Von der Liebe verschlungen
Triumphgelächter machte die Erleichterung umgehend zunichte. Ihre Halsschlagader pulsierte, als sie den Kopf in den Nacken warf, und ein Aufwallen von Begierde und Zorn ließ mich erbeben. Nichts schmeckt so gut wie das Blud des Feindes. Mit festgehaltenen Handgelenken war ich nicht in der Lage, Rache zu üben. Aber ich war so nahe dran.
Ich suchte mit den Augen Casper auf der Lichtung und fand ihn am Cembalo sitzend. Für den Bruchteil einer Sekunde lächelte ich in dem Wissen, dass er sich an dem Ort befand, an den er gehörte, doch dann holte mich die Realität wieder ein. Einer der Musiker kritzelte etwas auf ein Stück Papier, und Casper machte pantomimische Bewegungen, als würde er Noten auf dem Cembalo spielen. Sollte er auch nur einen Ton verfehlen oder im falschen Takt spielen, würde das den Tanz vermasseln, und die Gesellschaft hier würde ihn in Stücke reißen, als Opfer an Aztarte. Es war ein gerissener Schachzug von Ravenna, so als hätte sie gewusst, dass die Sorge um Casper das Einzige war, das mich aus dem Gleichgewicht bringen konnte.
»Ahnastasia«, sagte Ravenna, und die Klaue, mit der sie mir über die Wange fuhr, fühlte sich an, als würde sie eine Spur aus Feuer hinterlassen. »Du hast mir eine nette Verfolgungsjagd geliefert, Prinzessin.«
Ich zuckte mit den Schultern. Sie fletschte lautlos die Zähne und kam näher, so nahe, dass ich einen unnatürlichen Duft wahrnehmen konnte, der von ihrer Haut ausging; einen Duft, den ich nicht recht bestimmen konnte.
Jenseits der Lichtung erklang ein Trillern vom Cembalo. Vier Noten. Der Aufruf an die Tänzer.
»Darf ich um diesen Tanz bitten?«, fragte Ravenna mit einer spöttischen Verbeugung.
Und ich musste akzeptieren, denn so dringend ich sie auch töten musste, so dringend brauchte mein Land ein gut getanztes Ritual und einen perfekt fallenden Zuckerschnee. Und sie wusste es, verdammt sollte sie sein. Ich neigte den Kopf eine Winzigkeit, und sie bot mir den Arm, wie ein Mann es tun würde. Die Dandys gaben mich frei, und ich ließ mich von ihr zu meinem Platz an der Spitze der Reihe führen. Sie stand mir gegenüber, und so warteten wir unter hunderten anderen angespannt und aufgeregt darauf, dass die ersten Töne erklangen.
Diese Hymne war immer wieder wunderschön. Ich konnte mir so leicht Caspers flinke Finger auf den Elfenbeintasten vorstellen, wie sie darüberstrichen, mit einer Vertrautheit und Stärke, die ich nur zu gut kannte. Als die ersten Töne erklangen, drehte ich mich zur Seite, um mich vor dem Herrn neben mir zu verbeugen und sah mich dem Dandy im Purpurjackett gegenüber, der dort mit spöttischem Lächeln wartete. Ich war zwischen den dreien gefangen, doch ich hielt den Kopf hoch erhoben und tanzte mit der Anmut und Grazie, die von einer Kronprinzessin erwartet wurde. Jedesmal, wenn ich im Laufe des Tanzes wieder an Ravenna vorbeikam, musste ich mich davon abhalten, ihrer verdammt respektlosen Macht mit einem Fauchen zu begegnen. Ihr Griff war stärker als der jedes Mannes, der mich bisher bei einem Tanz geführt hatte. Sie forderte mich förmlich heraus, mein Land zugrunde zu richten, indem sie bei jeder Gelegenheit die Füße vorstreckte, um mich zum Stolpern zu bringen. Dass ich es fertigbrachte, anmutig weiterzutanzen, war an sich schon eine hübsche Rache. Casper seinerseits spielte die Hymne perfekt, als habe er sie selbst komponiert. Ich war halb schockiert, halb befriedigt über seinen Erfolg.
»Wo bist du gewesen, Prinzessin?«, fragte Ravenna und sah über meine Schulter.
»Almerika. Auf Büffeljagd.«
»Lügnerin.«
Ich schnaubte.
»Ist Olgha noch am Leben?«
»Sie wird bald hier sein, mit einer Armee von Daimonen, um dich zu stürzen.«
»Ich werde langsam deiner Lügen müde, kleine Möchtegern-Zarina.«
»Ich werde langsam deiner Wichtigtuerei müde, Hexe.«
»Ich wollte das eigentlich nicht tun.« Sie seufzte und nahm meinen Arm. Als wir begannen, die nächste Figur zu tanzen, blies sie mir eine Art Puder ins Gesicht, der mich blinzeln ließ und beinahe ins Stolpern brachte. Während ich noch immer den Kopf schüttelte, flüsterte sie einige fremdartig melodisch klingende Worte. Mir wurde schwindlig, aber ich tanzte fehlerlos weiter.
»Sag mir, Ahnastasia. Ist Olgha noch am Leben?«
»Nein.« Das Wort war schon heraus, noch ehe ich zu denken vermochte.
»Und wo bist du gewesen?«
Ich biss die Zähne zusammen, doch die Worte drängten sich über meine Lippen: »Ausgeblutet in einem
Weitere Kostenlose Bücher