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Von der Wüste und vom Meer: Zwei Grenzgänger, eine Sehnsucht (German Edition)

Von der Wüste und vom Meer: Zwei Grenzgänger, eine Sehnsucht (German Edition)

Titel: Von der Wüste und vom Meer: Zwei Grenzgänger, eine Sehnsucht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Achill Moser , Wilfried Erdmann
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Wunde, mehr konnte ich nicht tun. Dann verlangten die vermummten Gestalten mein Geld, das ich größtenteils in den Einlegesohlen meiner Stiefel versteckt hatte. Gleichwohl trug ich noch einen Brustbeutel mit algerischen Dinaren im Wert von 400 Euro, den ich ihnen gab. Das war der Preis, den ich zahlte, um gehen zu können.
    Die Erleichterung machte mir Beine.
    Der 67. Tag. Wie urwelthafte Geistersilhouetten ragten zerklüftete Bergformationen anmutig und erhaben in den Himmel. Jeder Felsblock oder Schlackenhügel war vom Wind der Jahrtausende blankgefegt. Dazwischen Akazien und Tamarisken, Dornengestrüpp, dürftige Myrthen- und Lavendelbüsche – das Hoggar-Gebirge, auch Ahaggar genannt.
    Bei den Tuareg heißt dieses 300 000 Quadratkilometer große Felsenreich »Atakor«, was so viel wie »Land unter dem Finger Gottes« bedeutet. Ein Gigantismus aus erstarrter Lava, Basalt und Granit. Eine phantasmagorische Landschaft, die mir im wechselnden Licht von Sonne und Schatten in den unterschiedlichsten Farben erschien: braun, beige, grau, schwarz, gelb, metallblau oder karminrot.
    Gleichwohl war es in diesem Felsenreich sehr mühsam, inmitten von Steinscherben, Geröll und Blockmeeren zu laufen. Deutlich machten sich nun auch die Anstrengungen des wochenlangen Unterwegsseins in meinen Beinen bemerkbar. Eine bleierne Schwere hockte in meinem Körper, und an manchen Tagen war es nicht mehr so leicht, die Beine zum Funktionieren zu zwingen. Gern ließ ich mich von den aufregenden Landschaftsszenerien zu längeren Pausen verleiten. Dann konnte sich mein staunender Blick kaum von den bizarren Bergflanken oder skurrilen Felsentürmen losreißen, die bereits vor Millionen von Jahren ihr Antlitz erhalten hatten, als Vulkanausbrüche dieses Gebiet erschütterten und ein einzigartiges Mondland schufen.
    Schließlich stieg ich im Zentrum des Hoggar-Gebirges auf schmalem Zickzackpfad Höhenmeter um Höhenmeter den Assekrem-Berg hinauf. In diesem hochgelegenen Wüstengebirge Algeriens herrschen im Winter Temperaturen unter der Frostgrenze. Auf über 2000 Meter wurden schon Tiefsttemperaturen um minus 13 Grad gemessen. Kein Wunder, dass mir auf dem Gipfelplateau, in 2726 Meter Höhe, eisiger Wind ins Gesicht blies. Ich spürte einen Tränenschleier, nahm den Rucksack von den Schultern, setzte mich auf ein paar übereinandergetürmte Steinbrocken und genoss das Glücksgefühl des Angekommenseins. Hier hinauf wollte ich unbedingt kommen, zum Gipfel des Assekrem. Dies war der Ort meiner Sehnsucht, ein magischer Punkt in der Mitte der Hoggar-Berge.
    Noch nicht der Endpunkt meiner Wanderung, doch irgendwie das gefühlte Ziel. Denn hier war es, wo Charles de Foucauld 1911 eine kleine Einsiedlerkirche aus Trockenziegeln und naturbelassenen Steinen errichtete und ein halbes Jahr in völliger Abgeschiedenheit lebte.
    Nur zwei oder drei Tagesmärsche lagen noch vor mir, um die Oase Tamanrasset, kurz »Tam« genannt, zu erreichen. Es ist der Hauptort der südsaharischen Hoggarregion und zugleich der Endpunkt meiner Wüstenwanderung.
    Der Ausblick vom Assekrem-Gipfel war ein absoluter Höhepunkt meiner Reise. Schon Charles de Foucauld hatte beeindruckt geschrieben: Die Aussicht ist wunderbar, man überblickt das Massiv des Ahaggar, das nach Norden und Süden zu den unendlichen Wüstenebenen abfällt. Im Vordergrund hat man den eigenartigsten Wirrwarr von Bergspitzen, Gebirgsnadeln und phantastisch gestalteten Felsen vor sich.
    Und so ist es noch heute. Hier schien es alle Gesteinsformationen zu geben, die sich die Phantasie ausmalen konnte: pittoreske Kegel, windgeschliffene Pyramiden, groteske Kamelhöcker, märchenhafte Kathedralen und erodierte Wehrburgen. Zudem zahllose Bergriesen, hintereinandergestaffelt, die wie einsame Wächter wirkten. Und dann waren da noch die »Zähne«: erstarrte Basaltpfropfen längst abgetragener Vulkane, die wie Orgelpfeifen oder auf den Kopf gestellte Stalagmiten wirkten und die schon Charles de Foucauld von seiner einsamen Gipfelhütte aus betrachtet hatte. Phantastische Vulkanpfeiler, die vielfach isoliert und senkrecht aus ihrer Umgebung aufragten und zu den charakteristischen Merkmalen des Hoggar-Gebirges zählen. Einst gaben die Tuareg diesen Vulkantürmen geheimnisvolle Namen, die zum Teil ihrer Sagenwelt entstammen: so bei den Doppelbergen Tezouiadje, dem Tadjerdjist, dem Tidjemayene, dem Segueika, dem Ilamane, dem Tahat. Auch gibt es eine bizarre Felsnadel, die nach dem Tod des französischen Paters

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