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Von der Liebe verschlungen

Von der Liebe verschlungen

Titel: Von der Liebe verschlungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delilah S. Dawson
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Augenblick würde ich mich damit zufriedengeben, den Ablauf der Reise dem Schicksal zu überlassen. Sollte das Schlimmste eintreten, gab es doch sicher irgendeinen garstigen Schiffsjungen, der entbehrlich war. Aber ich nahm die Phiole von Casper entgegen und trank herzhaft, um meine Scharade zu bekräftigen.
    »Viel besser.« Mit einem zahmen Lächeln hielt ich ihm die Phiole hin. »Das Abendessen sollte ein Kinderspiel sein.«
    Zu diesem Zeitpunkt war mir sein Gesichtsausdruck ein völliges Rätsel: eine wenig schmeichelhafte Mischung aus Belustigung, Entsetzen und drohender Katastrophe.
    Nach dem Abendessen begriff ich es.

12.
    I ch hätte mich dem Anlass entsprechend gekleidet, doch ich hatte nur ein Kleid. Ein wenig verärgert begnügte ich mich damit, das Wenige, das von meinem Haar noch übrig war, hochzustecken und mich nach Pinkie-Art zu schminken. Um ehrlich zu sein, genoss ich diesen Teil der Maskerade. Ich hatte mich nie für etwas anderes als die eigensinnige Göre ausgegeben, die ich war, und es war erfrischend, einmal frei von sämtlichen Ansprüchen an eine Prinzessin zu sein. In einem Anfall von Rebellion knöpfte ich meine Bluse auf und rollte die Ärmel hoch, dankbar für etwas Luft auf der Haut.
    Während ich mich liebevoll zurechtmachte, blieb Casper im Zimmer und las ein Buch, das er aus dem Koffer geholt hatte. Ich war neugierig – blieb er hier, weil er mir nicht traute, oder war er ebenso besorgt über die Teilnahme an dem Abendessen wie ich? Immerhin hatte ich mich noch nie zuvor in der Gesellschaft von Huren und Wüstlingen befunden. Nichtsdestotrotz war es ein eigenartig tröstendes Gefühl, ihn in der Nähe zu haben; sein regelmäßiges Atmen half mir, mich zu entspannen.
    Es war ein kurzer Weg über den Flur zu einer geschlossenen Tür mit einem Bronzeschild, auf dem stand, dass es sich um das Quartier des Kapitäns handelte. Ich hielt meine Augen geschlossen und meine Hände umklammerten seinen Arm. Trotz allem, was ich über meine Selbstbeherrschung gesagt hatte, war der Geruch menschlicher Körper beinahe überwältigend, nicht zuletzt der von Casper.
    Er trug dasselbe offene Hemd, das er im Seven Scars getragen hatte, und mir wurde klar, dass ich mich daran gewöhnen musste, die blauen Adern an seinem Hals, seinen Handgelenken und Händen pulsieren zu sehen. Ich riskierte einen Blick auf den Arm, an dem ich mich festhielt: nichts als loses Leinen, das meine Zähne von seiner goldenen Haut trennte. Ich leckte mir über die Lippen und holte tief Luft, um meine Willenskraft zu testen, aber alles war unter Kontrolle. Ich wollte ihm nicht länger die Kehle herausreißen. Dem Himmel sei Dank, dass ich mir den Burschen im Bus geschnappt hatte.
    Casper hielt mich vor der Tür auf und flüsterte mir ins Ohr. Ich erstarrte.
    »Hör zu.«
    Sein Atem kitzelte an der entblößten Neigung meines Halses, und ein leiser Schauer durchlief mich. Ich hielt sehr still und wartete darauf, es wieder zu fühlen und noch einmal zu erbeben. Den ersten Teil dessen, was er sagte, verpasste ich und bekam nur noch den Schluss mit.
    »Wenn du fürchtest, da drin die Kontrolle zu verlieren, dann tue einfach so, als müsstest du dich übergeben, und renn hinaus. Ich werde dich dann entschuldigen, Nichte.«
    »Danke sehr, Onkel Casper«, hauchte ich ihm zuckersüß ins Ohr.
    Er schluckte schwer und stolperte auf die Tür zu.
    Ich lächelte. Dieses Spiel konnte ich ebenso gut wie er.
    Die Tür schwang auf und enthüllte eine sich windende Masse an nackter Haut. Die Huren und ihre Kunden, die sich hier sicher vor der Gefahr wähnten, die meinesgleichen darstellte, waren so gekleidet, dass sie so viel Haut zeigten wie möglich. Ein Mädchen trug nur ein enges rotes Korsett, Damenpumphosen und Stiefel, und die leuchtend scharlachrote Feder ihres winzigen Hütchens wedelte über den Tisch, als sie lachte. Die Dame neben ihr trug eine weiß gepuderte Hochfrisur aus dem letzten Jahrhundert und ein prächtiges Brokatkleid, das zu einer Königin gepasst hätte – bis auf die Tatsache, dass die vordere Rockhälfte fehlte und ihre Beine damit von den Knöcheln bis zu den Oberschenkeln entblößt waren, als sie aufstand und nach dem Wein griff. Wieder eine andere posierte in einer seltsamen Kluft, die aus nichts als glattem schwarzem Leder und glänzenden Silberringen bestand. Ihr kurzes Haar war nach hinten pomadisiert wie bei einem Mann, und sie hatte doch tatsächlich ein kleines Stück Metall in jedem Ohr. Ich leckte mir

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