Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Von der Liebe verschlungen

Von der Liebe verschlungen

Titel: Von der Liebe verschlungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delilah S. Dawson
Vom Netzwerk:
unwillkürlich über die Lippen.
    Diese drei lenkten meinen Blick auf sich, doch der allgemeine Eindruck war der von Verführung, Glanz, Kostümen, Verzückung und jeder Menge Laster. Die Männer lungerten herum, lachten und gafften, und das in einem Zustand der Entkleidung, der, gemessen an meiner konservativen Erziehung, unerhört war. Gelöste Krawatten, aufgeknöpfte Hemden, keine Hüte, und einer der Herren schien eine Art karierten Rock zu tragen mit einer pelzartigen Börse daran. Ich errötete und wandte den Blick ab.
    Caspers Griff um meinen Arm verstärkte sich. Wir standen volle drei Sekunden in der Tür, und niemand hatte uns begrüßt. Ich war mir sicher, dass meine Gesichtsfarbe einen unkleidsamen Malventon angenommen hatte. Casper seufzte und führte mich zu einem Stuhl in der hinteren Ecke, wo er sich selbst zwischen mir und dem Kerl in dem Rock platzierte. Ich sah mich nach Keen um, doch sie war nirgends zu finden.
    » Bonjour, Liebes«, trällerte das Mädchen, das wie eine Königin angezogen war und auf der anderen Seite meiner Nische saß. Anmutig nahm sie ihre langen Beine vom Schoß eines langweilig aussehenden alten Mannes. »Du bist kein neues Mädchen, oder?«
    »Das ist meine Nichte, Anne«, antwortete Casper. »Sie reist als Passagierin mit, um als Kindermädchen in Frostland zu arbeiten. Und du bist Jeanne.«
    »Oui« , antwortete sie entzückt und hielt ihm ihre entblößte, mit Juwelen geschmückte Hand zum Kuss hin. »Ich sehe, mein Ruf eilt mir voraus, selbst im frommen Sangland.«
    »Ich habe einmal für dich gespielt, in Paris.« Casper ließ ihre Hand los und lächelte abwesend. »Wir haben zusammen ein frankonisches Wiegenlied zum Besten gegeben.«
    »Ah, ja. Jetzt erinnere ich mich. Und andere Dinge haben wir auch gemacht.« Jeanne ließ ein Lächeln mit Grübchen hinter ihrem Fächer sehen. »Mit meinem Schal und einer Pferdepeitsche, non? « Und sie lachte, ein Laut, so sorglos wie gekünstelt, wie goldgeränderte Blätter, die in der Brise tanzen.
    Casper räusperte sich und grinste mich schulterzuckend an. Ich antwortete ihm mit einem vernichtenden Blick. Er begegnete meinem Starren ein paar Sekunden länger als nötig, bis daraus etwas völlig anderes wurde. Ich räusperte mich und schaute auf dem Tisch nach einer Serviette. Keine da.
    »Ich wusste gar nicht, dass wir ein neues Mädchen bekommen.« Eine ältere Frau beugte sich über den Tisch. Sie war elegant gekleidet und auf eine Weise, die, wie ich annehmen musste, sehr en vogue war, auch wenn ihr Kleid oberhalb des Knies gesäumt war.
    »Ich bin nur als Passagierin hier«, antwortete ich diesmal selbst. »Aber Ihr Hut ist eine Augenweide. Woher haben Sie ihn?«
    Sie lächelte – nicht das vorgetäuschte Lächeln einer Prostituierten, sondern das unverfälschte Lächeln einer Frau, deren Begabung erkannt worden ist. »Gefällt er Ihnen? Ich habe ihn selbst hergestellt, meine Liebe. Ich war Hutmacherin, bevor ich mich in die Lüfte schwang.«
    Ihre Stimme klang kultiviert und nach gehobener Londoner Gesellschaft, und ihre Umgangsformen sagten mir, dass sie ordentlich erzogen war. Ich fragte mich, wie sie wohl auf der Maybuck gelandet war. Ich mochte sie sofort, und das nicht nur wegen ihres Hutes.
    »Wenn sie neu ist, dann will ich den ersten Stich«, sagte der Mann im Rock mit schwerem schottischen Akzent und lehnte sich hinter Casper, um mir mit der Hand über den Arm zu fahren. »Sie sieht saftig wie eine Pflaume aus.«
    Casper lehnte sich zurück und quetschte dadurch den Arm des Mannes ein. »Sie ist Passagierin. Tabu.«
    Mit einem Ruck zog der Mann seinen Arm zurück und rieb über den Samtärmel seines feinen Mantels. »Schau, Jungchen. Kein Grund, frech zu werden. Ich habe eine Börse voller Münzen. Alles hat einen Preis.«
    »Sie ist meine Nichte, Milord, auf dem Weg nach Frostland als Kindermädchen«, antwortete Casper mit kaum verhohlenem Zorn. »Und ich bin mit der Verteidigung ihrer Unschuld betraut. Ein Gentleman begreift doch sicher einen Schwur derartigen Ausmaßes?«
    »Hübsch ist sie.« Der Mann ignorierte Casper und beugte sich über den Tisch. Er war auf ungehobelte Weise gutaussehend und wusste das auch; wahrscheinlich ein guter Kämpfer, mit breiten Schultern und großen Händen. Noch ein Raubtier. Ich zwinkerte ihm zu und täuschte naive Neugier vor. Seine Lippen hoben sich zu einem wissenden Lächeln.
    »Frostland ist voller Monster, Kleine. Du gehst dorthin, um auf die Ausgeburt irgendeines

Weitere Kostenlose Bücher