Von der Wüste und vom Meer: Zwei Grenzgänger, eine Sehnsucht (German Edition)
meiner Frau: »Komm, wir fliegen nach Neuseeland, kaufen dort ein Boot und segeln durch die Südsee. Lass uns Freiheit und Inseln genießen. Und das Meer.« Mein Einfall schien Astrid zu gefallen. Zwar nicht gleich, aber einen Abend später sagte sie: »Das machen wir.«
In Auckland fanden wir tatsächlich gleich ein Boot, das unseren Vorstellungen in etwa entsprach. Es war eine zehn Meter lange und knapp drei Meter breite Slup, vier Jahre alt, aus glasfaserverstärktem Kunststoff gebaut. Ein Mittelkieler mit schönen Linien, der einen seetüchtigen Eindruck machte. Auch der Preis passte in unser Budget.
kathena faa tauften wir das neue Boot. Faa heißt vier in der Maori-Sprache. Denn es war auch unser viertes Boot und gleichzeitig meine vierte Weltreise. Aber dieses Mal war ich nicht allein. Meine Frau Astrid und unser dreijähriger Sohn Kym waren mit von der Partie. Geplant war ein mindestens dreijähriger Südsee-Inseltörn.
Fulanga – eine Insel so schön, dass wir die Welt vergessen.
Im April 1976 war es so weit. Mit viel Proviant und vor allem Zubehör für die nächsten Jahre nahmen wir unsere Südseeroute von Neuseeland in Angriff. Mit kathena faa – der Name verhieß Abenteuer, Weite, Meer und Palmen – wollten wir die Hinterpfade der Inselwelt des Pazifiks erforschen. Auf einer Route unterwegs sein, die von anderen Fahrtenseglern gemieden wurde, wegen widriger Winde, schlechter Ankerplätze, drückender Hitze. Und weitab vom üblichen Weltumseglerkurs. In einer großen Fremde wollten wir unsere eigenen Erlebnisse schaffen.
Etwa dieses: Ich stand am Heck und zerriss meine Scheckformulare. Der Wind erfasste die Schnipsel, und das Kielwasser schluckte meine letzte Bindung an wohlversorgte Jahre.
Das Boot segelte großartig. Eine Windfahnensteuerung hielt zuverlässig Kurs, sodass wir selten an der Pinne sitzen mussten. Auch bei Seegang und mehr Wind lief alles gut, und wir waren überglücklich, als wir nach zwölf Seetagen die Fidschi-Inseln erreichten.
Am besten gefiel uns das Verhalten unseres Kindes. Kym fand das »raffe« (raue) Segeln Klasse und spielte währenddessen mit uns »Hoppe, hoppe Reiter.« Unter Deck erfand er, die Situation nutzend, immer neue Spiele, so etwa Verstecken in den verstreuten Segeln: »Wo bin ich?« Dabei wurde er jedoch rasch müde, und – welch ein Glück – zwölf Stunden Schlaf am Stück waren normal.
Fidschi-Inseln. Ja, ich hatte mich wirklich auf diese Südseereise gefreut. Jetzt konnte die große Freiheit beginnen. Wir kamen uns vor wie Zugvögel, die in schlechten Zeiten davonfliegen und in die fernsten Gegenden der Welt flüchten. Etwa nach Fulanga. An die Insel werde ich mich noch lange erinnern – mit einem kribbeligen Gefühl. Wir steuerten die Lagune durch einen 40-Meter-Pass im Riff an, dazu mit fünf Knoten Gegenstrom und auflandigem Wind. Das Wasser brodelte beängstigend, kathena faa bewegte sich darin wie ein Ei in kochendem Wasser. Die Wellen schwappten vorn und achtern an Deck. Der Druck aufs Ruder war so stark, dass ich fürchtete, die Pinne könnte brechen.
Wer das Risiko scheut, erlebt weniger! Fulanga war das Risiko wert. Wir waren hingerissen, als wir in der Lagune waren. Unzählige Eilande, teilweise pilzförmig und mit nur einer Palme bestückt. Es war eine seltsame Szenerie, die uns geboten wurde. Segelnde Kanus, Speerfischer auf dem Riff, ein kleines Dorf mit Blätterhütten. Wir segelten an Buchten vorbei, die gegen alle Winde geschützt waren und einen herrlich einsamen Sandstrand im Scheitel mit einem Palmenhain hatten. Einfach paradiesisch. Wir ankerten, bestiegen sogleich einen hohen Berg und betrachteten die Lagunenlandschaft aus der Vogelperspektive. Wie hatten wir nur geschafft, hier reinzukommen? Hatten wir den Felsen in der Passage beiseitegerückt? Die Fahrrinne war verdammt eng.
Vor allem auf solche Orte hatte ich mich gefreut. Wir sprachen nur noch von den »Inseln«. Losgelöst von allen Pflichten des Landlebens, erlebten wir Meer und Inseln in einer Weise wie nie zuvor und danach. Das Blau des Himmels, die Farben des Hibiskus, der Duft der Frangipani, das klare Wasser – alles stimulierte uns. Auch Astrid ließ sich vom Aufwind unserer guten Laune beflügeln, vergaß für eine ganze Weile die stete Last, die unser amphibisches Leben ihr aufbürdete, die Seekrankheit.
Nachdem wir die Fidschis rauf und quer abgesegelt hatten, ging es nach Norden zu den Tuvalu-Inseln. Ein ganzer Archipel voller Atolle mit nur 7000
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