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Von der Liebe verschlungen

Von der Liebe verschlungen

Titel: Von der Liebe verschlungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delilah S. Dawson
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zeigen.
    »Der Maestro hat mir erzählt, dass du vier Jahre lang in einem Koffer verstaut warst, also klar, dass dein Kleid aussieht wie ein gebrauchtes Taschentuch. Aber ich wette, dieses Garn ist immer noch aus genug Gold, um mich ein ganzes Jahr lang zu ernähren. Ich sehe, wie du mich anstarrst, als wäre ich ein Nichts, das sich vor dir verbeugen und dir die Füße küssen sollte. Aber dazu wird es nie kommen.«
    Ich setzte mich wieder aufs Bett und sah es Keen finster an. Das Straßenkind holte eine Kugel aus poliertem Messing aus der Jackentasche, warf und rollte sie in behandschuhten Händen hin und her und lächelte dabei vor sich hin. Ich sah eine Weile lang zu, registrierte die Markierungen und Beulen in dem Metall und fragte mich, was das wohl für ein Ding war. Ein Blick unter hochgezogenen Augenbrauen machte mir klar, dass ich gerade absichtlich gequält wurde, und ich seufzte resigniert. Sogar das bisschen Stehen hatte mich erschöpft.
    »Genug dieses lächerlichen Stillstandes. Wo ist dein Maestro?«
    »Alles für die Reise vorbereiten. Er hat mich gebeten, dich zum Kostümschneider zu bringen, für deine Verkleidung.«
    »Warum ist er nicht selbst gekommen?«
    »Habe ich doch gesagt. Er ist beschäftigt.«
    Ich strich mir über Kleid und Haare, als ob es irgendetwas gäbe, dass ich selbst tun könnte, um mich darauf vorzubereiten, mich auf der Straße sehen zu lassen. Was, wenn dort draußen Leute waren – also nicht niederes Volk wie Casper und Keen, sondern Leute. Richtige Leute, die eine Rolle spielten; Leute, die mich vielleicht kennen würden. Ich schauderte innerlich und neigte huldvoll den Kopf.
    »Nun, ich denke, ich bin bereit. Geh voran.«
    »Aber vorher muss ich noch etwas tun.« Keen zeigte mir ein breites Grinsen. Erst jetzt, als ich dieses strahlende Grinsen sah, wurde mir klar, dass sie ein Mädchen war, noch dazu ein junges und hübsches, das sich aus irgendeinem Grund unter kurzem Haar, unförmiger Kleidung und einem albernen Hut versteckte. In ihren Augen blitzte Bosheit auf.
    »Nun gut.« Ich verschränkte die Arme und nickte. »Dann tue es.«
    Sie griff in ihre Jacke, steckte die Kugel weg und holte eine schartige, rostige Schere hervor, von der Sorte, mit der unsere Gärtner Unkraut oder die Köpfe lästiger Bludlemminge abschnitten.
    »Als Erstes müssen wir deine Haare abschneiden.«
    Fauchend wich ich zurück und hielt meine langen, weißblonden Locken an meine Brust geklammert.
    »Nein«, flüsterte ich.
    »Abmachung ja oder nein, Prinzessin?« Sie ließ die Schere auf- und zuklappen. »In der Bar drüben haben sie immer einen Platz für Bludhuren, wenn du nicht willst.«
    Mein Haar war noch nie geschnitten worden. Nicht ein Mal in den ganzen siebenundzwanzig Jahren meines Lebens. Halt nein, einunddreißig. Ich hatte vier Jahre verloren und war nun auf dem besten Wege dazu, bei Hofe hinter vorgehaltener Hand als alte Jungfer bezeichnet zu werden – falls ich denn lange genug lebte, um von irgendeiner höhnischen Baroness dergleichen genannt zu werden. Doch Keen ließ mir kaum eine andere Wahl, und ich wusste selbst, dass mein Haar das deutlichste Merkmal war, an dem man mich erkennen würde.
    Das kleine Monster ließ es mich noch nicht einmal vorher kämmen. Sobald ich die paar Silbernadeln, die noch übrig waren, herausgezogen hatte, sauste sie hinter mich und wickelte sich die knielange Lockenpracht um einen ihrer schmutzigen Handschuhe. Ich kreischte und wehrte mich, doch sie zog nur mein Haar straff, und ich war noch immer geschwächt. Sofort machte sie sich meine Schwäche zunutze und hackte mit ihrer Schere in die Haarpracht. Tränen des Schmerzes und der Trauer brannten in meinen Augen. Das Ziehen tat weh, aber meine verletzte Eitelkeit schmerzte noch viel mehr.
    »Ha!« Sie hielt etwa einen Meter Haar in die Höhe – mein Stolz und meine Freude und ihre Jagdtrophäe. Es war glänzend, schön und hatte die Farbe von Buttermilch, wenn auch leicht angestaubter, blutgesträhnter Buttermilch. Die Farbe war ungewöhnlich in Frostland, und sie war mein Markenzeichen gewesen. Ich fauchte und griff danach, doch sie tänzelte rückwärts, wickelte es sich um die Hände und stopfte es ordentlich in einen Beutel. Auch die Nadeln wanderten in eine Tasche.
    »Das gehört mir«, sagte ich drohend.
    »Das wird die Bezahlung für deine Verkleidung. Und die bekommen wir nicht, wenn wir nicht noch mehr abschneiden.«
    »Nein.« Ich befühlte die so grausam abgeschnittenen Enden

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