Von der Nacht verzaubert
tanzen. Bitte, Georgia.«
Georgias schlechte Laune war wie weggeblasen, sie wippte fröhlich auf meinem Bett auf und ab. »Na schön, kein Klub, keine Disco. Wie wär’s, wenn wir irgendwo essen gehen?«
»Gute Idee. Ich frag ihn, ob er Zeit hat.« Oder besser gesagt, ob er lebendig ist.
»Ruf ihn sofort an.«
»Wie wär’s mit ein bisschen Privatsphäre?«
»Okay«, sagte Georgia und gab mir einen Kuss auf die Stirn. Auf ihrem Weg zur Tür drehte sie sich noch einmal zu mir um. »Danke, Schwesterherz. Im Ernst. Es freut mich, dass ich dich wiederhabe.«
Die Straßenlaternen gingen gerade an, als wir auf die U-Bahnstation zu liefen. Vincent und Ambrose, die lässig an einen Zeitungskiosk gelehnt miteinander gequatscht hatten, richteten sich auf, als sie uns kommen sahen. Mein Herz schmolz nur so dahin, als Vincent auf mich zutrat und mir die Wangen küsste. Dann schenkte er Georgia sein verwegenstes Lächeln. »Und du bist sicher Kates Vormund ... Ich meinte natürlich Schwester. Georgia, stimmt’s?«
Georgia lachte und sagte in bester Flirtmanier: »Na, sieh mal einer an! Katie weiß offensichtlich ziemlich genau, wonach sie suchen muss!« Sie sah so aus, als wollte sie sich am liebsten nicht mehr vom Fleck rühren und ihn für den Rest des Abends einfach weiter anstarren.
»Georgia!«, ermahnte ich sie und schüttelte peinlich berührt den Kopf.
Ohne mich auch nur zu beachten, warf Georgia einen Blick über Vincents Schulter zu Ambrose, den sie kokett anzwinkerte. »Keine Sorge, Katie-Bean. Wie ich sehe, hat Vincent ja vorgesorgt und jemanden für mich mitgebracht. Und wer bist du ...?«
»Ambrose. Sehr erfreut, Kates reizende Schwester kennenzulernen«, sagte er auf Französisch mit einem verstohlenen Blick in meine Richtung. Ich hatte schon verstanden. Wenn Georgia wüsste, dass er Amerikaner war, würde sie Fragen stellen. Vielleicht zu viele Fragen, obwohl er sicher viel Übung darin hatte, Geschichten zu erfinden. »Wohin entführen uns denn die Damen?«
»In ein kleines, schönes Restaurant im vierzehnten Arrondissement«, sagte sie.
Vincent und Ambrose warfen einander einen flüchtigen Blick zu, dann klingelte Georgias Telefon. »Entschuldigt mich kurz«, sagte sie und wandte sich ab, um den Anruf entgegenzunehmen.
»Das ist nicht gerade unsere Lieblingsgegend«, sagte Ambrose leise.
»Warum?«, fragte ich.
»Ist eher ihr Territorium. Du weißt schon, die Typen, von denen ich dir letztens erzählt habe. Das andere Team«, flüsterte Vincent und blickte verstohlen zu Georgia, um sicherzugehen, dass sie auch nichts gehört hatte.
»Aber was sollen sie uns schon tun? Im Freien, in einem belebten Viertel, während wir mit zwei Menschen unterwegs sind?«, fragte Ambrose. Er starrte kurz ins Leere, nickte dann und wandte sich an mich. »Jules lässt dir was ausrichten: ›Hallo, meine Hübsche.‹«
»He, Vorsicht!«, sagte Vincent.
»Er fragt: ›Was willst du denn dagegen unternehmen?‹«, sagte Ambrose und stupste Vincent an.
»Jules ist volant ? Hier? Jetzt?«, fragte ich erstaunt.
»Ja«, antwortete Vincent. »Wir sind zwar heute nicht in offizieller Mission unterwegs, aber er wollte uns unbedingt begleiten. Damit er nichts verpasst.«
»Kann ich mit ihm sprechen?«, fragte ich.
»Wenn wir volant sind, können nur andere Revenants uns verstehen, Menschen nicht. Jules kann zwar hören, was du sagst, aber nur durch Ambrose oder mich darauf reagieren«, erklärte Vincent. »Aber du solltest gut aufpassen.« Er gestikulierte in Georgias Richtung, die gerade ihr Telefonat beendete.
»Wie schade«, sagte Georgia. »Ich hatte ein paar Freunde gefragt, ob sie mitkommen, aber sie schaffen es nicht.«
»Wollen wir?«, fragte Ambrose und hielt Georgia sehr förmlich seinen Arm hin. Sie lachte verzückt, hakte sich unter und zusammen liefen sie die Treppen hinunter.
Als sie außer Hörweite waren, sagte ich: »Hallo, Jules!«
Vincent lachte. »Sieht ganz so aus, als hätte da jemand einen Narren an dir gefressen.«
»Was meinst du?«, fragte ich.
»Jules sagt, er findet es jammerschade, dass du dich in so jemand Langweiliges wie mich verlieben musstest. Er würde gern meinen Platz einnehmen und dir zeigen, wie gut ein älterer Herr es versteht, eine Dame zu verwöhnen.« Jetzt sprach er in die Luft. »Ja, von wegen, mein Freund. Du bist vielleicht siebenundzwanzig Jahre vor mir zur Welt gekommen, aber im Moment sind wir beide neunzehn. Also spuck hier mal keine so großen Töne.«
Ich
Weitere Kostenlose Bücher