    »Es macht mir nichts aus, dich abzustechen«, meinte sie sachlich, »aber du wirst viel hübscher aussehen, wenn du mich einfach mal machen lässt.«
    Also blieb ich letztendlich sitzen, wie betäubt, und voller Trauer um den Verlust meiner Jugend und Schönheit. Jedes einzelne Stück eisweißen Haares, das zu Boden schwebte, fühlte sich wie ein Jahr meines Lebens an. Und mein Kopf fühlte sich nicht leichter an, sondern so schwer, als würde er niedergedrückt von allem Leid der Welt. Ich war schwach. Ich war verwirrt. Und jetzt war ich auch noch hässlich.
    »Na also«, meinte Keen schließlich. »Und es ist ganz reizend geworden, wenn ich das so sagen darf.«
    Ich wollte schon eine Spiegelscherbe aufheben, um mir den Schaden anzusehen, aber ich wusste, dass ich zu sehr außer mir war. Ich würde sie erstechen, und dann würde Casper mir niemals helfen. Was geschehen war, war geschehen.
    »Zieh das an.«
    Keen drückte mir etwas Grünes, Übelriechendes in die Hand. Ich ließ es zu Boden fallen, wo Tommy Pain mit seinen Tatzen danach schlug.
    »Du musst diesen Hut aufsetzen, weißt du«, sagte Keen. »Dein Haar fällt sonst zu sehr auf. Du musst es bedecken, zumindest, bis wir etwas Farbe besorgen können.«
    Ich war am Ende meiner Kräfte angelangt, brauchte dringend Blut und etwas Zeit ohne Keen. Also schob ich mir den Hut auf den Kopf. Er war groß und schlotterig, und aus dem kratzigsten Material gefertigt, das ich je berührt hatte; die Sorte Hut, die ein alter Diener tragen würde, um den Regen abzuhalten.
    »Konntest du denn nichts Kleineres finden als dieses Monstrum?« Ich versuchte, das Ding so zu arrangieren, dass es nicht kratzte. »Hier würde ja noch Tommy Pain hineinpassen, und dann wäre noch immer Platz für –«
    Ich sah sie an, die Augen weit aufgerissen. Wieder zeigte sie dieses böse Grinsen, das ihr Gesicht in etwas Himmlisches verwandelte. Und in etwas, das ich zerstören wollte. Doch stattdessen warf ich nur den Hut nach ihr. Sie fing ihn mühelos auf und wirbelte ihn um einen Finger. Wut stieg in mir auf.
    »Ich hätte hier drin all mein Haar untergebracht, du Gör! Wir hätten es noch nicht abschneiden müssen, und schon gar nicht so viel davon. Es hätte nicht so schmerzhaft sein müssen.«
    »Nein. Wäre nicht nötig gewesen. Aber ich denke, so war es viel lustiger. Du nicht auch?«
    »Dein Kopf wird –«
    »Auf einem Tablett landen. Jau, der Maestro hat mir davon schon erzählt. Wieso solltest du überhaupt irgendjemandes Kopf auf einem Tablett haben wollen? Da würde er nur herumliegen und tropfen und alles schmutzig machen, und dann starren sie dich noch alle mit ihren toten Augen an. Ein Pfahl wäre so viel dramatischer. Oder ein Goldfischglas voll Whiskey.«
    »Scheint, als hättest du darüber ein wenig nachgedacht«, fauchte ich.
    »Du bist nicht die Einzige, die Feinde hat.«
    Während unseres Geplänkels stahlen sich meine Hände nach oben an die Überreste meiner Locken. Meine Krallen packten die wirren Enden, und mir stockte der Atem. Man konnte meine Ohren sehen. Das war ja die größte Katastrophe seit der letzten Blutdürre!
    Sie kicherte und tätschelte ihre Tasche. »Dafür bekommt man einen guten Preis, weißt

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